Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter
Читать онлайн книгу.war keine Basis für ein gemeinsames Leben, das war ihm schnell klar geworden. Susanne dagegen, die er gerade erst kennengelernt hatte, strahlte etwas aus, was ihn magisch anzog, es war ein Gefühl von Wärme und Zuneigung, das er so noch nie empfunden hatte.
»Susanne«, flüsterte er, als er sie vor sich sah, die zarte Gestalt, die pfirsichfarbene Haut, die hellen braunen Augen. Wie sehr ich mich nach dir sehne, dachte er.
*
Als er am nächsten Morgen früher als gewöhnlich seine Wohnung verließ, um seinen Mitarbeitern in der Brauerei Susanne vorzustellen, lag Veronika noch auf dem Sofa. Sie hatte sich in eine Decke gehüllt und schien tief und fest zu schlafen. Er hoffte, dass sie nicht auf weitere Auseinandersetzungen aus war.
»Wer ruft denn so früh an?«, murmelte sie, kurz nachdem Leonhard die Wohnung verlassen hatte. Verschlafen angelte sie nach dem Telefon, das in der Ladestation auf dem kleinen Tisch neben dem Sofa stand. »Hallo?«, meldete sie sich. »Herr Schneider, wie geht es denn? Glückwunsch, ist es schön dort in Neuseeland?«, fragte sie Leonhards ehemaligen Imker, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. »Ja, wir sind wieder zusammen«, versicherte sie ihm. »Was haben Sie vergessen? Hallo? Die Verbindung ist sehr schlecht, Herr Schneider. Wo sind Sie? In den Bergen? Was ist mit Biene Maja? Ich kann sie wirklich kaum verstehen, Herr Schneider. Ja, gut, ich richte es ihm aus. Der Code für das Schloss des Honiglagers lautet Biene Maja. Alles Gute für Sie«, sagte sie und legte auf. »Biene Maja, wie originell«, murmelte sie, gähnte ein paar Mal, drehte sich auf die Seite und schlief wieder ein.
Erst als die Kirchturmuhr im Dorf zwölf schlug, stand sie auf. Für den Plan, den sie sich zurechtgelegt hatte, nachdem Elvira Draxler ihr von dieser Imkerin erzählt hatte, für die sich Leonhard interessierte, war es vielleicht schon ein bisschen spät. »Ach was, warum denn? Gearbeitet wird den ganzen Tag«, sagte sie und streckte sich noch einmal genüsslich, bevor sie ins Badezimmer ging.
Eine halbe Stunde später betrat sie das Vorzimmer zu Leonhards Büro. Das Licht, das durch die hohen Fenster hereinfiel, ließ den schmalen Raum um einiges größer erscheinen als er tatsächlich war.
»Grüß Gott, Frau Luchter, wo finde ich denn den Chef?«, fragte sie und sah die ältere Frau in dem eleganten Kostüm, die dort hinter ihrem Schreibtisch saß, betont freundlich an.
»Frau Mittermeyer, welch eine Freude, Sie zu sehen«, antwortete Martha Luchter, Leonhards Sekretärin, und klappte die Unterschriftenmappe zu, die sie gerade für Leonhard vorbereitet hatte. »Herr Schwartz ist in der Imkerei«, sagte sie.
»Ich habe vor, in der Brauerei mal ein bisschen mit anzupacken. Ich denke, ich sollte über den Ablauf im Betrieb informiert sein«, erklärte Veronika, als sie Frau Luchters verwunderten Blick bemerkte, der der dunkelroten Latzhose galt, die sie trug. »Bis später, Frau Luchter«, sagte Veronika und machte sich auf den Weg zur Imkerei.
»Möge dieser Einsatz bitte keinen Erfolg haben«, flüsterte Frau Luchter, als sie wieder allein war. Niemand in der Brauerei wünschte sich Veronika Mittermeyer als Chefin, alle waren froh gewesen, als Leonhard sich von ihr getrennt hatte, aber wie es aussah, begann die Geschichte wohl wieder von vorn.
Susanne stellte die Honigschleudern an, nachdem sie sie mit Waben befüllt hatte. Sie zog den weißen Kittel aus, den sie bei dieser Arbeit über ihre Jeans und die helle Bluse gezogen hatte, und ging ins Honiglager, um sich einen Überblick über die Vorräte zu verschaffen.
Sie hatte sich sehr über die herzliche Begrüßung gefreut, mit der Leonhards Angestellte sie empfangen hatten, als er am Morgen alle zusammenrief, um ihnen die neue Imkerin vorzustellen. Auch den Vertrag, den Frau Luchter ihr inzwischen gebracht hatte, konnte sie ohne weitere Verhandlungen unterschreiben. Wie es aussah, hatte ihr die Begegnung mit Leonhard bisher nur Glück gebracht, wobei das größte Glück für sie Leonhard selbst war.
»Wie hast du den ersten Vormittag bei uns überstanden?«, erkundigte er sich, als er ins Honiglager kam, während sie die Bestandsliste ihres Vorgängers überprüfte.
»Ich könnte mir vorstellen, länger zu bleiben.«
»Das will ich hoffen.«
»Wir sollten noch einmal über die Honigbrote sprechen«, sagte sie, als er ihr den Stift und den Block aus der Hand nahm, beides in ein Regal legte und seine Arme um sie schlang.
»Ich habe dich vermisst«, sagte er.
»Wenn uns jemand sieht«, flüsterte sie.
»Das macht nichts, ich bin doch hier der Chef«, antwortete er mit einem charmanten Lächeln, beugte sich über sie und küsste sie.
Offensichtlich weiß er längst von Biene Maja, dachte Veronika, als sie die Imkerei erreichte und die Tür zum Honiglager offenstand. Gut gelaunt ging sie weiter und schaute zunächst durch das kleine vergitterte Fenster, um sicher zu gehen, dass Leonhard allein war, weil sie ihn mit einer leidenschaftlichen Umarmung überraschen wollte. Entsetzt wandte sie sich sofort wieder ab, als sie sah, was dort vor sich ging. Leonhard hielt eine Frau im Arm, und die beiden küssten sich.
»Das ist also diese Imkerin«, flüsterte sie und lehnte sich an die Hauswand neben das Fenster. »So eine Schlange«, fluchte sie leise, während sie versuchte, ihre Wut in den Griff zu bekommen.
»Was genau wolltest du denn mit mir wegen des Honigbrotes besprechen?«, hörte sie Leonhard kurz darauf zärtlich fragen.
»Ich dachte, wenn wir es am Freitag backen, dann sollten wir es über Nacht hier lagern, dann bleibt es frisch.«
»Sicher, das können wir tun.«
»Aber wir müssten es am Freitagnachmittag backen, damit es auskühlen kann, bevor wir es in Folie verpacken und mit den Aufklebern versehen. Hast du die Aufkleber eigentlich schon bestellt?«
»Ich dachte, wir nehmen die gleichen, die wir auch für unsere Honiggläser und das Honigbier benutzen. Dann bringen die Kunden Hannis Honigbrot gleich mit unserer Brauerei in Verbindung. Ich werde aber noch hübsche Kartons besorgen, um das Brot nach dem Rezept von Hanni Schwartz ordentlich zu präsentieren. Ich hoffe nur, dass ich nicht vergessen werde, die Brote zu verpacken. Der Vater unseres Schankmeisters feiert am Freitag seinen 80. Geburtstag. Ich habe ihm zugesichert, dass er frei haben kann und ich ihn vertrete.«
»Ich kann mich doch um das Einpacken der Brote kümmern«, schlug Susanne vor.
»Das würdest du tun?«
»Aber ja, wenn du am Vorabend deines Jubiläums für den Schankmeister einspringst, dann werde ich dich sicher nicht hängen lassen.«
»Danke.«
»Mach dir keine unnötigen Sorgen, alle in der Brauerei geben ihr Bestes, damit das Fest gelingt.«
»Das weiß ich, es ist schön, dass du auch dazu gehörst.«
Das ist unerträglich, dachte Veronika, die noch einmal einen Blick in das Honiglager warf und sah, dass die beiden sich erneut küssten. Wütend wandte sie sich zur Seite und warf ihren Kopf zurück. Im selben Moment verspürte sie einen stechenden Schmerz am Hinterkopf.
Das ist Blut, dachte sie, als sie einen Schritt nach vorn trat und ihren Kopf betastete. Als sie sich umdrehte, um nachzusehen, woran sie sich verletzt hatte, sah sie den bronzefarbenen Haken in der Wand, an dem früher einmal ein Rankgitter befestigt war.
»Du solltest eine Pause machen und etwas essen gehen«, hörte sie Leonhard gleich darauf sagen.
Er darf mich nicht hier sehen, dachte sie und stürmte davon. Sie wollte sich nicht der Peinlichkeit aussetzen, von Leonhard beim Lauschen erwischt zu werden. Ruhig atmen, dachte sie, als sie sich gerade noch rechtzeitig auf den Steg rettete, der die Brauerei und die Imkerei verband, bevor die beiden aus dem Lager kamen.
»Hallo!«, rief sie, als Leonhard ausgerechnet in ihre Richtung schaute und sie gleich entdeckte. Um das Gesicht zu wahren, tat sie so, als sei sie erst auf dem Weg zur Imkerei und ging auf die beiden zu.
»Was hast du denn vor?«, fragte Leonhard und schaute auf die rote Latzhose.
»Ich