Seewölfe Paket 23. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 23 - Roy Palmer


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klar“, murmelte Fred verblüfft. „Das habe ich nicht gewußt. So ein Zufall, daß da Indios sind.“

      „Das ist kein Zufall. Das haben wir den guten Kontakten des Herrn – äh – des Herrn Paters, ach verdammt, des Paters zum Herrn zu verdanken.“

      Zwei Tage später erreichten sie die Puna.

      Die eigentliche Kernlandschaft Boliviens, der bis über viertausend Yards hohe Altiplano, lag vor ihnen. Das war der westlichste Teil des Punablocks. Dieses achthundert Meilen lange und zweihundertfünfzig Meilen breite abflußlose Hochland ist eine Auffüllungssenke. Nord-südlich verlaufende Gebirgszüge zergliedern das Hochland in einzelne Beckenlandschaften.

      In der Puna ist es am Tage in der Sonne warm, aber der Boden im Schatten bleibt meist gefroren. Die Umwelt wirkt auf den ersten Blick äußerst lebensfeindlich, und doch gibt es gerade hier Leben, wenn auch nicht in allzu vielfältigen Formen.

      Immerhin leben hier Echsen, Nager und Vögel. Hier weiden das flinke Vicuña und die Guanakos. Aber in den Hochweiden der Anden finden sich auch noch Andenhirsche, verschiedene Fuchsarten, Chinchillas und Viscachas. Von Zeit zu Zeit stellen sich im öden Hochland sogar Kolibris ein, dann nämlich, wenn der stachelige Puyas blüht, der Riese unter den Pflanzen der Puna, der über hundert Jahre alt werden kann. Dann erst, mit rund hundert Jahren, blüht der Puyas und entfaltet eine unvorstellbare Pracht.

      Über all dem aber schwebt der mächtigste Vogel der Anden, der majestätisch dahingleitende Kondor, von dem die Indios behaupten, er schlafe auch im Fluge.

      Diese Landschaft lag jetzt vor dem Potosi-Trupp.

      „Endlich hat die Kraxelei ein Ende“, sagte Matt Davies. „Jetzt geht es wenigstens mal geradeaus.“

      „Vorerst noch“, sagte Hasard einschränkend. „Durch die Puna liegen noch rund hundertfünfzig Meilen Fußmarsch vor uns. Dann geht’s wieder in die Berge, denn wir müssen, wenn wir nach Potosi wollen, noch die Cordillera de los Frailes überqueren.“

      „Eine verdammt lange Strecke.“

      „Du sagst es, Matt. Aber verglichen mit der bisherigen Etappe wird der Marsch jetzt leichter werden.“

      „Was heißt Frailes?“ fragte Matt neugierig.

      „Bezeichnenderweise Mönche“, sagte Aloysius lächelnd. „Aber nach mir ist es nicht benannt worden, obwohl ich schon ein paarmal drüben war.“

      Fred Finley wurde diesmal von Stenmark und Mel Ferrow getragen. Später lösten sich Ribault und Karl von Hutten ab, dann Dan O’Flynn und Pater David. So kam jeder immer umschichtig an die Reihe, und dann begann es von neuem.

      Noch am Vormittag sahen sie einen geschützt liegenden Hof vor sich. Es gab ein paar Adobehütten, Behausungen aus luftgetrockneten ungebrannten Ziegeln. Die Dächer waren strohgedeckt. Um den Hof herum wurde Landwirtschaft betrieben.

      Sie hatten gerade einen Blick auf den Indiohof geworfen, als auch schon zwei Männer, zwei Frauen und ein paar Kinder erschienen und dem Trupp neugierig entgegensahen.

      Drei Hunde rannten ihnen kläffend entgegen.

      „Das ist die Familie, von der ich sprach“, sagte Aloysius. „Unser Freund ist hier in den besten Händen.“

      „Und wie verklaren wir den Leuten, was wir wollen?“ fragte Ed. „Ich kann kein Wort Indonesisch, oder wie das heißt.“

      „Das sind Quechua. Ich beherrsche ihre Sprache ganz gut. Es wird nicht die geringsten Schwierigkeiten geben.“

      „Was kannst du eigentlich nicht, Bruder?“ stöhnte Ed. „Spricht auch noch Kwetschba oder so. Dagegen sind meine Kontakte direkt miserabel, Bruder.“

      „Du bist ja auch noch nicht lange hier.“

      Die drei Hunde sprangen an ihnen hoch und winselten und jaulten, als wollten sie Männer und Mulis begrüßen. Der einzige, der sich daneben benahm, war wieder mal Diego, denn der donnerte einen in den Wind, daß die Hunde verstört die Schwänze einkniffen.

      „Das ist die Begrüßung“, sagte Ed. „Diego hat wenigstens Anstand.“

      Zwei Männer standen noch unschlüssig herum, als wüßten sie nicht, wie sie den Trupp einzuordnen hätten. Sie schienen mißtrauisch zu sein und dachten wohl an Spanier, aber dann hatten sie offenbar Pater Aloysius erkannt, denn jetzt löste sich ihre Starre, und sie gingen dem Trupp entgegen.

      Hasard stellte erstaunt fest, daß es eine recht herzliche Begrüßung zwischen dem Padre und den Indios gab. Sie schnatterten auf ihn ein, lachten und zeigten dann auf die Tragbahre, auf der Fred Finley lag und freundlich grinste.

      Außer Aloysius verstand niemand die Sprache. Der Pater unterhielt sich jedoch fließend und übersetzte auch gleich, damit die anderen wußten, wovon gesprochen wurde.

      „Wir hatten einen kleinen Unfall“, sagte Aloysius zu den Indios mit den ledergegerbten Gesichter. Viele Falten waren in diesen Gesichtern, und sie sahen älter aus, als sie waren.

      Die Indios bedeuteten ihnen, auf den Hof zu folgen. Dort schnatterten sie wieder auf den Padre ein. Die Kinder blickten aus großen dunklen Augen auf die fremden Männer. Auch von den Frauen wurden sie gemustert.

      „Sie haben uns eingeladen. Wir sollen hier übernachten“, übersetzte der Padre. „Die Frauen bereiten gleich etwas zu essen.“

      Hasard bedankte sich. Die Frauen musterten ihn verstohlen von der Seite. Auch auf Karl von Hutten blieb ihr Blick eine ganze Weile hängen.

      Beim Anblick des freundlich grinsenden Profos’ schienen sie jedoch etwas Furcht zu empfinden. Der sah jetzt mit seinem wilden Bart noch schlimmer aus, wenn auch die Narben größtenteils verdeckt waren.

      „Diese Männer sind Engländer“, sagte Aloysius.

      Darunter konnten die Indios sich jedoch nichts vorstellen, und der Pater versuchte es zu erklären. Aber England war für sie trotzdem so unbekannt wie der Mond.

      Der Trupp wurde genötigt, in einer der Hütten Platz zu nehmen. Eine der Frauen schleppte einen großen Krug herbei und stellte Schalen auf den Tisch.

      „Seit langer Zeit haben wir wieder mal ein Dach über dem Kopf“, meinte Ribault. „Das ist wirklich fast ein unbekanntes Gefühl.“

      Die Männer schenkten sich von dem Getränk ein. Als der Profos den ersten Schluck nahm, verklärte sich sein Blick.

      „Bier“, sagte er fassungslos, „echtes, richtiges Bier, und nicht so dünn wie das normale Bier. Woher wußten die, daß ich hier aufkreuze?“

      „Sie bauen Hirse, Kartoffeln und Gerste an“, erklärte der Padre. „Und aus Gerste braut man bekanntlich Bier. In der anderen Kruke ist Fruchtsaft drin, Bruder.“

      „Fein“, sagte Ed sofort, „dann haben die anderen ja wenigstens auch etwas zu trinken.“

      Während die Frauen wieder verschwanden, blieben die beiden Männer bei dem Potosi-Trupp und schwatzten mit Aloysius. Die Kinder standen verschämt an der Tür und musterten die Männer.

      „Was ist mit dem Mann passiert?“ wollte der eine Indio wissen.

      „Er ist einen Abhang hinuntergerutscht und hat sich den Knöchel gebrochen. Er muß liegen und braucht Ruhe, damit der Bruch verheilen kann. Ich wollte euch bitten, ob ihr ihn hierbehalten könnt, bis wir wieder zurück sind.“

      Für die Indios war das ganz selbstverständlich. Sie nickten sofort, als der Pater seine Bitte vortrug.

      „Wohin führt euch der Weg, Padre?“

      „Wir wollen nach Potosi.“

      Als der Name fiel, zuckten die beiden Männer zusammen und sahen sich unbehaglich an. Potosi war gleichbedeutend mit Sklaverei, Elend, Hunger und Tod.

      „Nach Potosi?“

      „Ja, wir haben vor, den Spaniern ans Leder zu gehen, damit die Sklaverei


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