Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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er ungeduldig.

      Jan Ranse hatte die Jolle verlassen und bewegte sich auf das andere Boot zu. Jonny konnte ihn ganz sicher nicht erkennen. Statt einer Antwort gab er nur ein mißmutiges Knurren von sich.

      Dann sprang er in die Jolle, die gefährlich zur Seite krängte, und noch bevor Jonny etwas sagen oder fragen konnte, spürte er, wie eine riesige Faust auf seinem Schädel landete. Der Schlag war so hart, daß es ihn fast durch die Jolle trieb.

      Wie vom Blitz getroffen, sank er zusammen.

      Jan Ranse umklammerte ihn, damit er nicht über Bord ging. Es sah wie ein ungleicher Ringkampf aus. Dann legte er den Kerl zwischen die Duchten und griff ebenfalls nach dem Gestrüpp, damit die Jolle nicht weiter abtrieb.

      „Alles klar?“ fragte der Profos.

      „Alles klar“, versicherte Jan. „Jonny ist restlos bedient.“

      „Der liebe Stan auch“, sagte der Profos. „Ich habe ihn gerade in die Jolle gehievt. Der Kerl stinkt übrigens nach Fusel.“

      Das hörte sich fast ein bißchen neidisch an, wenn Jan das richtig deutete. Oder empörte sich der Profos etwa darüber? Das war bei ihm schlecht festzustellen.

      „Ich pulle jetzt in die Bucht“, sagte Jan. „Es ist ja nicht zu erwarten, daß noch mehr Jollenrutscher hier auftauchen.“

      Der Profos gab keine Antwort, aber Jan hörte ein merkwürdiges, wenn auch sehr vertrautes Geräusch. Das war ein Gluckern, und es stammte ganz sicher nicht aus dem morastigen Untergrund.

      Jan lauschte noch einmal und legte sich dann in die Riemen. Als er bei dem Profos anlangte, setzte der gerade eine Buddel ab.

      „Hat der Fuselmann dabei gehabt“, sagte er zufrieden. „Schmeckt nach gutem Schottischen. Und so was soll man ja nicht unbedingt verkommen lassen. Wäre ein Jammer.“

      Jan teilte grinsend diese Ansicht. Sie hatten vollen Erfolg gehabt, und warum sollten sie darauf nicht einen kleinen Schluck trinken, wenn Stan und Jonny so großzügig bemessene Rationen bei sich trugen! Also gluckerte er auch einen weg. Die beiden Kerle mußten schon kräftig gelenzt haben, denn nach dem Schluck war die Buddel leer. Oder der liebe Edwin hatte zu tief reingesehen, was noch wahrscheinlicher war.

      Sie vergewisserten sich noch mal, ob sich auf dem Fluß keine weiteren nächtlichen Gestalten herumtrieben. Niemand war zu sehen.

      Dann schauten sie nach den beiden Engländern. Stan und Jonny rührten sich nicht. Sie würden sich wohl noch eine ganze Weile lang nicht bewegen, denn was ihnen da um die Ohren geflogen war, verkraftete bestenfalls ein Elefant.

      „Na, dann an Bord“, meinte der Profos aufmunternd. „Der Schluck hat mir richtig gutgetan. Schade, daß die Kerle nicht noch ein paar Buddeln dabeihaben.“

      Jan Ranse blieb gleich in der fremden Jolle und pullte zügig in die Bucht. Carberry folgte mit dem reglosen Stan, der nicht mal ein Ächzen von sich gab.

      Die Nebel auf dem Fluß zerflossen immer mehr. Hin und wieder fuhr ein leichter Windstoß über ihre Köpfe. Im Tapti spiegelte sich silbern die Sichel des Mondes.

      „Wird bald soweit sein“, knurrte Carberry. „Noch ein bißchen mehr Wind, und die ganze Bande steigt uns aufs Dach. Die werden sicher keine Zeit versäumen.“

      „Vielleicht sind unsere beiden Helden etwas genauer darüber informiert“, sagte Jan Ranse. „Wir werden sie ganz höflich fragen, und dann werden sie auch ganz höflich antworten.“

      „Weil es Gentlemen sind“, sagte der Profos. „So wie wir auch.“

      Die Schebecke, eben noch unsichtbar, zeigte sich ganz plötzlich in den Umrissen. Um sie her war das Wasser an vereinzelten Stellen pechschwarz. Kleine Nebelkobolde geisterten um den Rumpf herum.

      Leises Klopfen und Hämmern war zu hören.

      Carberry drehte den Kopf, und schaute zu der Lücke, die in die andere Bucht führte. Dort war der Nebel jedoch noch beständig, und er sah nur eine wallende Wand mit den Geisterfingern von Mangrovenwurzeln darin. Aber irgendwo dort war der Durchschlupf, wo es weiterging.

      „Ah, die Fischer sind zurück“, sagte Dan O’Flynn grinsend, als die Jolle an der Jakobsleiter anlegte. „Wie ich sehe, habt ihr auch etwas gefangen.“

      „Ja, zwei einsame Stinte“, tönte der Profos zurück. „Sie schwammen ganz unbesorgt auf dem Fluß, und da haben wir sie geangelt.“

      Carberry reichte den einen „Stint“ nach oben. Dort beugte sich der Gambiamann Batuti über das Schanzkleid, packte den bewußtlosen Kerl am Genick und zog ihn wie einen nassen Sack nach oben. Der andere folgte eine halbe Minute später und landete auf den Planken.

      Hasard betrachtete die beiden Männer. Die Nacht war jetzt stellenweise so klar, daß er die Gesichter erkennen konnte.

      Das eine war bärtig mit dicken Wangen. Der andere hatte eine hagere, verderbte und liederliche Visage mit Bartstoppeln. Obwohl er tief und fest im Traumland weilte, wirkte er hundsgemein und verschlagen.

      „Das verluderte Bürschchen heißt Jonny“, sagte der Profos, „der andere Stan. Wir erfuhren ihre Namen, als sie sich ziemlich sorglos vor der Bucht unterhielten. Sieht aber nicht so aus, als kämen sie bald wieder zu sich. Versuchen wir es mal mit Wasser.“

      Reglos lagen die beiden Kerle mit ausgebreiteten Armen auf dem Deck.

      Der Profos füllte eine Pütz mit Seewasser und leerte sie Jonny in die verderbte Visage. Eine zweite Pütz schüttete er über dem anderen aus.

      Es erfolgte keine Reaktion. Alle beide rührten sich nicht und lagen wie tot auf den Planken.

      „Ihr habt wohl ein bißchen zu hart zugeschlagen“, sagte der Seewolf.

      „Nur ein Profoshammer, Sir“, erwiderte Carberry. „Der hält aber meist etwas länger vor.“

      Der Kutscher beugte sich über die Gestalten und horchte sie ab.

      „Immerhin leben alle beide noch“, verkündete er. „Aber sie scheinen sehr weit weg zu sein.“

      Mac Pellew gab den beiden leichte Ohrfeigen als unterstützende Massage, um die Lebensgeister wieder zu wecken, doch auch das nutzte nichts.

      „Wie wär’s denn mit dem Riechöl?“ fragte er nach seinen erfolglosen Bemühungen. „Mit dem Zeug kann man Tote aufwecken. Wir haben noch etwas davon.“

      „Das würde ich nicht mal meinem schlimmsten Feind unter die Nase halten“, sagte der Profos schaudernd. „Ich hab mal daran gerochen und noch heute, Jahre später, wird mir kotzübel von dem Zeug.“

      „Wir sollten sie aber möglichst bald zum Reden bringen“, meinte Hasard. „Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, und mit dem beschädigten Ruder stehen wir auf verlorenem Posten.“

      Mac Pellew handelte, denn die Zeit drängte wirklich. Das sogenannte „Riechöl“ hatte er einmal von einem Quacksalber erhalten, und seitdem schwor er darauf. An Bord konnte er es allerdings nicht anwenden, denn der Profos hatte ihm bereits einmal angekündigt, wenn er die „Stinkbombe“ jemals wieder öffnen sollte, würde er gekielholt werden.

      Als er mit der kleinen Buddel zurückkehrte, suchte der Profos vorsichtshalber gleich das Weite und stellte sich so, daß der leichte Wind den Duft von ihm forttrieb. Auch ein paar andere Arwenacks suchten ihr Heil in der Flucht.

      Mac ließ sich überhaupt nicht stören. Er öffnete das Fläschchen und hielt es dem ersten Kerl unter die Nase. Und weil der den Mund weit offen hatte, hielt er ihn mit der einen Hand zu. Der Kerl war nun gezwungen, durch die Nase zu atmen, und da erlebte er auch sofort eine höllische Überraschung.

      Zunächst begann es wild in seinem Gesicht zu zucken, als litte er unter entsetzlichen Krämpfen. Dann wand er sich wie ein Aal auf den Planken. Mac hielt weiterhin seinen Kopf fest und die „Riechbombe“ unter die Nase.

      Ein erstickter Aufschrei folgte, dann ein wildes Zucken


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