Seewölfe Paket 23. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.ist sie“, bestätigte Aloysius. „Sie verläuft vom Westen her.“
„Was tun wir, Sir?“ fragte Ed kampflustig. „Den Dons eins auf die Ohren hauen?“
„Zuerst gehen wir in jener Mulde dort in Deckung, damit wir nicht gesehen werden. Dann beratschlagen wir.“
Er warf auch noch einen Blick durchs Spektiv und nickte grimmig.
„Ja, kein Zweifel, es sind Gefangene.“
Die Mulde bot guten Sichtschutz. In aller Eile verbargen sie sich mit den Maultieren darin.
„Ich bin dafür, daß wir die Gefangenen befreien“, sagte Hasard. „Ist jemand anderer Meinung?“
„Ich ganz bestimmt nicht“, versicherte Ed. „Diesen Menschenschindern gehört ordentlich was aufs Maul.“
Die beiden streitbaren Padres waren ebenfalls dafür, und auch die anderen stimmten sofort zu.
„Gut, dann pflocken wir jetzt die Maultiere an und überprüfen unsere Waffen“, sagte der Seewolf. „Einer muß bei den Tieren zurückbleiben. Wer übernimmt das?“
Keiner meldete sich. Der Profos blickte in eine andere Richtung, als könne er mit der Frage niemals gemeint sein.
„Hm, dann lassen wir das Los entscheiden.“
Das Los fiel schließlich auf Gary Andrews, der in der Mulde bei den Tieren zurückbleiben mußte. Die Mulis wurden angepflockt, dann überprüften sie ihre Pistolen und steckten auch die Entermesser ein.
„Wir bleiben immer in Deckung der Mulden“, sagte Hasard. „Also in südöstlicher Richtung. Dort werden wir die Kolonne abfangen.“
Gary Andrews blickte ihnen nach, als sie von Deckung zu Deckung eilten. Er wäre gern mit dabei gewesen, aber das Los hatte nun mal anders entschieden.
6.
Kurz nach Mittag näherte sich der traurige Zug.
Hasard hatte mit seinen Männern zwei Hügel besetzt, zwischen denen der Trampelpfad nach Potosi sichtbar war.
Was sich jetzt da näherte, war ein Zug des Elends, der Angst und der Verzweiflung. Er biß sich auf die Lippen, als er das sah.
Zwölf Soldaten unter einem Teniente begleiteten den traurigen Zug. Sie waren mit Peitschen ausgerüstet, die sie wahllos und äußerst brutal einsetzten. Schon jetzt war das Schreien und Stöhnen Verzweifelter zu hören, die sich unter den unbarmherzigen Schlägen ihrer Peiniger angstvoll duckten.
Hasard zählte zu seinem Entsetzen genau sechzig Indios. Je sechs waren an einen Baumstamm gefesselt, den sie zwischen sich mitschleppen mußten.
Er knirschte mit den Zähnen, als er das sah. Neben ihm schob Carberry sein Rammkinn vor.
„Schweinehunde“, flüsterte er. „Sieh dir nur diese armen Teufel an, Sir. Sie schleppen völlig nutzlos zehn Baumstämme von Arica nach Potosi und werden dafür auch noch geprügelt.“
„Ja, eine raffinierte und höllische Methode der Dons. Damit sind sie sicher, daß keiner der Indios entwischen kann.“
Sie lagen zu fünft auf dem Hügel. Fünf andere Männer befanden sich auf dem gegenüberliegenden Hügel. Die Kolonne mußte genau zwischen den beiden Hügeln hindurch.
Hasard sah verzweifelte, verängstigte Gesichter und dachte an die stolze Familie, deren Obhut sie Fred Finley anvertraut hatten. Es hätten auch die Männer vom Hof dabei sein können.
Er dachte an die Kunstwerke, die die Vorfahren dieser Indios geschaffen hatten, an die alte Kultur, die von Pizarro unbarmherzig und für immer ausgelöscht worden war. Und er dachte an die Frauen und Kinder, die hilflos zurückblieben und zusehen mußten, wie sie mit dem Leben fertig wurden.
Und das alles geschah im Namen Seiner Allerkatholischsten Majestät, damit die Schatullen gefüllt wurden und die Dons weiter Kriege führen konnten, um noch mehr Menschen zu unterjochen und auszubeuten.
Verdammte Bluthunde, dachte er angewidert. Diese gefangenen Indios konnten mit ihrem Leben abschließen. Sie würden auf immer in den Silberminen verschwinden, gepeinigt, geschlagen und entwürdigt.
Der Teniente, der den traurigen Zug führte, schien ein ganz besonderes Früchtchen zu sein, oder er hatte einfach seinen Spaß daran, die wehrlosen Indios zu schlagen.
Die Gefangenen schleppten an ihren schweren Baumstämmen und konnten sich unter der schweren Last nicht schneller bewegen, aber dem Kerl ging das offenbar alles zu langsam. Er ließ die Peitsche durch die Finger gleiten und holte grinsend aus.
Als er zuschlug, wand sich einer der Indios schreiend unter dem wilden Schlag. Seine Haut platzte auf, und er fiel wimmernd auf die Knie. Dabei riß er zwangsläufig die anderen an den Baumstamm gefesselten Männer mit sich.
Jetzt traten die zwölf Soldaten in Aktion. Wie die Irren schwangen sie die Peitschen und schlugen wahllos auf die am Boden liegenden Männer ein, die der Baumstamm fast unter sich begrub.
Ihre Schreie klangen entsetzlich laut und waren in der klaren Luft meilenweit zu hören.
Mit aller Gewalt wurden sie hochgepeitscht, bis ihr Schreien in Wimmern erstickte. Und dann schlich dieser Hund von Teniente an einen Mann heran und zog ihm von hinten eins mit der Peitsche über.
Hasard konnte es kaum noch erwarten, bis der Zug heran war. Diese prügelnden Kerle hatten keine Gnade zu erwarten. Wer andere so erniedrigte, schindete und halbtot schlug, hatte die Konsequenzen zu tragen.
Die Indios waren wieder auf den Beinen, unbarmherzig weitergetrieben mit klatschenden Peitschenhieben.
Das Gesicht des Seewolfs war hart und kalt. In seinen blauen Augen stand der Frost. Der Profos dicht neben ihm sah zum Fürchten aus. Alle Männer hatten die Hähne ihrer Pistolen gespannt. Die sollten zuerst eingesetzt werden, dann die Entermesser.
Der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Die Bewacher prügelten weiter auf die gebeugten und geschundenen Kreaturen ein.
Dicht vor den Hügeln kriegte der Teniente wieder einen Tobsuchtsanfall. Er schlug immer von hinten und genoß sichtlich das wilde Aufschreien und Zusammenzucken der Männer, wenn die Peitsche sie unvorbereitet traf.
Der Mann brach wieder schreiend zusammen und hielt sich die linke Hand vor das Gesicht. Die Peitsche hatte ihn von hinten über den Kopf ins Gesicht getroffen. Durch das Zusammenbrechen geriet der Zug ins Stocken und hielt an.
Als sich der Teniente über den zusammengebrochenen Mann beugte und zuschlagen wollte, fiel Hasards Schuß. In der Stille klang er entsetzlich laut.
Der Teniente ließ die Peitsche fallen und griff sich an den Hals. Dann kippte er lautlos zur Seite und blieb liegen.
Die Indios starrten furchtsam auf ihren Peiniger, als sei der vom Blitz getroffen worden. Die Soldaten griffen zu ihren Waffen.
Von den beiden Hügeln stiegen Pulverwölkchen auf. Die Luft war von peitschenden Schüssen erfüllt. Immer wieder blitzte es auf.
Ein Soldat nach dem anderen fiel unter den Schüssen. Die erste Salve fegte neun Spanier von den Beinen.
Hasard zog sein Entermesser und stürmte in langen Sätzen den Hügel hinunter, gefolgt von den anderen.
Es waren nur noch drei Dons übrig. Den einen sprang Carberry an, mit einer solchen Wildheit, daß der Spanier schreiend zurückwich. Er war schon tot, noch bevor er den rasenden Kerl richtig erkennen konnte.
Der zweite Don wehrte sich gegen Matt Davies, der auf ein Entermesser verzichtete und sich ganz auf seine eiserne Hakenprothese verließ. Unter einem wilden Hieb fiel gleich darauf auch der zweite Don.
Nur einer war noch übrig, den Ribault mit dem Entermesser anging. Dann war auch das vorbei. Auf dem kühlen Boden der Puna lagen dreizehn tote Spanier.
Die