Ausgewählte Schriften zur Geschichtsphilosophie, Ethik und Politik. Immanuel Kant

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Ausgewählte Schriften zur Geschichtsphilosophie, Ethik und Politik - Immanuel Kant


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der Erdbau als ein Erklärungsgrund der Verschiedenheit der Völkergeschichte aufgeführt. "Asien ist so zusammenhängend an Sitten und Gebräuchen, als es dem Boden nach in einem fortgestreckt ist; das kleine Rothe Meer scheidet dagegen schon die Sitten, der kleine persische Meerbusen noch mehr; aber die vielen Seen, Gebirge und Flüsse von Amerika und das feste Land hatten nicht ohne Grund so große Ausbreitung im gemäßigten Himmelsstriche, und das Bauwerk des alten Continents ist mit Absicht auf den ersten Wohnsitz der Menschen anders als in der neuen Welt von der Natur eingerichtet worden." Das zweite Buch beschäftigt sich mit den Organisationen auf der Erde und fängt von dem Granit an, auf den Licht, Wärme, eine grobe Luft und Wasser wirkten und vielleicht den Kiesel zur Kalkerde beförderten, in der sich die ersten Lebendigen des Meeres, die Schalengeschöpfe, bildeten. Die Vegetation nimmt ferner ihren Anfang. Vergleichung der Ausbildung des Menschen mit der der Pflanzen und der Geschlechtsliebe des erstern mit dem Blühen der letztern. Nutzen des Pflanzenreichs in Ansehung des Menschen. Thierreich. Veränderung der Thiere und des Menschen nach den Klimaten. Die der alten Welt sind unvollkommen. "Die Classen der Geschöpfe erweitern sich, je mehr sie sich vom Menschen entfernen, je näher ihm, desto weniger werden ihrer. - In allen ist eine Hauptform, ein ähnlicher Knochenbau. - Diese Übergänge machen es nicht unwahrscheinlich, daß in den Seegeschöpfen, Pflanzen, ja vielleicht gar in den Todt genannten Wesen eine und dieselbe Anlage der Organisation, nur unendlich roher und verworrner Herrschen möge. Im Blick des ewigen Wesens, der alles in einem Zusammenhange sieht, hat vielleicht die Gestalt des Eistheilchens, wie es sich erzeugt, und der Schneeflocke, die sich in ihr bildet, noch immer ein analoges Verhältniß mit der Bildung des Embryo im Mutterleibe. - Der Mensch ist ein Mittelgeschöpf unter den Thieren, das ist, die ausgebreiteteste Form, in der sich alle Züge aller Gattungen um ihn her im feinsten Inbegriff sammeln. - Aus Luft und Wasser sehe ich gleichsam die Thiere aus Höhen und Tiefen zu Menschen kommen und Schritt vor Schritt sich seiner Gestalt nähern." Dieses Buch schließt: "Freue dich deines Standes, o Mensch, und studire dich, edles Mittelgeschöpf, in allem, was um dich lebt!"

      Das dritte Buch vergleicht den Bau der Pflanzen und Thiere mit der Organisation der Menschen. Wir können ihm hier, da er die Betrachtungen der Naturbeschreiber zu seiner Absicht nutzt, nicht folgen; nur einige Resultate: "Durch solche und solche Organen erzeugt sich das Geschöpf aus dem todten Pflanzenleben lebendigen Reiz, und aus der Summe dieses, durch feine Canäle geläutert, das Medium der Empfindung. Das Resultat der Reize wird Trieb, das Resultat der Empfindung Gedanke, ein ewiger Fortgang von organischer Schöpfung, der in jedes lebendige Geschöpf gelegt ward." Der Verfasser rechnet nicht auf Keime, sondern eine organische Kraft, so bei Pflanzen als Thieren. Er sagt: "So wie die Pflanze selbst organisch Leben ist, ist auch der Polyp organisch Leben. Es sind daher viele organische Kräfte, die der Vegetation, der Muskelreize, der Empfindung. Je mehr und feinere Nerven, je größer das Gehirn, desto verständiger wird die Gattung. Thierseele ist die Summe aller in einer Organisation wirkenden Kräfte," und der Instinct nicht eine besondere Naturkraft, sondern die Richtung, die die Natur jenen sämmtlichen Kräften durch ihre Temperatur gab. Je mehr das eine organische Principium der Natur, das wir jetzt bildend (im Stein), jetzt treibend (in Pflanzen), jetzt empfindend, jetzt künstlich bauend nennen und im Grunde nur eine und dieselbe organische Kraft ist, in mehr Werkzeuge und verschiedentliche Glieder vertheilt ist, je mehr es in denselben eine eigene Welt hat, - desto mehr verschwindet der Instinct, und ein eigner freier Gebrauch der Sinne und Glieder (wie etwa beim Menschen) fängt an. Endlich kommt der Autor zu dem wesentlichen Naturunterschiede des Menschen. "Der aufrechte Gang des Menschen ist ihm einzig natürlich, ja er ist die Organisation zum ganzen Beruf seiner Gattung und sein unterscheidender Charakter."

      Nicht weil er zur Vernunft bestimmt war, ward ihm zum Gebrauch seiner Gliedmaßen nach der Vernunft die aufrechte Stellung angewiesen, sondern er bekam Vernunft durch die aufrechte Stellung, als die natürliche Wirkung eben derselben Anstalt, die nöthig war, um ihn blos aufrecht gehen zu lassen. "Lasset uns bei diesem heiligen Kunstwerk, der Wohlthat, durch die unser Geschlecht ein Menschengeschlecht ward, mit dankbaren Blicken verweilen, mit Verwunderung, weil wir sehen, welche neue Organisation von Kräften in der aufrechten Gestalt der Menschheit anfange, und wie allein durch sie der Mensch ein Mensch ward!"

      Im vierten Buch führt der Hr. Verf. diesen Punkt weiter aus: "Was fehlt dem menschenähnlichen Geschöpfe (dem Affen), daß er kein Mensch ward," - und wodurch ward dieser es? Durch die Formung des Kopfs zur aufrechten Gestalt, durch innere und äußere Organisation zum perpendiculären Schwerpunkt; - der Affe hat alle Theile des Gehirns, die der Mensch hat; er hat sie aber nach der Gestalt seines Schädels in einer zurückgedrückten Lage, und diese hatte er, weil sein Kopf unter einem andern Winkel geformt und er nicht zum aufrechten Gange gemacht war. Sofort wirkten alle organische Kräfte anders, - "blick also gen Himmel, o Mensch, und erfreue dich schaudernd deines unermeßlichen Vorzugs, den der Schöpfer der Welt an ein so einfaches Principium, deine aufrechte Gestalt, knüpfte. - Über die Erde und Kräuter erhoben, herrscht der Geruch nicht mehr, sondern das Auge. - Mit dem aufgerichteten Gange wurde der Mensch ein Kunstgeschöpf, er bekam freie und künstliche Hände, - nur im aufrechten Gange findet wahre menschliche Sprache statt. - Theoretisch und praktisch ist Vernunft nichts als etwas Vernommenes, gelernte Proportion und Richtung der Ideen und Kräfte, zu welcher der Mensch nach seiner Organisation und Lebensweise gebildet worden." Und nun Freiheit. "Der Mensch ist der erste Freigelassene der Schöpfung, er steht aufrecht." Die Scham: "Sie mußte sich bei aufrechter Gestalt bald entwickeln." Seine Natur ist keiner sonderlichen Varietät unterworfen. "Wodurch dieses? Durch seine aufrechte Gestalt, durch nichts anders. - Er ist zur Humanität gebildet; Friedlichkeit, Geschlechtsliebe, Sympathie, Mutterliebe, eine Sprosse der Humanität seiner aufgerichteten Bildung - die Regel der Gerechtigkeit und Wahrheit gründet sich auf die aufrechte Gestalt des Menschen selbst, diese bildet ihn auch zur Wohlanständigkeit; Religion ist die höchste Humanität. Das gebückte Thier empfindet dunkel; den Menschen erhob Gott, daß er, selbst ohne daß er es wei und will, Ursachen der Dinge nachspähe und dich finde, du großer Zusammenhang aller Dinge. Religion aber bringt Hoffnung und Glaube an Unsterblichkeit hervor." Von dieser letztern redet das fünfte Buch. "Vom Stein zu Krystallen, von diesen zu Metallen, von diesen zur Pflanzenschöpfung, von da zum Thier, endlich zum Menschen sahen wir die Form der Organisation steigen, mit ihr auch die Kräfte und Triebe des Geschöpfs vielartiger werden und sich endlich alle in der Gestalt des Menschen, so fern diese sie fassen konnte, vereinigen. -"

      "Durch diese Reihe von Wesen bemerkten wir eine Ähnlichkeit der Hauptform, die sich immer mehr der Menschengestalt nahete - eben so sahen wir auch die Kräfte und Triebe sich ihm nähern. - Bei jedem Geschöpf war nach dem Zweck der Natur, den es zu befördern hatte, auch seine Lebensdauer eingerichtet. - Je organisirter ein Geschöpf ist, desto mehr ist sein Bau zusammengesetzt aus den niedrigen Reichen. Der Mensch ist ein Compendium der Welt: Kalk, Erde, Salze, Säuren, Öl und Wasser, Kräfte der Vegetation, der Reize, der Empfindung sind in ihm organisch vereinigt. - Hiedurch werden wir darauf gestoßen, auch ein unsichtbares Reich der Kräfte anzunehmen, das in eben demselben genauen Zusammenhange und Übergange steht, und eine aufsteigende Reihe von unsichtbaren Kräften, wie im sichtbaren Reiche der Schöpfung. - Dieses thut alles für die Unsterblichkeit der Seele und nicht diese allein, sondern für die Fortdauer aller wirkenden und lebendigen Kräfte der Weltschöpfung. Kraft kann nicht untergehen, das Werkzeug kann wohl zerrüttet werden. Was der Allbelebende ins Leben rief, das lebet; was wirkt, wirkt in seinem ewigen Zusammenhange ewig." Diese Principien werden nicht auseinander gesetzt, "weil hie dazu der Ort nicht ist." Indessen "sehen wir in der Materie so viel geistähnliche Kräfte, daß ein völliger Gegensatz und Widerspruch dieser beiden allerdings sehr verschiedenen Wesen, des Geistes und der Materie, wo nicht selbst widersprechend, doch wenigstens ganz unerwiesen scheint." - "Präformirte Keime hat kein Auge gesehen. Wenn man von einer Epigenesis redet, so spricht man uneigentlich, als ob die Glieder von außen zuwüchsen. Bildung (genesis) ists, eine Wirkung innerer Kräfte, denen die Natur eine Masse vorbereitet hatte, die sie sich zubilden, in der sie sich sichtbar machen sollten. Nicht unsere vernünftige Seele ists, die den Leib bildete, sondern der Finger der Gottheit, organische Kraft." Nun heißt es: "1. Kraft und Organ sind zwar innigst verbunden, nicht aber eins und eben dasselbe. 2. Jede Kraft wirkt ihrem Organ harmonisch, denn sie hat sich dasselbe zur Offenbarung ihres Wesens nur zugebildet und sich assimilirt. 3. Wenn die Hülle wegfällt, so bleibt die Kraft, die voraus, obwohl in einem niedrigen Zustande und ebenfalls


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