Seewölfe Paket 34. Fred McMason
Читать онлайн книгу.entdeckt, Ed?“
„Aye, Sir. Es gibt da eine schmale Durchfahrt. Dahinter ist offenbar eine weitere Bucht, ein kleiner See oder ein Nebenarm des Flusses. Leider war das nicht genau zu erkennen.“
„Gut, dann pullt jetzt zum Fluß hinüber.“
„Aye, aye, Sir.“
Carberry pullte verbissen weiter, bis sie außer Sicht- und Hörweite waren.
„Mann, der Sir hat vielleicht Augen“, sagte er dann anerkennend. „Ich habe kaum das Schiff gesehen, aber er hat uns entdeckt. Und ich dachte immer, nur Dan sei mit Adleraugen ausgestattet.“
Er war sehr beeindruckt, der Profos, und er wunderte sich noch eine ganze Weile darüber.
Die nächste Überraschung erlebten sie dann direkt am Tapti. Sie hörten den Fluß rauschen und konnten an einzelnen Stellen sogar das Wasser erkennen. Die Mondsichel spiegelte sich in einigen Stellen im Wasser, und lange Nebelschwaden krochen an den Ufern entlang.
Weiter flußaufwärts waren ebenfalls offene Stellen zu sehen. Ein Wind wehte ganz zaghaft und spielte mit dem Nebel, den er in lange Streifen zerfaserte.
Dort, wo die Bucht in den Fluß überging, war sie auf einer Länge von fast zwanzig Yards einigermaßen gut zu überblicken. Im Inneren der Bucht war jedoch nicht zu erkennen, daß da ein Schiff lag. Auch die Geräusche waren nur dann zu hören, wenn man sehr aufmerksam und angestrengt lauschte.
Carberry hielt nach einem Versteck Ausschau, wo die Jolle nicht gleich entdeckt werden konnte. Sie fanden eins hinter der Einfahrt, wo zwei hohe Palmen standen und alles von Gebüsch und Verhau zugewuchert war.
„Dort legen wir uns auf die Lauer“, sagte er. „Wenn die Kerle hier wirklich aufkreuzen, müssen sie dicht daran vorbei, denn sie werden versuchen, sich unauffällig anzuschleichen. Wir können sie dann sogar von der Jolle aus hoppnehmen.“
Sie pullten in den Verhau und blickten aus ihrem sicheren Versteck flußaufwärts.
Die Zeit schien sich endlos lange zu dehnen. Auf dem Tapti tat sich nichts. Nur der Wind frischte auf, und der Nebel zog sich zuerst in der Höhe zurück. Auf dem Fluß lag er teilweise noch wie ein gigantischer, ausgebreiteter Schleier.
„Schade, daß wir nicht herausgefunden haben, was es mit der anderen Bucht auf sich hat“, sagte der Profos. „Hinter den Mangroven wäre ein ideales Versteck gewesen. Da hätten wir in aller Ruhe und unbeobachtet die Reparatur zu Ende führen können. Und danach wäre es den Halunken an den Kragen gegangen.“
„Ja, leider, aber vielleicht ist es noch nicht zu spät“, entgegnete Jan Ranse. „Wenn die Kerle sich weiterhin Zeit lassen und keinen Wind haben, können wir das noch nachholen, vorausgesetzt, die Sicht in der Bucht wird besser. Eine Galeone kann durch die Mangroven wegen ihrer Größe nicht hindurch, und die Karavelle allein traut sich nicht. Ruthland würde das nie riskieren, der Feigling.“
„Ist nicht zu ändern“, sagte der Profos, „obwohl ich gerade diesem Bastard liebend gern eins übergebraten hätte.“
Den Fluß oberhalb der Bucht ließen sie keine Sekunde lang aus den Augen. Mitunter schimmerte das Wasser samtweich, dann wieder dunkel und geheimnisvoll, wenn ein paar Sterne sich darin spiegelten.
Der Wind hatte noch ein bißchen mehr zugelegt, war aber nichts weiter als eine laue Brise. Zur Not konnte er ein Schiff bewegen, aber das Manövrieren würde schwierig sein.
Carberry erzählte ein paar Witze, um die Langeweile zu überbrücken, und war gerade so richtig in seinem Element. Es ging um die Arche Noah, den Schiffsbohrwurm und um ein paar Termiten, da unterbrach ihn der bärtige Holländer.
„Da tut sich was“, raunte er. „Ganz oben, wo der Nebel eine Lücke hinterlassen hat. Du mußt zur anderen Flußseite blicken. Ich glaube, da bewegt sich ein Schatten.“
Carberry vergaß die Arche und Noahs Probleme. Sehr konzentriert peilte er die Stelle an und kniff die Augen zusammen.
„Können Nebelfetzen sein“, meinte er nach einer Weile ratlos.
Am anderen Ufer des Flusses tanzten seltsame Dämonen und Kobolde ihren bizarren Reigen. Mal waren sie dunkel, mal verzerrten sie sich zu hellen Gestalten mit großen Augen, und schließlich zerflossen sie wieder.
Aber da war doch eine ständige und fließende Bewegung, die sich nicht in Luft auflöste. Das Ding schien mitunter über dem Wasser zu schweben, doch es näherte sich langsam und wanderte zur Flußmitte hin, bis die Konturen deutlicher zu erkennen waren.
„Eine Jolle“, sagte Carberry schließlich. „Einwandfrei eine Jolle. Das Ding scheint Flügel an den Seiten zu haben.“
So sah es tatsächlich aus. Die Jolle war zu erkennen, nur die Gestalten darin nicht. An beiden Seiten drehte sich etwas, das wie kleine Windmühlenflügel aussah. Der Nebel schuf diese seltsame Form, die sich ständig um ihre Achse zu drehen schien.
Das Boot wurde weiter flußabwärts gepullt. Dann beschrieb es einen Bogen zum diesseitigen Ufer und näherte sich etwas schneller.
„Zwei Mann“, flüsterte Jan Ranse.
Carberry bemerkte die beiden Gestalten jetzt ebenfalls.
Einmal verschwanden sie wieder in einer Nebelwolke und wurden vorübergehend unsichtbar. Als sie wieder auftauchten, hatten sie sich um ein beträchtliches Stück der Bucht genähert.
„Na dann“, raunte der Profos und rieb sich die Pranken.
8.
Zwei Kerle waren es, wie jetzt einwandfrei für die beiden Beobachter feststand. Sie ließen sich ein Stück in der Jolle ganz dicht am Ufer entlangtreiben, drehten alle Augenblicke die Köpfe und hielten Ausschau nach einer Buchteinfahrt.
Jan Ranse und Edwin Carberry rührten sich nicht mehr. Die Jolle war bis fast auf zehn Yards heran, als sie zum erstenmal Stimmen hörten. Sie klangen sehr gedämpft, waren aber in Wassernähe gut zu hören.
„Dort vorn ist die Bucht, Stan“, sagte der eine. „Nicht mehr pullen, wir lassen uns treiben.“
„Engländer“, hauchte der Profos. „Rübenschweine von Ruthland, diesem räudigen Bastard.“
Die Jolle war jetzt fast auf gleicher Höhe mit ihnen. Die Gesichter konnte man nicht erkennen, dazu war es zu dunkel.
Vor dem Verhau legten sie lautlos am Ufer an. Der eine verließ die Jolle und sprang an Land. Dann ging er ein paar Schritte und linste vorsichtig hinter dem Palmenstamm in die Bucht.
„Das ist sie“, sagte er zu seinem Kumpan. „Kein Zweifel, Stan.“
„Können wir zu Fuß weiter?“ fragte der andere.
„Nein, hier ist alles glitschig und modrig. Ich kann mich kaum auf den Beinen halten.“
„Bist du sicher, daß wir hier richtig sind?“
„Klar, Jonny, kein Zweifel.“
„Dann komm zurück, wir pullen langsam weiter. Kannst du Licht sehen oder etwas hören?“
„Nein, noch nicht. Die Bucht ist ziemlich groß. Oh, verdammt!“
Es krachte leise. Der Kerl war ausgerutscht, wie der Profos erkannte. Er rappelte sich gerade wieder auf.
„Was ist los?“
„Bin nur ausgerutscht.“
Carberry langte blitzschnell von der Jolle aus zu. Dieser Stan war nur noch eine Armeslänge entfernt und würde gleich im Wasser landen, wenn er sich noch einen Schritt weiter bewegte.
Der Profos schlug nur einmal zu, und zwar mit seinem berüchtigten Profoshammer, der einen Ochsen gefällt hätte. Stan landete bewußtlos vor der Wasserrinne und blieb liegen. Es krachte erneut, aber der Untergrund dämpfte den Fall.
Jonny