Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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offenbar noch nie eine Galeone gesegelt, Mister, sonst hätten Sie diesen lächerlichen Vorschlag gar nicht erst vorgebracht. Wollen Sie ein Kriegsschiff flußaufwärts pullen und es trotzdem kampfbereit halten? Das ist absurd! Über diesen Vorschlag erübrigt sich jede weitere Diskussion. Wir warten auf Wind, und wenn wir den haben, greifen wir an.“

      „Dazu müßte man erst mal wissen, in welcher Bucht Killigrew zu liegen geruht. Weiter flußaufwärts gibt es unzählige kleine Buchten.“

      Sie standen sich wie Kampfhähne gegenüber und starrten sich an.

      Garcia hielt den Engländer für einen lausigen Handelsfahrer, der keine Ahnung von seemännischer Kriegsführung hatte.

      „El Lobo ist nicht flußaufwärts gegangen“, erklärte er. „Der liegt in der nächstbesten Bucht, wie ich vorhin schon sagte. Er hat keine Zeit zu verlieren und rudert daher nicht umständlich flußaufwärts. Sie dürfen diesen Mann nicht unterschätzen, der verschenkt keine einzige Stunde unnötig, wenn er in Bedrängnis ist.“

      Ruthland wollte gerade zu einer scharfen Erwiderung ansetzen, als es deutlich hörbar über ihren Köpfen knarrte.

      „Wind“, sagte Lefray andächtig. „Es kommt Wind auf. Ein Luftzug ist durch die Takelage gefahren.“

      Garcia stand kommentarlos auf und ging nach oben. Er sah sich nicht mal um, ob die beiden Männer ihm folgten.

      An Deck prallte er fast mit dem Ersten Offizier zusammen.

      „Ich wollte Ihnen gerade Meldung erstatten, Capitán“, sagte Molina. „Der Nebel löst sich langsam auf. Man kann bereits vereinzelt Sterne und ein Stück der Mondsichel erkennen. Weiter vorn lichtet sich der Nebel ebenfalls.“

      Garcia gab keine Antwort. Er starrte in die Nebelschwaden und warf einen Blick zum Himmel. Tatsächlich sah er ein paar Sterne funkeln. Nur über dem Fluß hing der Nebel zäh wie weißlicher Brei. In der Bucht aber gab es bereits ein paar dünne Stellen.

      Der Luftzug war kaum spürbar, doch er wiederholte sich nach einer Weile. Diesmal war er etwas stärker und ließ die Pardunen leise summen.

      Für Garcia war das Musik, eine liebliche Melodie, die der Wind da flötete. Er beobachtete, wie ein Luftzug schwallartig einen Nebelhaufen auflöste. Lange, weiße Fahnen wehten davon, riesigen Leichentüchern nicht unähnlich, die aus feuchten Gräbern flatterten.

      Ein dünnes Lächeln umspielte seine Lippen. Es war noch finster, aber ihm erschien es, als sei jetzt heller Tag. In der Finsternis konnte man wenigstens etwas wahrnehmen, im dichten Nebel war das unmöglich. Die Sterne waren es, die einen schwachen Abglanz zur Erde warfen, und in diesem schwachen Licht ließen sich Einzelheiten erkennen.

      „Dann geht es ja wohl bald los“, raunte Ruthland und rieb sich die Hände.

      Garcias schlechte Laune war wie weggeblasen.

      „Ja, jetzt geht es bald los“, sagte er fanatisch. „Jetzt werde ich den Mann zur Strecke bringen, den ich um die halbe Erde gejagt habe. Er wird uns nicht mehr entwischen. Ich schlage vor, Sie lassen eine kleine Jolle besetzen und schicken sie auf den Fluß. Die Männer sollen erkunden, wo El Lobo steckt. Ich gehe immer noch davon aus, daß er in der angegebenen Bucht liegt. Wenn wir die Bestätigung haben, und der Wind noch etwas auffrischt, segeln wir los. Die Kerle sollen auch genau die Beschaffenheit der Bucht erkunden. Das ist wichtig für unseren Angriff. Wenn wir die Szene kennen, können wir entsprechend handeln. Bis die Männer wieder zurück sind, haben wir vermutlich soviel Wind, wie wir brauchen.“

      „Sie haben mehr Männer, Capitán“, sagte Ruthland. „Wäre es da nicht besser, einige von Ihren …“

      „Nein, ich brauche alle Leute auf den Gefechtsstationen. Schließlich sind wir das kampfkräftigere Schiff. Also los, auf was warten Sie denn noch, zum Teufel?“

      Ruthland konnte es nicht ausstehen, Befehle zu empfangen, noch dazu von einem Spanier, der sich etwas hochnäsig und in jedem Fall sehr überlegen gab. Erst wollte er aufbrausen und sich den Ton verbitten, doch schließlich kuschte er widerwillig. Garcia hatte das bessere Argument zur Hand und ließ sich auf keine Diskussion ein.

      „Na schön, wie Euer Majestät befehlen“, sagte er frostig. „Los, Hugh, pullen wir zurück!“

      Ziemlich verbiestert verließen sie das Schiff und enterten in ihre Jolle ab, um zur „Ghost“ zu pullen.

      Garcia sah ihnen nach, wie sie im schwächer werdenden Nebel langsam zu Schemen zerflossen.

      „Dieser Engländer ist ein Idiot“, sagte er zu Molina. „Und dieser andere Compadre erinnert mich an einen wandelnden Leichnam. Ohne uns wären diese Kerle fängst ausgekniffen und hätten den Schwanz eingezogen. Sie sind großmäulig, haben aber Angst, allein gegen El Lobo anzutreten.“

      „Brauchen wir Ruthland eigentlich unbedingt?“ fragte der Erste. „Ich kann die Burschen auch nicht ausstehen.“

      „Wir haben einen übermächtigen, listenreichen und harten Gegner vor uns“, sagte Garcia belehrend. „Da kann man nicht so wählerisch sein. Wenn El Lobo gegen zwei Schiffe kämpft, hat er die schlechteren Karten, und wir sind im Vorteil. Außerdem betrachte ich diesen Kerl eher als Kanonenfutter. Sobald ich den englischen Bastard habe, kann sich Ruthland zum Teufel scheren.“

      Etwas später sahen sie, wie drüben zwei Mann in einer kleinen Jolle lospullten und im Nebel verschwanden.

      Sie sahen aber noch mehr. Der Platz, wo die Schebecke des Seewolfs gelegen hatte, war verwaist. Dort tummelten sich nur ein paar Nebelfetzen auf dem Wasser, drumherum war alles pechschwarz.

      „Der Bastard ist tatsächlich weg“, murmelte der Erste. „Ganz so, wie Sie vermutet haben, Capitán.“

      „Reine Logik“, erklärte Garcia überheblich. „Man muß nur die richtigen Schlüsse ziehen, und genau das habe ich getan.“

      Er erwartete eine bewundernde Antwort, doch die blieb aus. Der Erste räusperte sich nur verhalten.

      „Alle Kerle wecken!“ befahl Garcia. „Auch die Freiwachen. An Deck wird kein Licht entzündet, verstanden?“

      Der Erste bestätigte und verschwand. Kurze Zeit später erwachte die schlummernde Kriegsmaschine zu beängstigendem Leben.

       7.

      Die Reparaturarbeiten in der Bucht hatten unverzüglich begonnen, doch jetzt gab es ein weiteres Problem.

      Der Untergrund bei den Mangroven war so matschig und morastig, daß von dort aus nicht zu arbeiten war. Entweder sackten die Männer zwischen die Stelzwurzeln, oder die Jolle hing schief auf dem Schlick.

      Die Arbeit am Ruder wurde dadurch immer weiter verzögert, was die Laune der Arwenacks nicht gerade hob. Außerdem ließen sich gewisse, verräterische Geräusche nicht vermeiden.

      Der Profos latschte mit mürrischem Gesicht auf den Seewolf zu, der am Heck neben einer Laterne stand.

      „Der Nebel scheint sich zu lichten, Sir. Auf dem Fluß ist es schon ein bißchen heller geworden. Oben sind auch einige Sterne zu sehen.“

      „Kommt mir auch so vor“, erwiderte Hasard. Er lehnte sich an die Verschanzung und blickte zum Tapti, wo ein leises murmelndes Geräusch zu hören war. Der Fluß sang leise sein Lied, eine monotone Melodie aus Rauschen und Flüstern. Manchmal war ein Gurgeln und Schmatzen aus den Mangrovenwäldern zu hören.

      Carberry drehte sich um und starrte durch Dunkelheit und Nebel zur anderen Seite der Bucht. Dort wogten immer noch die Nebelgeister, die aus den Sümpfen zu steigen schienen. Aber da war auch eine Passage, die wie ein Schlund aussah. Angestrengt versuchte er Genaueres zu erkennen.

      „Diese Bucht haben wir nur einmal kurz bei Tageslicht gesehen“, sagte der Profos. „Jetzt erscheint sie mir viel größer. Oder irre ich mich?“

      Hasard sah auch in die Richtung, die den Profos so sehr interessierte.


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