Asiaten! Ein Liebesroman aus zwei Welten. Artur Hermann Landsberger

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Asiaten! Ein Liebesroman aus zwei Welten - Artur Hermann Landsberger


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sagte die Alte. „Aber erst muß sie meinen Freunden noch etwas von ihrer Kunst zeigen.“

      Hana hörte es beim Hinausgehen.

      Die Friseurin-Gehilfin verbeugte sich tief, als Hana ins Zimmer trat. Hana begrüßte sie freundlich.

      „So einer hübschen Dame habe ich schon lange nicht mehr den Kopf gewaschen.“

      Hana dankte lächelnd und staunte über die Fertigkeit, mit der die Gehilfin das Haar wusch, parfümierte und mit einem halben Dutzend Kämme glättete und strich. Sie war eben fertig, als die Nesan erschien und die Ankunft der Friseurin meldete. Im Spiegel sah Hana eine nicht mehr junge Frau mit ein paar Kästen, die sich tief verbeugte. Hana forderte sie auf, näher zu kommen. Die Gehilfin trat beiseite, und die Friseurin begann nach nochmaliger Verbeugung mit der Frisur.

      „Welche Frisur darf ich Ihnen machen?“ fragte sie.

      „Ich kenne für Mädchen nur diese eine“, erwiderte Hana, worauf die Friseurin lächelnd erwiderte:

      „Oh, dann stehen Sie noch im Anfang des Lebens, es gibt vierzehn.“

      In diesem Augenblick schob eine Nesan die Tür zur Seite, und Matsu Shuto und Omasan traten ins Zimmer.

      Nach den üblichen Verbeugungen besprach sich die Friseurin mit den beiden. Sie packte wohl ein Dutzend verschiedener Zierkämme, unzählige Krepp- und Seidenbändchen, farbige Papierflechten, Schleifen aus Goldfäden, zierliche Stahlagraffen und körbchenartige Unterlagen aus. Eine große Auseinandersetzung erfolgte, an der nur die, die es anging, Hana, sich nicht beteiligte.

      Die Friseurin fragte, ob Hanas Haar denn auch von Jugend an die richtige Pflege gehabt habe — sonst könne sie natürlich nicht dafür garantieren, daß es die von Omasan gewünschte Frisur länger als ein paar Monate ohne Haarausfall aushalte.

      Omasan, die auf diese Frage schwer eine Antwort geben konnte und erst jetzt erkannte, daß sie ein Wesentliches in Hanas Entwicklung vernachlässigt habe, log und sagte:

      „Selbstverständlich. Man hat ihr dreißig Tage nach der Geburt das Haar glattrasiert und nur am Scheitel und an den Schläfen vom elften Tage des elften Monats an einen kleinen Kranz wachsen lassen.“

      „Ja, und dann? Und dann?“ fragte die Friseurin eifrig, als handle es sich um eine Frage, die über Hanas ganze Zukunft entschied. „Wann hat man sie lang wachsen lassen?“

      „Selbstredend erst vom sechsten Lebensjahre an.“

      „Das ist ein Jahr zu spät!“ schalt die Friseurin.

      „Das Kind war schwach.“

      „Um so achtsamer mußte man für den Haarwuchs sorgen!“

      „Es ist mit den teuersten Pomaden und Oelen behandelt worden.“

      „Und wann hat das ehrenwerte Fräulein zum ersten Male eine Frisur getragen?“

      „Eben von ihrem sechsten Jahre an.“

      „Sehen Sie hier!“ — und sie wies auf einen kahlen Fleck auf der obersten Stelle des Kopfes — „die Tonsur als Zeichen der Jungfräulichkeit soll rund und nur einen Zoll groß sein.“

      „Ja, ist sie denn das nicht?“ fragte Omasan.

      „Das sind mindestens vier Fünftel Zoll — und rund ist sie auch nicht.“

      „Aber die wird doch verdeckt.“

      „Wenn auch. Das Haar ist die Krone der Frau. Es sollte dieselbe Pflege haben wie Körper und Geist. Eine kunstvolle Frisur macht ein breites Gesicht schmal, eine häßliche Frau hübsch, eine alte jung. An eine noch so gut gewachsene Frau mit dem schönsten Gesicht, die zu wenig oder zu schlechtes Haar hat, um daraus eine kunstvolle Frisur zu machen, wird sich kein Mann verlieren.“

      Bei der dritten Frisur waren sich alle einig, daß sie die richtige sei. Sie wurde festgelegt, dann sagte die Friseurin:

      „Die junge Dame ist von Natur aus durch Gestalt bevorzugt. Zum schönsten Mädchen in Yokohama aber habe ich sie gemacht.“

      „Ein Meisterwerk“, stimmte Matsu Shuto bei, und Omasan sagte:

      „Sie haben recht! Was ich sie in zehn Jahren gelehrt habe, wiegt nicht mehr als das, was Sie in einer Stunde aus ihr gemacht haben.“

      „Wo wird die junge Dame hinkommen?“

      „Vermutlich in das Mukojima.“

      „Nach Tokio soll sie? Und in ein Teehaus, in das die reichen Leute mit ihren langweiligen Familien gehen?“

      „Ja, warum nicht?“

      „Weil sie mit ihrer Schönheit da nichts anzufangen wissen. Die Väter und Mütter ärgern sich, daß ihre Töchter nicht ebenso aussehen, und zahlen schlecht.“

      „Darin liegt etwas Wahres“, sagte Matsu Shuto. „Im Shin-Bashi oder Yanagi kämen ihre Reize mehr zur Geltung.“

      „Warum Tokio?“ erwiderte die Friseurin. „Gibt es in Yokohama keine Geishaviertel? Weder Kyoto noch Osaka kann sich damit messen.“

      „Man müßte es sich ansehen“, meinte Matsu Shuto.

      Die Friseurin fuhr fort:

      „Ich habe in meinem Leben wohl an tausend Mädchen meine Kunst geübt. Ich nehme den Mund nicht gern voll — aber mit der werden Sie bei jeder Oiran Dochu den Vogel abschießen.“

      „Das Mädchen soll keine Kurtisane werden“, erwiderte Omasan. „Sie soll in einem vornehmen Teehause tanzen und Samise spielen.“

      „Kurtisane hin, Kurtisane her. Wenn eine Frau in Japan keine Aussicht hat, Kaiserin zu werden und aussieht wie die“ — dabei wies sie auf Hana, die noch vor dem Spiegel des Frisiertisches stand und ohne auf das Gespräch zu achten, staunend die mit ihr vorgegangene Veränderung sah — „dann soll sie nur einen Ehrgeiz haben: Königin der Kurtisanen zu werden.“

      „Sie überstürzen das Tempo“, erwiderte die Alte, und meinte:

      „Erst soll sie sich einmal an Menschen gewöhnen. Sie war ihr Leben lang allein.“

      „Das Leben ist kurz. Das Leben einer Geisha noch nicht mal halb so lang. Jetzt ist die Zeit, wo das Glück ihr in den Schoß fällt. Wenn eine Geisha anfängt, es zu suchen, merkt sie meist erst, daß es vorüber ist.“

      „Sie sprechen klug“, sagte Omasan.

      „Ich spreche aus Erfahrung. Nennen Sie mir eine Geisha, die in Asakusa oder Mukojima war und ihr Glück gemacht hat? Ich gebe zu, es gibt in ganz Tokio keine besseren Teehäuser! Aber Männer, die dahin gehen, sind schmalbrüstig und engherzig und heiraten keine Geisha. Sehr zu deren Glück. Denn sie sind dann in ein paar Jahren nichts anderes als Kinderhüter und Osadons. Eine Oiran aber bleibt auch in der Ehe ein Schmuckstück, mit dem sich der Mann gern zeigt. Ich kenne Dutzende beider Arten. Hätte ich eine Tochter, die aussieht wie die“ — wieder wandte sie sich an Hana, stürzte auf den Frisiertisch zu und drehte hastig einen kleinen Handspiegel, den Hana mit der Vorderseite nach oben gelegt hatte, um. „Wissen Sie nicht, daß der Spiegel das Symbol des Frauenherzens ist, das man nie offen legen darf, weil sonst eine andere Frau das Herz des Geliebten gewinnt?“

      „Ich habe keinen Geliebten,“ erwiderte Hana.

      „Aber Sie werden einen haben — und es ist gut, wenn man sich beizeiten daran gewöhnt.“ — Da Hana schon wieder in den Spiegel sah, so fuhr sie fort: „Haben Sie gewußt, daß Sie so schön sind?“

      „Nein, ich habe nie darauf geachtet.“

      Sie nahm ein paar Blumen, die in einer kleinen violetten Schale schwammen, und machte Anstalten, sie sich ins Haar zu stecken.

      Die Friseurin riß sie ihr aus der Hand.

      „Ja, Kind, Sie wissen ja rein gar nichts!“ rief sie entsetzt.

      „Was bedeutet denn das?“ fragte Hana.

      „Frauen,


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