Seewölfe Paket 34. Fred McMason
Читать онлайн книгу.erhielt er einen zweiten Schlag, der ihn auf die Planken warf.
„Dorthin mit dem Wasser!“ schrie Garcia. „Die Disziplin hat verflucht gelitten. Aber ich werde wieder Ordnung in diesen Sauhaufen bringen. Verlaßt euch darauf! Ich werde auch den Kerl finden, dem wir das alles zu verdanken haben.“
Das Seewasser wurde über das Schießpulver gegossen, das auf den Planken verstreut war. Dann ließ Garcia die Fässer wegbringen und erst danach zwei Laternen entzünden, die das Deck notdürftig erhellten.
Der Verletzte wurde vom Feldscher versorgt. Ein weiterer Mann hatte Blutergüsse und Prellungen. Bei den anderen kam jede Hilfe zu spät.
Die Toten wurden nach oben gebracht. Sie sollten später in der Nähe der Siedlung begraben werden.
Den Kopf des Stückmeisters fanden sie nicht, so sehr sie auch alles absuchten. Er war spurlos verschwunden.
Den Dons rann ein Schauer nach dem anderen über die Rücken, wenn sie die Leiche des Stückmeisters sahen.
Als im Batteriedeck notdürftig alles aufgeklart war, erhielt der Zimmermann Anweisungen für die Reparatur, die morgen stattfinden sollte.
Garcia hatte sich in die Idee verrannt, daß es an Bord einen Saboteur geben müsse, weil die Ungereimtheiten sich häuften. Er ließ die Galeone von vorn bis achtern durchsuchen.
Aber es befand sich kein Fremder an Bord, und die Crew war vollzählig bis auf die bei der Explosion getöteten Männer.
Anschließend ernannte er einen neuen Stückmeister, und der mußte gleich antreten.
„Lassen Sie das Pulver aus den Culverinen schaufeln und genauer nachmessen!“ befahl er. „Ich wünsche äußerste Korrektheit dabei.“
Die Mannschaft wurde immer nervöser. Garcias Laune sank mehr und mehr auf den Nullpunkt, und die Männer mieden ängstlich seine Nähe.
Der Stückmeister ging mit zwei Gehilfen an die Arbeit, wobei Garcia ihm laufend erklärte, es sei absolut nicht normal, daß zwei Kanonen gleichzeitig explodieren könnten.
Bei der ersten Culverine wurden an Pulverladung exakt zwölf libras gemessen, was der Menge in englischen Pfunden entsprach.
„Wieder einfüllen. Die nächste Kanone“, befahl Garcia.
Bei der dritten wurde der Stückmeister fündig und traute seinen Augen nicht. Er schaufelte und schaufelte, und sein Adamsapfel ruckte dabei nervös auf und ab.
Garcia stand daneben. Sein Gesicht war kantig und sein Grinsen ein bösartiges Verziehen seiner Lippen.
„Sieh an“, sagte er leise. „Wieviel?“
„Mehr als zwanzig libras, Señor Capitán.“ Dem neuernannten Stückmeister brach der Schweiß aus allen Poren.
„Das kann nicht sein“, ächzte der Erste ungläubig. „Das tut keiner von uns, Capitán.“
„Dann war’s wohl wieder der bewußte Teufel, was? Der scheint hier immer mehr seine Hände im Spiel zu haben. Das muß der Stückmeister getan haben. Er war schließlich für die Stücke verantwortlich.“
„Er wird sich doch nicht selbst in die Luft jagen. Da müßte er ja verrückt sein.“
„Was glauben Sie denn, wer es war, Molina?“
„Ich weiß es wirklich nicht, ich kann es mir auch nicht vorstellen.“
„Jemand hat es während des Nebels eingefüllt“, behauptete Garcia. „Und dieser Jemand befindet sich mitten unter uns. Der Nebel ist so dicht, daß einer den anderen nicht sieht und schon gar nicht erkennt. Der Lumpenhund hatte leichtes Spiel.“
Mißtrauen breitete sich immer mehr aus. Jeder sah den anderen plötzlich mit scheelen Blicken an.
„Alle, die sich im Batteriedeck aufgehalten haben, melden sich nachher bei mir“, befahl Garcia. „Ich werde jeden einem peinlichen Verhör unterziehen, jeden einzelnen. Das gilt natürlich nicht für die Offiziere.“
„Vier präparierte Kanonen“, sagte der Erste ächzend. „Dabei kann es sich wirklich nicht mehr um ein Versehen handeln.“
„Vermutlich nicht“, sagte Garcia höhnisch.
Er wischte sich ärgerlich mit der Hand übers Genick, weil es irgendwo vom oberen Deck langsam, aber stetig tropfte.
Inzwischen wurden weitere Stücke überprüft. Erleichtert stellte der Stückmeister fest, daß die Pulverladungen stimmten. Der Saboteur hatte sein schändliches Werk auf vier Kanonen begrenzt, mehr hatte er zum Glück nicht geschafft, oder er war bei seinem Tun gestört worden.
Platsch! Ein dicker Tropfen fiel Garcia erneut ins Genick. Er fluchte verhalten.
„Sobald das Dreckwetter vorbei ist“, sagte er erbost, „wird das Oberdeck kalfatert. Es dringt ständig Wasser nach unten. Denken Sie daran, Molina. Hier unten muß es trocken bleiben. Eine Schweinerei ist das. Das Pulver könnte naß werden.“
„Ich werde daran denken“, versprach der Erste.
Der nächste Tropfen, der dem Capitán ins Genick fiel, versetzte ihn in rasende Wut. Er riß einem der betroffen herumstehenden Männer die Laterne aus der Hand und leuchtete nach oben.
Im trüben Widerschein der Funzel sah er den Kopf des Stückmeisters.
Er lag auf dem oberen Deckenbalken, wohin ihn der Explosionsdruck geschleudert hatte.
Eine dünne Blutspur rann als kleines Rinnsal von dem Balken hinunter. Von dort tropfte es weiter nach unten, und diese Tropfen waren Garcia ins Genick gefallen.
Der Capitán rührte sich für lange Augenblicke nicht. Wie hypnotisiert starrte er auf den Schädel des ehemaligen Stückmeisters.
Sein Atem ging stoßweise, und seine Lippen zuckten.
„Dieses – dieses – Ungeheuer!“ stieß er atemlos hervor. Die Hand mit der Laterne zitterte.
„Was ist denn, Señor Capitán?“ fragte der Erste. „Haben Sie …?“
Er folgte dem Blick Garcias und starrte ungläubig nach oben. Auch die anderen Männer an den Kanonen wurden jetzt aufmerksam.
Molina stieß einen lauten Schrei aus. Der Anblick war so schrecklich und grausam, daß er unwillkürlich schrie. Seine Zähne schlugen wie im Fieber aufeinander.
Erst als sein Schreien abrupt verstummte, entdeckten die anderen Männer den Kopf des Stückmeisters. Unter den abergläubischen Leuten brach fast eine Panik aus.
Einer der Kerle warf die Laterne auf die Planken, flüchtete laut brüllend und von namenlosem Entsetzen gepackt, quer durch das Batteriedeck und raste den Niedergang hinauf. Zwei Mann wichen aufschreiend zurück und bekreuzigten sich. Die anderen rannten ebenfalls los.
Garcia konnte es ihnen nicht mal verübeln. Er hob die Laterne auf und stellte sie auf die Planken. Mit verzerrtem Gesicht blickte er zu dem Ersten Offizier.
„Wir haben wirklich den Teufel an Bord“, flüsterte er so leise, daß Molina ihn kaum verstand.
5.
Der Monsunregen hatte noch mehr nachgelassen. Nur der Nebel blieb, und jetzt wurde es fast übergangslos Nacht.
Die Arwenacks lagen mit der Schebecke in der Bucht. Hasard hatte vor, das Schiff ein wenig aufzuslippen, doch der Tapti zog ihm einen dicken Strich durch seine Überlegungen.
Der Fluß war in den letzten beiden Stunden merklich gestiegen, aber noch nicht reißend geworden. Er hatte fürs erste nur sein Bett verbreitert und dehnte sich weiter in den umliegenden Dschungel aus.
Einen Tidenhub gab es nicht mehr. Er betrug zur normalen Zeit ohnehin nur ein knappes halbes Yard. Jetzt war der Unterschied längst verwischt und nicht mehr zu merken.
„Das