Das Geheimnis von Fuensanta - Krimi. Rudolf Stratz

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Das Geheimnis von Fuensanta - Krimi - Rudolf Stratz


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Halluzinationen . . . Nee — ausgeschlossen! . . . Die andern waren ja genau so perplex . . . So — da sind wir ja schon an Ort und Stelle . . .“

      Male Matteis blieb stehen. Ihr frisches, junges Gesicht wurde sehr blass.

      „Nein. Dahinei geh’ ich nicht!“ sagte sie mühsam. „Ich bin sonst kein Hasenfuss. Aber davor fürchte ich mich! Ich hab’ die Elfi zu lieb gehabt. Ich will mir ihr Bild nicht in der Erinnerung zerstören!“

      „Sie können ruhig hinein . . .“ Der Rechtsanwalt zog sie mit sich über die Schwelle. „Es ist unmöglich, dass Sie dadurch ein anderes Bild von Ihrer Frau Schwester bekommen!“

      „Warum . . .?“

      „ . . . weil sie gar nicht in dem Sarge drin ist!“

      „Was . . .?“

      „Überzeugen Sie sich selbst!“

      Male Matteis holte tief Atem. Sie ging auf den Fussspitzen, mit grossen, ungläubigen Augen, auf den Sarg zu. Sie blieb stehen. Nach einer Weile sagte sie langsam wie im Traum: „Der Sarg ist ja leer . . .“

      „Es war auch niemals etwas darin, meine Gnädigste!“ Der Medizinalrat beschnüffelte und beklopfte die sauber gehobelten weisslichen Wände. „Der Geruch von ganz frischem Holz . . . Palmenholz vermutlich . . . Oasen von Dattelbäumen dort in Murcia . . . Stimmt alles — bis auf den Inhalt . . .“

      „Und dass man auf dem Transport, bei dem Mordsgewicht von dem Metallsarg, nicht gemerkt hat, dass der eigentliche Inhalt fehlt,“ er richtete sich kurzatmig auf, „ — das ist auch kein Wunder! . . . Abe rim übrigen . . . Was gibt’s dahinten?“

      „Schnell, Herr Medizinalrat! . . . Herr Vohwinkel fällt in Ohnmacht . . .“

      „Er kämpft schin die ganze Zeit damit . . .“

      „Setzen Sie ihn auf einen Stuhl. Halten Sie ihn! Bringen Sie Wasser! Warten Sie: ich knöpf’ ihm unterdessen Kragen und Krawatte auf!“

      „Protokollieren Sie, Herr Referendar!“ sagte daneben der Untersuchungsrichter. „Herr Vohwinkel verlor, angesichts des leeren Sarges, das Bewusstsein! Was machen wir mit ihm, Herr Medizinalrat? Hinüber in das Gärtnerhaus? Ja. Gut!“

      Es gab in dieser kleinen Wohnung eine gute Stub emit eingerahmten Photographien auf der Blümchentapete und fuchsig lackierten Plüschmöbeln. In diesen neideren vier Wänden hatte man den Architekten Vohnwinkel auf das Kanapee gebettet. Er lag, kaum atmend, mit geschlossenen Lidern. Sein schönes, südlich weiches Antlitz war wachsgelb wie das eines Toten. Ein jähes Zucken lief zuweilen darüber hin. Der Medizinalrat sass brummig neben dem Ohnmächtigen und fühlte ihm den Puls und spritzte ihm aus einem Wassergals kalte Tropfen in das Gesicht. Der Untersuchungsrichter stand mit gerunzelten Stirnnarben dahinter und schaute dem Gerichtsarzt über die Schulter.

      „Herr Vohwinkel . . .,“ frug er gedämpft. „Verstehen Sie, was ich sage?“

      „Jetzt kommt er zu sich!“ murmelte im Hintergrund des Zimmers der Rechtsanwalt Burhem. „Oder er tut wenigstens so . . . Ich bin ausnahmsweise wirklich mal auf was gespannt!“

      „Er versucht, sich aufzurichten . . .,“ flüsterte Male Matteis. „Er lässt sich noch Zeit! Er muss sich noch überlegen, was e runs jetzt erzählen wird!“

      „Herr Vohwinkel . . .“ Die Stimme des Untersuchungsrichters klang sehr ernst. „Sind Sie jetzt, wenigstens für ein paar hauptsächlichste Fragen, vernehmungsfähig?“

      Der schöne Mann auf dem Sofa setzte sich langsam auf. Er schaute geistesabwesen, mit dem Ausdruck eines aus dem tiefsten Schlaf gerissenen Menschen um sich.

      „Bin ich denn verrückt geworden . . .?“ sagte er leise und verstört.

      „Überlassen Sie die Fragen mir, Herr Vohwinkel!“

      „Was ist mit dem Sarg?“ Der Architekt Vohwinkel schrie es in hellem Schrecken auf. Er krampfte die Hände ineinander. Seine dunklen Augen verglasten sich. „Um Gottes willen — was ist mit dem Sarg?“

      „In dem Sarg ist nichts! Das wissenSie ja besser als wir!“

      „Aber wie ist denn das möglich . . .?“

      „Das möchte ich ja eben von Ihnen hören! Bitte, lieber Medizinalrat, machen Sie mir mal ein wenig Platz!“

      Der dicke kleine Graukopf warf, während er sich zur Seite schob, einen langen und bedenklichen Blick durch die Brillengläser auf Christof Vohwinkel. Der Richter langte sich einen Stuhl neben das Kanapee und setzte sich.

      „Ich muss Sie bitten, unter dem ersten Eindruck des neuen Tatbestandes die schreienden Widersprüche in Ihren Bekunddungen aufzuklären!“ began er knapp und bestimmt. „Wir haben zu Protokoll genommen, dass sich in dem Sarg weder die Leiche der Frau Vohwinkel noch sonst etwas vorfand. Wollen Sie die Behauptung aufstellen, dass der Sarg unterwegs geöffnet und seines Inhalts beraubt wurde? Oder dass dies etwa gar hier auf dem Friedhof geschah?“

      „Der Sarg ist niemals benutzt worden!“ grollte vom Fenster her der Medizinalrat. „Ich nehme das ausdrücklich als amtliches Gutachten auf meine volle Verantwortung!“

      „Leichenraub! So wat ist ja überhaupt bei ’ner plombierten Sendung auf der Eisenbahn ausjeschlossen! Und hier draussen in Berlin sind wir doch nicht mang die Wilden!“ ergänzte grimmig an der Tür der Friedhofsinspektor.

      „Schliessen Sie sich dieser Auffassung an, Herr Vohwinkel?“

      „Ja . . .,“ sagte der Architekt sachwach, immer noch wie ein Schlafwandler. Er lag halb, auf den Ellbogen gestützt. „Ja.“

      „Also war der Sarg von Anfang an leer?“

      „Es scheint so . . .“

      „Wollen Si emir erklären, Herr Vohwinkel: Warum gestanden Si emir das nicht lieber gleich vorhin unter vier Augen, wo Sie doch genau wussten, dass die nächsten Minuten die Entdeckung bringen mussten?’

      „. . . weil ich es selbst nicht gewusst habe . . .“

      „Was?“

      „ich habe es nicht gewusst, dass sich nichts in dem Sarg befand!“

      „. . . wo Si emir vor einer halben Stunde beteuerten, Sie hätten selbst die Einsargung geleitet!“

      „Das war nicht wahr!“ sagte Christof Vohwinkel leise, mit dem Blick nach einem Spinnweb an der Decke.

      „Sie waren also nicht dabei?“

      „Ich war nicht dabei!“

      „Und wo befinden sich nun in Wirklichkeit Frau Vohwinkels sterbliche Überreste?“

      „Ich weiss es nicht!“

      „Herr Vohwinkel, die Dinge sind jetzt im Fluss! Versuchen Sie nicht mehr, ihren unabwendbaren Gang aufzuhalten. Es ist vergeblich! Erleichtern Sie Ihr Gewissen! Reden Sie!“

      „Ich weiss es nicht, wo sie ist!“ Christof Vohwinkel sprang taumelnd auf. Er stand unsicher auf den Beinen. „Ich bin ja wie vor den Kopf gehauen! Mir ist, als ob ich alles träume! . . . Das ist ja . . . Das ist ja alles . . . Herrgott . . . Ich werd’ ja verrückt!“

      „Es hilft nichts, Herr Vohwinkel! Wir müssen hier einen klaren Kopf behalten und versuchen, die Zusammenhänge zu entwirren! Sie wollen nicht wissen, was aus Ihrer Frau Gemahlin geworden ist?“

      „Nein . . .“ Der Architekt Vohwinkel stützte sich wankend mit der flachen Hand gegen die Blümchentapete und starrte in die kernfrische, blitzblank gehobelte Holzwölbung vor sich am Boden. „Das . . . Das da unten . . . das ist . . . ein Rätsel!“

      „Sie müssen doch wissen, wo Frau Vohwinkel ihre letzte Ruhe gefunden hat! Sie waren doch, allein in fremdem Land, bei ihrer Krankheit und ihrem Ableben zugegen! Es war doch das einfachste, selbstverständlichste Gebot der Pietät — ich möchte hinzusetzen: der gebieterischen äusseren Notwendigkeit, dass Sie hinterher alle die traurigen


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