Ausgewählte Schriften zur Geschichtsphilosophie, Ethik und Politik. Immanuel Kant

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Ausgewählte Schriften zur Geschichtsphilosophie, Ethik und Politik - Immanuel Kant


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der Materie, des Reizes, der Bewegung, des Lebens ursprünglich einerlei sei und nur auf einer höhern Stufe, in einer ausgebildetern feinern Organisation wirke; hat man denn je auch nur eine Kraft der Bewegung und des Reizes untergehen sehen, und sind diese niedern Kräfte mit ihren Organen eins und dasselbe?" Von dem Zusammenhange desselben heißt es, daß er nur Fortschreitung sein könne. Das Menschengeschlecht kann man als den großen Zusammenfluß niederer organischen Kräfte ansehen, die in ihm zur Bildung der Humanität keimen sollten."

      Daß die Menschen=Organisation in einem Reiche geistiger Kräfte geschehe, wird so gezeigt: "Der Gedanke ist ganz ein ander Ding, als was ihr der Sinn zuführt; alle Erfahrungen über ihren Ursprung sind Beläge von Wirkung eines zwar organischen, aber dennoch eigenmächtigen, nach Gesetzen geistiger Verbindung wirkenden Wesens. 2. Wie der Leib durch Speise zunimmt, so der Geist durch Ideen; ja wir bemerken bei ihm eben die Gesetze der Assimilation, des Wachsthums und der Hervorbringung. Kurz es wird in uns ein innerer geistiger Mensch gebildet, der seiner eigenen Natur ist und den Körper nur als Werkzeug braucht. - Das hellere Bewußtsein, dieser große Vorzug der menschlichen Seele, ist derselben auf eine geistige Weise durch die Humanität erst zugebildet worden etc." mit einem Worte, wenn wir es recht verstehen: die Seele ist aus geistigen nach und nach hinzu kommenden Kräften allererst geworden. - "Unsere Humanität ist nur Vorübung, die Knospe zu einer zukünftigen Blume. Die Natur wirft Schritt vor Schritt das Unedle weg, bauet dagegen das Geistige an, führet das Feine noch feiner aus, und so können wir von ihrer Künstlerhand hoffen, daß auch unsere Knospe der Humanität in jenem Dasein in ihrer eigentlichen, wahren, göttlichen Menschengestalt erscheinen werde."

      Den Beschluß macht der Satz: "Der jetzige Zustand des Menschen ist wahrscheinlich das verbindende Mittelglied zweier Welten. - Wenn der Mensch die Kette der Erdorganisationen als ihr höchstes und letztes Glied schließt, so fängt er auch eben dadurch die Kette einer höhern Gattung von Geschöpfen als ihr niedrigstes Glied an, und so ist er wahrscheinlich der Mittelring zwischen zwei in einander greifenden Systemen der Schöpfung. - Er stellet uns zwei Welten auf einmal dar, und das macht die anscheinende Duplicität seines Wesens. - Das Leben ist ein Kampf und die Blume der reinen, unsterblichen Humanität eine schwer errungene Krone. - Unsere Brüder der höhern Stufe lieben uns daher gewiß mehr, als wir sie suchen und lieben können; denn sie sehen unsern Zustand klärer, - und sie erziehen an uns vielleicht ihres Glücks Theilnehmer. Es läßt sich nicht wohl vorstellen: daß der künftige Zustand dem jetzigen so ganz unmittheilbar sein sollte, als das Thier im Menschen gern glauben möchte, - so scheint ohne höhere Anleitung die Sprache und erste Wissenschaft unerklärlich. - Auch in spätern Zeiten sind die größten Wirkungen auf der Erde durch unerklärliche Umstände entstanden, - selbst Krankheiten waren oft Werkzeuge dazu, wenn das Organ für den gewöhnlichen Kreis des Erdlebens unbrauchbar geworden; so daß es natürlich scheint, daß die innere rastlose Kraft vielleicht Eindrücke empfange, deren eine ungestörte Organisation nicht fähig war. - Doch soll der Mensch sich nicht in seinen künftigen Zustand hineinschauen, sondern sich hineinglauben." (Wie aber, wenn er einmal glaubt, daß er sich hineinschauen könne, kann man ihm verwehren, daß er nicht bisweilen von diesem Vermögen Gebrauch zu machen suche?) - "So viel ist gewiß, daß in jeder seiner Kräfte eine Unendlichkeit liegt; auch die Kräfte des Weltalls scheinen in der Seele verborgen, und sie bedarf nur einer Organisation, oder einer Reihe von Organisationen, diese in Thätigkeit und Übung setzen zu dürfen. - Wie also die Blume da stand und in aufgerichteter Gestalt das Reich der unterirdischen, noch unbelebten Schöpfung schloß, - so steht über allen zur Erde Gebückten (Thieren) der Mensch wieder aufrecht da. Mit erhabenem Blick und aufgehobenen Händen stehet er da, als ein Sohn des Hauses den Ruf seines Vaters erwartend."

      Beilage.

      Die Idee und Endabsicht dieses ersten Theils (eines, wie es der Anschein giebt, auf viele Bände angelegten Werks) besteht in folgendem. Es soll mit Vermeidung aller metaphysischen Untersuchungen die geistige Natur der menschlichen Seele, ihre Beharrlichkeit und Fortschritte in der Vollkommenheit aus der Analogie mit den Naturbildungen der Materie vornehmlich in ihrer Organisation bewiesen werden. Zu diesem Behuf werden geistige Kräfte, zu welchen Materie nur den Bauzeug ausmacht, ein gewisses unsichtbares Reich der Schöpfung, angenommen, welches die belebende Kraft enthalte, die alles organisirt, und zwar so, daß das Schema der Vollkommenheit dieser Organisation der Mensch sei, welchem sich alle Erdgeschöpfe von der niedrigsten Stufe an nähern, bis endlich durch nichts als diese vollendete Organisation, deren Bedingung vornehmlich der aufrechte Gang des Thiers sei, der Mensch ward, dessen Tod nimmermehr den schon vorher umständlich an allen Arten von Geschöpfen gezeigten Fortgang und Steigerung der Organisationen endigen könne, sondern vielmehr einen Überschritt der Natur zu noch mehr verfeinerten Operationen erwarten lasse, um ihn dadurch zu künftigen noch höhern Stufen des Lebens und so fortan ins Unendliche zu fördern und zu erheben. Recensent muß gestehen: daß er diese Schlußfolge aus der Analogie der Natur, wenn er gleich jene continuirliche Gradation ihrer Geschöpfe sammt der Regel derselben, nämlich der Annäherung zum Menschen, einräumen wollte, doch nicht einsehe. Denn es sind da verschiedene Wesen, welche die mancherlei Stufen der immer vollkommneren Organisation besetzen. Also würde nach einer solchen Analogie nur geschlossen werden können: daß irgend anderswo, etwa in einem andern Planeten, wiederum Geschöpfe sein dürften, die die nächst höhere Stufe der Organisation über den Menschen behaupteten, nicht aber daß dasselbe Individuum hiezu gelange. Bei den aus Maden oder Raupen sich entwickelnden fliegenden Thierchen ist hier eine ganz eigene und von dem gewöhnlichen Verfahren der Natur verschiedene Anstalt, und doch auch da folgt die Palingenesie nicht auf den Tod, sondern nur auf den Puppenzustand. Dagegen hier gewiesen werden müßte: daß die Natur Thiere selbst nach ihrer Verwesung oder Verbrennung aus ihrer Asche in specifisch vollkommenerer Organisation aufsteigen lasse, damit man nach der Analogie dieses auch vom Menschen, der hier in Asche verwandelt wird, schließen könne. Es ist also zwischen der Stufenerhebung eben desselben Menschen zu einer vollkommneren Organisation in einem andern Leben und der Stufenleiter, welche man sich unter ganz verschiedenen Arten und Individuen eines Naturreichs denken mag, nicht die mindeste Ähnlichkeit. Hier läßt uns die Natur nichts anders sehen, als daß sie die Individuen der völligen Zerstörung überlasse und nur die Art erhalte; dort aber verlangt man zu wissen, ob auch das Individuum vom Menschen seine Zerstörung hier auf Erden überleben werde, welches vielleicht aus moralischen, oder, wenn man will, metaphysischen Gründen, niemals aber nach irgend einer Analogie der sichtbaren Erzeugung geschlossen werden kann. Was nun aber jenes unsichtbare Reich wirksamer und selbstständiger Kräfte anlangt, so ist nicht wohl abzusehen, warum der Verfasser, nachdem er geglaubt hat aus den organischen Erzeugungen auf dessen Existenz sicher schließen zu können, nicht lieber das denkende Princip im Menschen dahin unmittelbar, als blos geistige Natur, übergehen ließ, ohne solches durch das Bauwerk der Organisation aus dem Chaos herauszuheben; es müßte denn sein, daß er diese geistigen Kräfte für ganz etwas anders als die menschliche Seele hielt und diese nicht als besondere Substanz, sondern blos als Effect einer auf Materie einwirkenden und sie belebenden unsichtbaren allgemeinen Natur ansähe, welche Meinung wir doch ihm beizulegen billig Bedenken tragen. Allein was soll man überhaupt von der Hypothese unsichtbarer, die Organisation bewirkender Kräfte, mithin von dem Anschlage, das, was man nicht begreift, aus demjenigen erklären zu wollen, was man noch weniger begreift, denken? Von jenem können wir doch wenigstens die Gesetze durch Erfahrung kennen lernen, obgleich freilich die Ursachen derselben unbekannt bleiben; von diesem ist uns sogar alle Erfahrung benommen, und was kann der Philosoph nun hier zur Rechtfertigung seines Vorgebens anführen, als die bloße Verzweifelung den Aufschluß in irgend einer Kenntniß der Natur zu finden und den abgedrungenen Entschluß sie im fruchtbaren Felde der Dichtungskraft zu suchen? Auch ist dieses immer Metaphysik, ja sogar sehr dogmatische, so sehr sie auch unser Schriftsteller, weil es die Mode so will, von sich ablehnt.

      Was indessen die Stufenleiter der Organisationen betrifft, so darf man es ihm nicht so sehr zum Vorwurf anrechnen, wenn sie zu seiner weit über diese Welt hinausreichenden Absicht nicht hat zulangen wollen; denn ihr Gebrauch in Ansehung der Naturreiche hier auf Erden führt eben sowohl auf nichts. Die Kleinheit der Unterschiede, wenn man die Gattungen ihrer Ähnlichkeit nach an einander paßt, ist bei so großer Mannigfaltigkeit eine nothwendige Folge eben dieser Mannigfaltigkeit. Nur eine Verwandtschaft unter ihnen, da entweder eine Gattung aus der andern und alle aus einer einzigen


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