Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter
Читать онлайн книгу.Er sorgte dafür, dass die Leute, die für den Bühnenaufbau zuständig waren, und die Tontechniker sich nicht in die Quere kamen.
»Klappt das mit der Probe übermorgen?«, erkundigte sich Ela.
»Kein Problem, der Bus mit der Musikanlage trifft morgen Nachmittag ein.« Rudi nahm die Baseballmütze ab, fuhr mit der Hand über sein streichholzkurzes Haar und setzte die Mütze wieder auf.
»Sibylle wollte unbedingt, dass ich nachfrage.«
»Sie erinnert uns eben gern daran, dass sie das Sagen hat.«
»Ja, immer und überall«, stimmte Ela Rudi zu und verabschiedete sich mit einem freundlichen Lächeln.
»Was ist? Du siehst aus, als wäre dir eine mächtige Laus über die Leber gelaufen.«
»Belauscht du mich, Otto?«, fragte Rudi und fuhr herum.
»Ich habe nur rein zufällig mitgehört«, antwortete der junge Mann, der den gleichen Overall wie Rudi trug und mit zwei riesigen Schraubenziehern in der Hand hinter einem Stapel Bretter hervorkam.
»Die Mangold schikaniert das Mädchen«, sagte Rudi.
»Sie schikaniert uns alle.«
»Aber wir müssen sie nicht ständig in unserer Nähe aushalten.«
»Stimmt, glücklicherweise macht sie sich nicht gern die Finger schmutzig, außerdem arbeiten wir für Florian und der respektiert uns.«
»Und Ela liebt er.«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Weil ich lange genug dabei bin und den Boss kenne.«
»Wenn es wirklich so ist, dann wird das der Mangold nicht gefallen.«
»Sicher nicht, sie ist ja selbst hinter ihm her.«
»Echt jetzt?«
»Oh Mann, offensichtlich bin ich hier der einzige, der weiß, was wirklich abgeht. Egal, weiter geht‘s«, erklärte Rudi und klopfte Otto freundlich auf die Schulter.
Als Ela wieder ins Hotel zurückkehrte, wollte sie zuerst Sibylle anrufen und ihr von dem Interviewtermin erzählen, den sie Emilia Seefeld zugesagt hatte, aber dann entschied sie sich, Florian persönlich zu fragen. Was seine Interviews betraf, bestand er ohnehin auf ein Mitspracherecht.
»Hallo, Florian, hier ist Ela«, meldete sie sich, nachdem sie seine Handynummer gewählt hatte und er das Gespräch annahm.
»Hallo, Ela, was kann ich für dich tun?«
»Du könntest einem Interview für eine Schülerzeitung zustimmen. Ehrlich gesagt, ich habe dem Mädchen bereits zugesagt.«
»Einfach so über meinen Kopf hinweg?«, fragte Florian.
»Ja, einfach so, ich habe es nicht einmal mit Sibylle abgesprochen«, entgegnete Ela, weil sie an seiner Stimme erkannte, dass er ihr keinen Vorwurf machte, sondern sie nur ein wenig necken wollte.
»Du kennst meinen Zeitplan ebenso gut wie sie, du hast mich gefragt, ich stimme zu. Sage mir einfach, wann es stattfindet, und ich werde da sein.«
»Danke, Florian.«
»Kein Problem. Wie ist es denn so in Bergmoosbach?«
»Es wird dir hier gefallen.«
»Ich wollte aber wissen, ob es dir dort gefällt.«
»Ja, Florian, es gefällt mir, sogar sehr.«
»Wir sehen uns dann morgen.«
»Bis dahin«, sagte Ela und beendete das Gespräch.
Mit dem Telefon in der Hand legte sie sich aufs Bett und schaute auf die mächtigen Berge am Horizont. Es wird alles gut werden, dachte sie. Vielleicht würde sie Florian irgendwann auch von seinem Kind erzählen. Die Entscheidung darüber, wann das sein würde, wollte sie dem Schicksal überlassen.
*
»Ist das Essen fertig, Traudel?«, fragte Emilia, als sie am nächsten Tag von der Schule nach Hause kam und in die große helle Landhausküche der Seefelds stürmte, nachdem sie ihren Rucksack mit den Schulsachen in der Diele in die Ecke gefeuert hatte.
»Ein bissel Geduld musst du schon noch haben, Liebes«, entgegnete Traudel Bruckner, die gute Seele im Haus der Seefelds, die eine Schüssel mit Gurkensalat vor sich stehen hatte und eine Salatsauce mit Joghurt und Kräutern anrührte. »Hast du etwas vor?«, fragte sie, strich mit dem Arm die grauen Löckchen aus dem Gesicht und schaute Emilia mit ihren rehbraunen Augen liebevoll an.
»Und ob ich etwas vorhabe.«
»Und das wäre?«, fragte Traudel.
»Gleich, ich gehe mir schnell die Hände waschen.«
»Das muss ja etwas ganz Wichtiges sein, Spatzl«, murmelte Traudel und lächelte in sich hinein. Die Liebe, die sie Sebastian geschenkt hatte, als seine Mutter bei seiner Geburt starb und Benedikt sie ins Haus holte, ließ sie für Emilia empfinden, als sei sie ihr Enkelkind. Darin sah sie auch nichts Unrechtes. Carla, Sebastians Mutter, war ihre Cousine gewesen, sie waren eine Familie und sie gab ihr Bestes, um diese Leere, die Carla hinterlassen hatte, mit ihrer Liebe zu füllen.
»Was ist? Warum siehst du mich so an?«, fragte Emilia, die sich auf einen der braunen Lederstühle fallen ließ, die an dem großen rustikalen Tisch in der Mitte des Raumes standen.
»Du erinnerst mich an deine Großmutter«, sagte Traudel.
»Inwiefern?«
»Als Carla in deinem Alter war, da war sie auch ständig unterwegs und konnte sich für alles begeistern.«
»Und du warst mehr die Verschlossene?«
»Leider«, seufzte Traudel und stellte die Salatschüssel auf den Tisch.
»Warum leider?«, hakte Emilia nach.
»Weil es spannender ist, die Dinge zu erleben, als nur von ihnen zu träumen.«
»Du möchtest mal etwas tun, was du noch nie getan hast?«, fragte Emilia und betrachtete Traudel mit einem spitzbübischen Lächeln.
»Zu gern«, erklärte Traudel.
»Gut, dann begleite mich doch nachher.«
»Wohin?«
»Ich habe einen Interviewtermin mit Florian König.«
»Du hast was?«, fragte Traudel und musste sich erst einmal hinsetzen.
»Ich habe noch nicht darüber gesprochen, weil ich nicht sicher war, ob es klappen würde. Aber Ela hat ihr Wort gehalten, sie hat mich vorhin angerufen und mir gesagt, dass ich das erste Interview bekomme, noch vor Tobias Meier vom Bergmoosbacher Tagblatt.«
»Wer ist Ela?«
»Sie hatte gestern einen kleinen Schwächeanfall vor der Apotheke. Anna und ich haben uns um sie gekümmert. Anna hat sie dann auch zu Papa gebracht.«
»Verstehe, hoffentlich war es nichts Ernstes.«
»Glaube ich nicht, sie sah nach ihrem Besuch bei Papa wieder ganz munter aus. Also was ist, kommst du mit?«
»Du willst mich wirklich mitnehmen?«
»Wohin?«, wollte Benedikt Seefeld wissen, der in schwarzer Hose und grünem Pulli in die Küche kam. Der große sportliche Mann mit dem silbergrauem Haar und den dunklen samtigen Augen sah Traudel gespannt an.
»Das interessiert mich auch«, sagte Sebastian, der nach seinem Vater die Küche betrat und seine weiße Praxiskleidung bereits gegen Jeans und T-Shirt getauscht hatte.
»Traudel und ich werden Florian König treffen«, verkündete Emilia.
»Ihr habt also Kontakt zur High – Society?«, fragte Benedikt und setzte sich auf den Stuhl neben Traudel, während Sebastian neben Emilia Platz nahm.
»Du