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Читать онлайн книгу.Silberladung kriegt er nicht. Was meinst du, Bruder?“
Aloysius sagte nichts. Er stand nur da, beobachtete die saufenden Spanier und grinste über sein scharfes Piratengesicht.
„Zurück“, erklärte Hasard. „Sagen wir es den anderen. Und du bist ganz sicher, Padre, daß in den Kisten Silber ist?“
„Natürlich, ich weiß es genau. Sie haben immer einen Capitán dabei, weil die Ladung so wichtig ist.“
„Das werden wir ihnen versalzen.“
Sie warfen noch einen Blick in die Mulde. Der Capitán tönte groß herum und fing dann wieder an zu grölen. Die Weinflaschen gingen von einem zum anderen, die Kerle soffen weiter und sangen ihre unanständigen Lieder.
„Die werden bald nüchtern werden“, brummte Ed, „nämlich dann, wenn der Heilige Geist über sie kommt.“
In der Höhle wurden sie sofort von den anderen umringt. Hasard erzählte, was sie angetroffen hatten.
„Spanier“, sagte Dan andächtig, „und sie leiten einen Silbertransport. Ist doch herrlich.“
„Nehmt eure Entermesser“, sagte Hasard. „Die beiden Padres und Sten können in der Höhle bleiben. Dann steht es acht gegen acht.“
„Ich soll zurückbleiben?“ fragte Aloysius.
„Es ist besser so, Padre, glaube mir. Du sollst an einem Tag wie heute nicht dein Gewissen belasten müssen. Außerdem wären wir dann in der Überzahl, was unfair wäre.“
„Davon steht aber nichts in der Bibel“, knurrte Aloysius. Doch dann fügte er sich.
Als Hasard sah, daß alle Männer bewaffnet waren, nickte er ihnen kurz zu.
„Leise anpirschen, bis wir dicht vor der Mulde sind. Dann nichts wie mitten zwischen die Dons. Wir werden ihnen erklären, daß die Silberkisten beschlagnahmt seien.“
„Das wird sie aber mächtig jucken“, meinte Ed.
„Sie werden sich wehren, und dann geht es zur Sache.“
Sie verließen die Höhle und schlichen sich wieder an, bis sie die Mulde erreichten.
Die acht Dons soffen immer noch. Wenn eine Flasche leer war, feuerten sie sie unter lautem Gelächter gegen die Felswände oder warfen sie die Schlucht hinunter, die dreihundert Yards steil in die Tiefe führte.
„Vorwärts“, sagte Hasard.
Mit ein paar Sätzen sprangen sie in die Mulde, die Entermesser in den Fäusten.
Die Dons rissen fassungslos die Mäuler auf und starrten sie an, als seien sie soeben vom Himmel gefallen.
„Buschräuber“, lallte der Capitán, „Buschräuber mitten in den Bergen.“ Er konnte es nicht fassen und stierte immer noch.
Na ja, dachte Hasard, ein bißchen nach Buschräubern mochten sie ja aussehen mit den Bartstoppeln im Gesicht und der tiefbraunen Hautfarbe, dazu noch die Entermesser in den Fäusten.
„Die Silberkisten sind beschlagnahmt“, erklärte er kühl. „Oder haben die ehrenwerten Señores etwas dagegen? Wenn ja, dann müssen Sie schon etwas dafür tun, wie es sich für die Wächter eines so wertvollen Transportes gehört.“
Die Spanier glotzten immer noch verblüfft und fassungslos. Der Capitán stierte Hasard perplex an.
„Das Silber wollt ihr?“ schrie er dann.
„Genau das“, erklärte Hasard kalt.
„Hier habt ihr euer Silber, ihr Buschräuber!“
Der Capitán sprang auf und riß seinen Degen hervor. Die sieben Soldaten folgten seinem Beispiel. Zischend fuhr der Degen durch die Luft.
Hasard sprang zurück, um die Kerle aus der Mulde zu locken. Sie stürmten auch sofort brüllend hinterher.
Da langte Carberry schon zu. Ein wilder Hieb fegte einen Don von den Beinen, der sich zweimal überschlug und mit lautem Geschrei in dem tiefen Abgrund verschwand.
Inzwischen hatte Hasard den Capitán so weit vor sich her getrieben, daß er auch dicht vor dem Abgrund stand. Der Kerl fuchtelte wild mit dem Degen und stach immer wieder zu. Aber er kämpfte gegen einen Schatten, der immer wieder auswich.
Dann stürmte der Schatten vor. Im schwachen Mondlicht blitzte einmal der Stahl auf. Der Capitán fiel zurück und verschwand in dem finsteren Abgrund.
Die anderen räumten inzwischen ebenfalls auf. Ribault hatte seinen Gegner erledigt, von Hutten trieb einen anderen Don mit blanken Fäusten in die Finsternis, und dem nächsten fuhr Dans Messer ins Herz. Mel Ferrow, Gary Andrews und Matt Davies kämpften noch, aber dieser Kampf war schon bald entschieden.
Neben der Mulde lagen drei tote Spanier, die fünf anderen hatte die unergründliche Finsternis der Schlucht geschluckt.
„Werft sie in die Schlucht.“
Die Toten wurden in die Schlucht geworfen. Es dauerte lange, bis man das Aufschlagen ihrer Körper hörte. Dreihundert Yards ging es hier in die Tiefe.
„Was tun wir mit dem Silber?“ fragte Dan, „das sind immerhin vierzehn Kisten. Wollen wir die etwa nach Potosi schleppen, oder lassen wir sie hier zurück bis zu unserer Rückkehr?“
„Weder das eine noch das andere. Es geht mir nicht um das Silber“, sagte Hasard. „Es geht mir nur darum, daß die Dons sich nicht daran bereichern, um noch mächtiger zu werden. Für dieses Silber sind vielleicht eine Menge Indios gestorben. Werft den ganzen Krempel mitsamt den Kisten hinterher. Dort mag es bis zum Jüngsten Tag liegen bleiben. Es wird nie wieder einer nach oben holen.“
„Klar, was sollen wir auch damit“, sagte Ed. „Aber da sind noch die sieben Mulis.“
„Die nehmen wir selbstverständlich mit und auch alles das, was sie noch bei sich haben.“
„Hopp auf“, sagte der Profos, „hinunter mit den Särgen.“
Die erste Silberkiste wurde hochgehoben und in die Schlucht geworfen.
Als sie aufprallte, gab es einen berstenden Knall, ein Splittern und Krachen. Die Kiste flog auseinander und verstreute ihren kostbaren Inhalt nach allen Seiten.
Die nächsten Kisten folgten, krachend, zerberstend, laut polternd, als würden ganze Bergzüge einstürzen. Das Echo warf die Geräusche tausendfältig zurück.
Dann war die letzte Kiste an der Reihe. Ein unvorstellbares Vermögen donnerte in die Schlucht und ergoß sich über die toten Spanier.
Die Männer kehrten zurück und nickten den anderen zu. Die sieben Maultiere hatten sie mitgebracht.
„Ich glaube, wir können jetzt doch noch die Weihnachtsgeschichte hören“, sagte Hasard. „Jetzt herrscht hier wieder Ruhe.“
„Und vergiß des heiligen Vaters Öl nicht, Bruder“, sagte Ed. „Du hast es schließlich versprochen.“
„Ich werde daran denken.“
In dieser Nacht saßen sie noch lange beisammen, tranken den würzigen heißen Wein und genossen des heiligen Vaters Öl, das der Pater großzügig spendierte.
Am Morgen brachen sie kurz nach Tagesanbruch auf und warfen einen Blick in die Schlucht. Dort funkelte und gleißte es. Geprägtes und ungeprägtes Silber war nach allen Richtungen verstreut. Es bedeckte die Körper der Männer, die da unten lagen und vermutlich ewig dort unten liegen würden.
Am 27. Dezember war ihr Zielort erreicht. Da stand die Truppe vor Potosi und kampierte in einem verlassenen Stollen auf der Südseite des Cerro Rico.
Die Stadt war von hier aus noch nicht einzusehen, aber sie hatten den Berg erreicht, in dem Blut und Tränen flossen und das Wimmern und Stöhnen der Sklaven zum Alltag gehörte …
ENDE