Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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Regen hat nachgelassen“, entgegnete Hasard. „Kann durchaus sein, daß der Tapti nicht mehr weiter steigt. Nur der Nebel hält sich noch wie dicke Suppe.“

      Ferris räusperte sich. Der Nebel hatte längst die Bucht eingehüllt, aber er war nicht mehr so kompakt wie zuvor. Hier trieben immer wieder wirbelnde Schwaden und Schleier. Hin und wieder riß der milchig-trübe Vorhang auch auf. Sie konnten sich dann zumindest gegenseitig erkennen.

      „So schlimm wird es mit dem Ruder wohl nicht sein“, sagte der rothaarige Schiffszimmermann. „Es hängt ein bißchen, aber wir können es mit Bordmitteln reparieren. Es wird allerdings etliche Stunden dauern. Das läßt sich leider nicht ändern. Hoffentlich hält der Nebel wenigstens so lange noch, damit es den Bastarden nicht einfällt, uns in dieser Bucht einen Besuch abzustatten.“

      „Das ist allerdings auch meine Befürchtung.“

      Hasard lauschte in den Nebel. Da waren plötzlich Geräusche zu hören. Ein dumpfes Wummern, als bebe die Erde.

      „Sie feuern wieder“, sagte Ben Brighton. „Die haben noch nicht mitgekriegt, daß wir uns längst verholt haben. Sollen sie ihr Pulver nur verschießen, diese Halunken.“

      Seine Worte klangen erbittert und auch etwas wütend. Eine gewisse Hilflosigkeit sprach aus ihnen. „Wir sollten uns überlegen, wie wir ihnen zuvorkommen können, Sir. Mir geht es mächtig auf den Nerv, daß sie mit uns regelrecht Katz und Maus spielen. Diesmal sitzen wir in der Klemme, und es sieht nicht gut aus.“

      „Mit dem beschädigten Ruder können wir gar nichts unternehmen, Ben“, sagte Hasard leise. „Mir behagt die Situation auch nicht, aber sie ist zur Zeit nicht zu ändern. Wir haben hier sowieso nichts mehr zu melden. Es bleibt uns nichts weiter übrig, als nach erfolgter Reparatur heimlich zu verschwinden. Was haben wir in Surat erreicht? Kein Hund nimmt auch nur einen Knochen von uns – nach allem, was bisher vorgefallen ist. Der Padischah würde sich freuen, uns noch einmal zwischen die Finger zu kriegen. Er muß vor Wut auf uns bersten, obwohl wir nichts Unrechtes getan haben. Wir haben uns lediglich befreit, um dem sicheren Tod zu entgehen. Ein Akt der reinen Notwehr, den ich selbst keinem anderen verübeln könnte.“

      „Hier denkt man leider anders darüber.“

      „Hier ist alles verpatzt worden, was man nur verpatzen kann. Die ganze Mission ist kläglich gescheitert.“

      „Trotzdem müssen wir jetzt etwas unternehmen“, drängte Ben. „Das Ruder muß so schnell wie möglich repariert werden, damit wir wenigstens manövrierfähig sind. Als letzte Konsequenz bleibt uns dann nur das schmähliche Auskneifen vor dem Gegner.“

      „Ha, wir und auskneifen!“ dröhnte Carberrys Stimme auf. „Lieber beiße ich mir in den Hintern, als vor diesen abgetakelten Rübenschweinen auszukneifen. Die Bastarde haben uns mit Intrigen und Hinterhältigkeiten in die bescheidene Situation manövriert, und dagegen sollten wir uns mit allen Mitteln wehren.“

      „Was verstehst du unter allen Mitteln?“ fragte der Seewolf. „Vielleicht hat Don Juan was erreicht, aber das kann ich mir nur schlecht vorstellen. Was für Möglichkeiten haben wir denn noch mit einem angeschossenen und fast manövrierunfähigen Schiff?“

      „Brandsätze“, knurrte der Profos, dem die Wut bis zum Hals stand. „Wir beharken den Don mit Brandsätzen, bis ihm alles um die Ohren fliegt.“

      „Darüber habe ich schon mit Juan gesprochen. Mit den Brandsätzen können wir nicht viel ausrichten, solange es regnet.“

      „Aber es regnet kaum noch“, wandte der Profos ein. „Das bißchen Wasser wird den Dingern kaum schaden. Wenn wir dem Don eins verpaßt haben, kneift der andere Bastard den Schwanz ein. Der segelt doch nur im Schatten der Kriegsgaleone mit und hat nur dann sein starkes Hemd an, wenn ihm jemand zur Seite steht. Ruthland allein haben wir nicht zu fürchten mit seinem Karavellchen.“

      „Da magst du recht haben. Das Problem ist ja auch der Spanier. Den müssen wir erst mal loswerden.“

      „Durch gutes Zureden segelt der bestimmt nicht nach Hause“, motzte der Profos.

      Ferris und Shane waren unterdessen nach achtern gegangen und über die Rüste in die Jolle abgeentert. Die Zwillinge Hasard und Philip folgten ihnen mit Laternen. Ferris wollte eine erste Inspektion vornehmen, um zu sehen, wie stark die Beschädigungen waren. Danach sollte unverzüglich mit der Reparatur begonnen werden, sofern es möglich war.

      Am Schiffsrumpf zogen sie sich mit der Jolle weiter nach achtern.

      „Scheißnebel!“ schimpfte Ferris. „Auf dem Wasser sieht man kaum etwas.“

      „Unser Glück“, brummte Shane. „So können uns die anderen wenigstens auch nicht ausmachen. Mir geht es gegen den Strich, ausgerechnet dann gejagt zu werden, wenn man selbst lahme Flügel hat.“

      Sie waren am Heck angelangt und hielten sich fest. Jung Hasard leuchtete mit der Laterne auf das Ruder. Er schraubte den Docht so hoch, bis es entsetzlich nach Lampenöl stank. Aber wenigstens konnten sie auf diese Weise etwas erkennen.

      „Das war der Schlag, den der Rudergänger verspürt hat“, sagte Ferris nach einem kurzen Blick. „Genau hier hat die Kugel das Ruder gestreift. Der Schaft hat etwas abgekriegt, aber nicht wesentlich.“

      Ferris ließ die Lampe noch höher und dichter halten. „Weiter unten sieht es etwas schlechter aus.“

      Er zeigte dem Exschmied von Arwenack die Stelle. Shane, der ohnehin kein Freund von großen Worten war, nickte bedächtig.

      „Hätte schlimmer sein können. Wir haben noch mal Glück gehabt. Vier Fingerlinge und vier Ruderösen sind hinüber.“

      „Und im Blatt fehlt ein kleines Stück vom oberen Teil“, setzte Ferris hinzu. „Aber das kann man später einflicken. Die Ösen und Fingerlinge sind wichtiger. Wir müssen ein paar neue anfertigen. So, wie es jetzt steht, läßt sich das Schiff nur sehr schwer manövrieren. Außerdem besteht die Gefahr, daß noch mehr bricht.“

      Die Stellen wurden genau begutachtet.

      Von oben erklang Hasards Stimme. „Wie sieht es aus?“

      Ferris sagte es ihm. Die nächste Frage lautete, wie lange die Reparatur dauern würde.

      „Vier bis fünf Stunden mindestens. Wir müssen neue Ösen und Fingerlinge anfertigen. Aber wir gehen gleich an die Arbeit. Anschließend kümmern wir uns um den Fockmast, Sir.“

      „Sehr gut. Jeder wird mithelfen, damit wir wieder seetüchtig sind.“

      „Die Sache hat nur einen kleinen Haken“, wandte Ferris ein. „Wir müssen ein Stück achteraus verholen, bis wir auf den Mangrovenwurzeln sitzen, sonst können wir an das Ruder nicht heran. Das dürfte mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein. Und es kostet uns ebenfalls noch etliches an Zeit.“

      Von oben war ein unterdrückter Fluch zu hören.

      „Gut, das schaffen wir schon“, sagte der Seewolf. „Solange der Wind nicht bläst, können die anderen die Bucht ebenfalls nicht verlassen, und das ist unser Vorteil. Wir holen inzwischen das zerschossene Segel ein.“

      Die Schritte entfernten sich. Ferris leuchtete noch einmal genau alles ab. Er war ein gründlicher und gewissenhafter Mann. Manche wurden ungeduldig, wenn er so gründlich und schon fast pedantisch vorging, aber der Zimmermann hatte auch ein dickes Fell. Er war nicht eher zufrieden, bis er genau wußte, wo er ansetzen mußte. Letztlich war es ihnen bisher allen zugute gekommen.

      Neben der Jolle war ein leises Platschen zu vernehmen.

      Philip fuhr herum und leuchtete auf die Wasseroberfläche. Aber da waren nur Nebelschwaden zu sehen.

      „Gibt’s hier Krokodile?“ fragte er leise.

      „Kann schon sein“, erwiderte Ferris. „Ich habe zwar noch keine gesehen, aber wir sollten vorsichtig sein.“

      Die Aussicht, daß es an den Ufern des Tapti Krokodile geben könnte, war nicht gerade ermunternd.


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