Seewölfe Paket 23. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 23 - Roy Palmer


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Zwinger spielte sich etwas ab, was der Seemann mit Wuhling bezeichnet. Denn während die Hündin weiter den Mond anheulte, waren die Rüden entfesselt. Die Töne in dem Zwinger waren unbeschreiblich.

      Jetzt! dachte Jean Ribault und stieß den Arm hoch.

      Trotz allem: Sein Einsatz war richtig, der Zeitpunkt gut gewählt, denn Hunde und Aufseher waren abgelenkt, ganz abgesehen von dem infernalischen Krach im Zwinger, in dem offenbar so eine Art Raserei ausgebrochen war.

      Der Aufseher schoß zu diesem Zeitpunkt mit der Muskete auf die Hündin – zweifelsohne, um sie zu töten. Aber die Kugel versengte der jaulenden Mila nur die Nackenhaare und klatschte auf der Ostseite des Zwingers in den Lattenzaun. Dieses scharfe, heiße Ziepen durch die Nackenhaare ließ die Hündin geradezu toll werden. Sie schnellte herum, flog als langgestreckter Schatten auf den westlichen Lattenzaun zu und prallte wie ein Rammbock dagegen. Der Zaun wackelte. Die beiden Aufseher wichen entsetzt zurück – und gaben Fersengeld.

      Genau in diesem Augenblick sprangen die acht Männer aus ihren Deckungen, stürmten zum Zaun und warfen ihre Pulverfässer mit den brennenden Lunten in den Zwinger zwischen die rasenden Bluthunde.

      Sekunden später verschwanden sie als huschende Schemen in der Dunkelheit. Sie nahmen „die Beine in die Hand“, wie Hasard ihnen empfohlen hatte.

      So sahen sie auch nicht, was sich jetzt im Zwinger abspielte. Die Hundemeute stürzte sich über die Pulverfäßchen, diese rollenden Dinger mit den funkensprühenden, stinkenden und qualmenden „Schwänzen“. Ein paar bissen hinein und jaulten auf. Aber ihre Wut steigerte sich.

      Und dann barst das erste Faß in einer grellen Explosion auseinander. Drei, vier Hundeleiber flogen zuckend durch die Luft und klatschten wie Mehlsäcke zu Boden. Bruchteile von Sekunden später schien es, als sei im Zwinger ein Vulkan ausgebrochen. Fast alle sieben Fässer explodierten beinahe gleichzeitig – mit verheerender Wirkung. Kugeln und gehacktes Blei rasten nach allen Seiten durch den Zwinger, als sei dort eine einzige, riesige Kartätsche eingeschlagen und auseinandergeflogen. In den schmetternden Detonationen gingen alle Laute der Hunde unter.

      Die Stille danach war gespenstisch. Die Sense des Todes hatte nichts am Leben gelassen.

      Hasard huschte hinter den Turm und entzündete die Lunte. Als sie zu sprühen begann, wartete er einen Moment und blickte aus schmalen Augen auf die sich weiterfressende Glut. Ja, sie brannte. Nichts würde ihren Weg aufhalten.

      Dann zuckte er zusammen und hatte auch schon die Pistole in der Faust. Ein Schatten flog heran.

      Carberry!

      „Ich soll auf dich aufpassen!“ keuchte er. „Hat Jean Ribault befohlen.“

      „Quatsch!“ knurrte Hasard, mußte dann aber doch lachen. „Los, weg hier!“

      Sie starteten im Eiltempo und setzten sich von dem Pulverturm ab. Bei den Baracken wurde herumgebrüllt. Aber das galt nicht ihnen. Man war von den Explosionen aufgeschreckt und suchte nach der Ursache. Fackeln wurden entzündet.

      Hasard und Carberry sahen es noch, dann verbarg die Ostflanke des Silberbergs jede weitere Sicht. Als Hasard kurz darauf einen Blick über die Schulter warf, konnte er auch den Pulverturm nicht mehr sehen.

      „Hopp hopp, Ed!“ rief Hasard seinem Profos zu. Er war eindeutig schneller als Carberry.

      „Mann, was ich heute schon gelaufen bin!“ stieß Carberry keuchend hervor. Aber er setzte dennoch elegant über einen Steinbrocken. „Muß bald krachen, wie?“

      Hasard spähte voraus, entlang an der Südseite des Berges.

      „Etwa achtzig Yards vor uns sind zwei dunkle Höhlen im Berg!“ rief er. „Die schaffen wir noch!“

      Sie legten an Tempo zu, erreichten die vordere Höhle, zu der sie etwas ansteigen mußten, und drangen ein.

      „Ich bin hier!“ rief eine Stimme aus der anderen Höhle.

      Es war Dan O’Flynn. Sie wechselten hinüber.

      „Hättest dich auch früher melden können!“ ranzte der Profos und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      „Gleich wieder meckern, wie? Das hab’ ich gern.“ Dan O’Flynn grinste breit.

      „Ist die Bude hier auch einsturzsicher?“ fragte der Profos mißtrauisch und schnüffelte. „Riecht ziemlich muffig …“

      Das Thema konnte nicht weiter erörtert werden.

      Die Welt ging unter.

      Über die felsige Halde auf der Südseite des Berges stach ein grellweißer Blitz, der meilenweit zu reichen schien und für Bruchteile von Sekunden aus der Dunkelheit die Konturen einer bizarren Mondlandschaft erscheinen ließ.

      Gleichzeitig zerriß ein berstender Donnerschlag die Nachtstille. Der Berg schien zu wanken, eine Druckwelle raste an der Höhle fauchend vorbei, obwohl sie mit der Südseite des Cerro Rico gewissermaßen in Lee lag.

      Aus der Höhlendecke lösten sich Steinbrocken, und sie zogen die Köpfe ein. Draußen prasselte ein Trümmerhagel nieder, Steine zerplatzten beim Auftreffen auf felsigen Grund. Es klang, als würden Musketen abgefeuert.

      „Meine Fresse!“ sagte der Profos andächtig. „Wetten, daß es den Pulverturm zerblasen hat?“

      „Scheißwette!“ sagte Dan O’Flynn. „Ist doch klar, daß der nur noch aus Steinpuder besteht.“

      Der Profos räusperte sich. „Sagtest du Scheißwette?“

      „Das sagte ich.“

      Der Profos räusperte sich ein zweites Mal. „In letzter Zeit drückst du dich ziemlich vulgär aus, Mister O’Flynn.“

      Da waren sie also wieder beim Thema.

      „Morgen schäm’ ich mich mal“, sagte Dan O’Flynn, sprang plötzlich vor und stieß Carberry zum Höhlenausgang.

      Hinter ihnen krachte Sekunden später ein Teil der Höhlendecke ein. Staub wallte nach draußen.

      Carberry wedelte mit der Hand und hustete.

      „Danke“, sagte er undeutlich.

      „Gern geschehen“, erwiderte Dan O’Flynn.

      Draußen hagelte es immer noch, aber schon weniger.

      „Woher – woher wußtest du, daß der Kram einstürzen würde?“ fragte der Profos.

      „Bin Hellseher.“

      Der Profos furchte die Stirn – und schwieg. Dieser Mister O’Flynn schien gewisse Gaben seines Vaters geerbt zu haben. Etwas eigenartig war das schon. Da war’s auch besser, man rührte nicht daran.

      Dan O’Flynn grinste wieder. „Natürlich bin ich kein Hellseher, Ed. Ich hörte über uns ein Knacken. Das ist alles.“

      „Kein Hellseher?“ Carberry schien direkt enttäuscht zu sein. „Dann sag das doch gleich, du Affenarsch!“

      Hasard drehte sich lächelnd zu ihnen um. „Tut mir leid, euch unterbrechen zu müssen. Wir können weiter.“

      Sie waren die drei letzten des Trupps, die den Stollen erreichten.

       5.

      Die Ratsversammlung, von der der Dicke gesprochen hatte, war in seiner Residenz an der Plaza für elf Uhr vormittags anberaumt worden.

      Am frühen Morgen hatte Pater Aloysius, wieder in seine Kutte gekleidet, einen unauffälligen Rundgang durch die Stadt unternommen, um zu erkunden, was sich dort tat und wie die Sprengung des Pulverturms gewirkt hatte.

      Er kehrte gegen neun Uhr zurück und berichtete mit funkelnden Augen: „In der Stadt totale Konfusion …“

      „Hä?“ fragte der Profos.

      „Verwirrung,


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