Seewölfe Paket 23. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.Grund.
„Wir wollen versuchen, die gefangenen Indios zu befreien, um die Silberminen am Cerro Rico lahmzulegen.“
Diese paar Worte rissen die Indios hoch. Sie erzählten es sogleich ihren Frauen, dann den Kindern. Gleich darauf begannen sie vor Freude zu hüpfen.
„Sie waren schon ein paarmal hier“, erzählte der eine. „Wir konnten jedoch immer rechtzeitig in die Berge flüchten, sonst wären wir heute auch in den Minen von Potosi.“
Eine der Frauen sagte, sie hätte eine Schlafstätte für den Verletzten bereitet, und man möge ihn hinübertragen. Sie würden für ihn sorgen und ihn pflegen. Es sei ihnen sogar eine Ehre, diesen Mann im Haus zu haben. Fred Finley war also in den besten Händen.
Hasard stand auf und ging hinaus. Als er zurückkam, überreichte er den Indios eine Axt und ein Entermesser, was unbeschreibliche Freude auslöste.
Dann trugen sie Fred in einen Raum, in dem Felle und Matten auf dem Boden lagen.
„Du hast es gut“, sagte Stenmark. „Wirst gehätschelt und gepflegt und kannst schon jetzt den Helden spielen. Die Leute freuen sich wie verrückt, daß sie dich hierbehalten können.“
„Ich bin auch heilfroh, daß diese Leute so nett und hilfsbereit sind. Gar nicht auszudenken, wenn es diese Familie nicht gäbe.“
Etwas später trugen die Frauen Essen auf. Da die Schüsseln und Kummen für das Dutzend Männer nicht ausreichten, holten sie das eigene Geschirr. Die Sitzgelegenheiten reichten ebenfalls nicht aus. Ein Teil von ihnen hockte sich auf den Boden.
Es gab große dampfende Kartoffeln mit scharfer Soße. In einem anderen Topf befanden sich Picantes, ein stark gepfeffertes Gericht aus kleinen Schoten mit Huhn.
Alle Mann langten zu, als hätten sie tagelang nichts mehr gegessen. Das war mal etwas anderes als das schnelle Abkochen beim Biwak.
Inzwischen unterhielt sich Aloysius mit den Indios. Der eine hielt liebevoll die Axt im Arm, der andere konnte sich nicht mehr von dem Entermesser trennen und betrachtete es immer wieder mit verzückten Blicken.
„Sie möchten, daß wir noch ein paar Tage bleiben“, sagte Aloysius, „aber ich habe ihnen gesagt, daß jeder Tag ein verlorener Tag wäre, denn inzwischen müßten sich ihre Landsleute zu Tode schuften.“
„Haben sie es eingesehen?“
„Ja, natürlich. Aber die Leute sind überaus gastfreundlich. Sie werden Finley verwöhnen, daß der gar nicht mehr zurück will. Nehmen wir wenigstens das Angebot an, über Nacht zu bleiben? Drüben steht eine Hütte, in der Stroh liegt. Dort könnten wir schlafen.“
„Das nehmen wir dankend an“, sagte Hasard.
Aloysius besprach noch etwas mit den Indios. Hasard sah, daß die Männer lachten und sich amüsierten. Aloysius drehte sich um und sah den Profos an, der gerade eine große Kartoffel mampfte und sich die scharfen Schoten genüßlich in den Rachen schob.
„Ist was?“ fragte er kauend.
„Sagtest du nicht vor ein paar Tagen, der Herr hätte etwas vergessen? Da war doch die Rede von einem ungewaschenen Rübenschwein, für das der Herr schon mal ein Bächlein hätte fließen lassen dürfen, damit sich gewisse Schäfchen den Dreck abspülen können.“
„Stimmt, das sagte ich.“
Aloysius lächelte hintergründig.
„Der Herr hat ein Ohr für alle Wünsche, Bruder Edwin. Ich habe gesagt, daß er vielleicht eins fließen läßt.“
Carberry entsann sich und auch daran, daß der Padre so unergründlich dabei gelächelt hatte. Er hatte noch auf seine Kontakte zum Herrn angespielt, worauf der Pater versprochen hatte, er würde mal in einer stillen Stunde mit ihm reden.
„Heißt das, hier gibt es ein Bächlein, Bruder? Nun, wenn es hier eins gibt, dürfte das Wasser aber lausig kalt sein.“
„Steh auf, Bruder, dann werde ich dir etwas zeigen, natürlich auch den anderen.“
Zwischen den Hütten rannten Hühner umher. Auf einer Wiese, die zum Erstaunen der Männer ziemlich grün war, weideten Schafe. Die drei Hunde folgten ihnen kläffend.
Aloysius ging zielstrebig auf eine der letzten Hütten zu. Davor lagen Adobeziegel. Offenbar sollte noch eine weitere Hütte errichtet werden.
Etwa dreihundert Yards hinter der letzten Hütte befand sich eine Bodensenke, aus der leichter Dunst aufstieg. Wie Nebel sah das aus.
Der Profos blieb schluckend stehen. Auch die anderen sahen verblüfft in die Senke, wo alle paar Lidschläge ein Wasserstrahl aus dem Boden schoß. Ein kleiner See war dort, der einen unsichtbaren Abfluß hatte.
Aus dem Wasser schoß immer wieder ein breiter Strahl zischend und gluckernd in die Höhe und ergoß sich wie eine Riesenbrause in den kleinen See.
„Das hat der Herr hier fließen lassen“, sagte der Pater genüßlich, „damit sich die Schäfchen den Dreck abspülen können. Das ist ein Geysir, Bruder, mit herrlich warmen Wasser. Du siehst, der Herr hat nichts vergessen und an alles gedacht.“
„Ja, er denkt wirklich an alles“, sagte Ed schluckend, als hätte er einen dicken Kloß im Hals stecken.
„Man hat den Hof ganz bewußt in der Nähe dieses Geysirs gebaut. Das ist äußerst praktisch. So kann man selbst in der kältesten Jahreszeit baden und hat immer warmes Wasser. Deshalb wächst an dieser Stelle auch alles so prachtvoll.“
„Oh, Bruder, deine Kontakte zum Herrn sind wirklich von himmlischer Qualität. Wenn ich dieses Wässerchen sehe, gelüstet es mich nach einem Bad. Ob unsere Indiofreunde das wohl gestatten?“
„Selbstverständlich, sie haben es ja gleich angeboten. Sie können sich durchaus sehr gut in unsere Lage nach dem langen Marsch versetzen.“
Der Profos grinste fast lüstern, trat einen Schritt vor und tauchte die Hand ins Wasser. Dabei verdrehte er entzückt die Augen. Stenmark und Matt Davies taten es ihm nach. Matt Davies war so perplex, daß er seinen Eisenhaken ins Wasser tauchte und es erst merkte, als der Profos ihn anranzte.
„Doch nicht den Haken, du aufgegeiter Wanzenfänger! Die Hand mußt du nehmen.“
„Ich spür das auch mit dem Haken“, versicherte Matt. Dann tauchte er aber doch die linke Hand ins Wasser und stöhnte wohlig.
„Herrlich warm ist das“, schwärmte Stenmark. „Das ist ja wie ein Geschenk des Himmels, ist das.“
„Ist es auch“, sagte der Padre still.
„Hm, da könnte man sich gleich die Stoppelchen aus dem Gesicht kratzen“, erklärte der Profos. „Die wachsen bis Potosi ja doch wieder nach. Ist überhaupt ungewohnt, mit so einer Matte herumzulaufen.“
Jetzt erschienen auch die anderen mit dem zweiten Indio, der sie freudestrahlend heranführte und stolz auf den sprudelnden Geysir zeigte.
In den Gesichtern malte sich Verblüffung, ausgerechnet hier auf einen sprudelnden Geysir zu treffen.
„Das ist gar nicht so ungewöhnlich“, sagte Aloysius. „Die Puna ist im Osten und Westen von mächtigen Massiven gesäumt, die meist vulkanischen Ursprungs sind. Das hier ist auch nicht der einzige Geysir, es gibt weit verstreut noch ein paar kleine.“
Die Männer empfanden Dankbarkeit, daß sie endlich einmal aus den Klamotten kamen und sich waschen konnten. Und dann auch noch unter einer warmen Brause! Das war wirklich wie ein Geschenk.
Eine knappe halbe Stunde später grunzte der Profos vor Wohlbehagen wie ein Büffel und tummelte sich mit Dan O’Flynn, Stenmark, Matt und Gary Andrews in dem hüfthohen Wasser. Die anderen wollten anschließend baden.
Immer wieder tauchten sie prustend unter und konnten ihr Glück gar nicht fassen. Auf dem langen Marsch waren sie bescheiden geworden, und jetzt erfüllte sie ein warmes Bad mit unbeschreiblicher Freude.