Seewölfe Paket 23. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 23 - Roy Palmer


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Fischmaul, dann verdrehte er plötzlich die Augen – und fiel um.

      „Du hast ihn verschreckt“, sagte Dan O’Flynn, „und darum ist er weggetreten. Vergiß nicht, ihm sein Säbelchen abzunehmen. Am besten, wir durchsuchen ihn gleich von oben bis unten.“

      Carberry nickte, und sie beugten sich über den Dicken.

      Inzwischen hatten Pater Aloysius und Karl von Hutten bereits die Indios beruhigt, die erst allmählich begriffen, daß für sie die Stunde der Freiheit geschlagen hatte. Hasard filzte den Teniente und fand einen Schlüssel, der in die Kettenschlösser paßte. Im Nu waren die Indios befreit. Pater Aloysius empfahl ihnen, das Weite zu suchen und Begegnungen mit Spaniern zu vermeiden. Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Mit glücklichen Gesichtern überkletterten sie den Westhang der Schlucht, winkten oben noch einmal und verschwanden.

      Jean Ribault starrte auf die Sänfte und kratzte sich hinter dem Ohr.

      „Die sollten wir verschwinden lassen, wie?“ sagte er zu Hasard.

      Hasard nickte. „Aber durchsucht sie erst – hinten scheint eine Art Reisetruhe eingebaut zu sein.“ Und zu Stenmark sagte er: „Lauf mal voraus, Sten! Da vorn links ist ein Einschnitt, vielleicht eine Nebenschlucht, wo wir die Sänfte verstecken können.“

      „Aye, Sir.“ Stenmark trabte ab, um nachzusehen.

      Matt Davies hatte bereits mit seiner eisernen Hakenprothese die Reisekiste aufgeknackt und schaute mit Jean Ribault und Gary Andrews hinein. Jean Ribault drehte sich grinsend zu Hasard um.

      „Ledersäcke, Sir!“ sagte er. „Du hast eine gute Nase.“

      Hasard zuckte mit den Schultern, lächelte dann und sagte: „Laß mich raten! Ich tippe auf Silbermünzen mit der Potosi-Prägung.“ Dann wurde er wütend und knurrte: „Diesen Silberscheiß müssen die Indios also auch noch schleppen, wenn sie den Fettsack durch die Gegend tragen.“

      Jean Ribault hob den rechten Zeigefinger und drohte. „Silberscheiß ist Vulgärsprache, Sir! Laß das nicht Mister Carberry hören!“

      Hasard hob fluchend die Reitgerte des Teniente de Olivella auf und ließ sie durch die Luft pfeifen.

      „Ich glaube“, sagte er grimmig, „über diesen ganzen Mist hier kann man sich nur noch vulgär äußern.“ Er holte Luft. „Also, was befindet sich in den Säcken?“

      „Silbermünzen mit Potosi-Prägung!“ meldete Matt Davies und fügte hinzu: „Möchte nicht wissen, was der Dicke alles in seinem Landhaus gestapelt hat, wenn er sich täglich dorthin tragen läßt. Die Talerchen hat er doch abgestaubt, der Bastard!“

      „Kein Widerspruch“, knurrte Hasard. „Nehmt mit, was ihr tragen könnt. Den Rest werfen wir weg.“

      Stenmark kehrte zurück und meldete: „Nebenschlucht mündet an einem Abhang, der ziemlich steil ist. An seinem Fuß liegt ein Tümpel.“

      „Also hinein mit der Sänfte“, sagte Hasard. „Packt an, Männer! Dan bleibt als Wache hier.“

      Sie holten sechs Ledersäcke aus der Reisekiste, die eine Schatzschatulle war, verteilten sich an den Holmen, lüfteten die Sänfte an und trugen sie an den Abhang der Nebenschlucht. Von dort wurde sie nach unten gestoßen. In der Reisekiste befanden sich noch weitere sechs Ledersäcke. Die Sänfte klatschte in den Tümpel und ging blubbernd auf Tiefe.

      „Der Schatz im Silbersee“, brummte Carberry und blickte sinnig auf die fast schwarze Wasserfläche, die sich wieder beruhigte. „Wer ihn findet, möge auf uns einen Rum trinken – wenn’s kein Don ist. Und wenn’s ein Don ist, möge er später in der Hölle braten.“

      „Amen“, sagte Matt Davies. „Verdammt schwer war diese Sänfte, was?“

      „Das erzähl mal dem dicken Froscharsch“, sagte Carberry.

      Sie kehrten zu ihren fünf Gefangenen zurück.

      „So allmählich wachen sie auf“, sagte Dan O’Flynn, „und sind überhaupt nicht fröhlich, daß ihr Wachdienst beendet ist. Und unser Dicker ist nur am Bibbern.“

      Hasard nickte nur. Er hatte immer noch die Reitgerte bei sich und blieb vor dem Teniente stehen, der zu ihm hochstarrte und verwirrt sagte: „Sie – Sie sind doch der Pilger!“

      Hasard ignorierte die Frage, musterte die vier anderen Soldaten, den dicken Gouverneur und schließlich den Teniente.

      Kühl sagte er: „Sie haben sich als Gefangene zu betrachten, Señores. Ihre Überlebenschance hängt von Ihrem Verhalten ab. Sollten Sie sich renitent zeigen oder versuchen zu fliehen, dann haben Sie keine Rücksichtnahme zu erwarten – so wenig Rücksicht, wie Sie das gegenüber den Indios tun, die Ihr Teniente als faule Hunde, dreckiges Pack und verlauste Affen bezeichnete, wobei er sich dieser Reitgerte bediente. Hören Sie genau zu: Für meine Männer und mich sind sie der letzte Dreck. Die Indios stehen weit über Ihnen …“

      „Unverschämtheit!“ schrie der Gockel-Teniente und bäumte sich auf. „Was erlauben Sie sich, Sie Pilger-Strolch? Ich lasse mich nicht beleidigen! Ich bin Offizier und Edelmann und nicht mit einem Wilden zu vergleichen. Ich verlange Genugtuung! Sofort! Auf der Stelle!“

      „Das können Sie haben“, sagte Hasard akzentuiert und eiskalt. Er nickte Carberry zu. „Lös seine Fesseln, Ed, und gib ihm seinen Degen.“

      Carberry nickte schweigend, löste die Fesseln und warf dem Teniente den Degen vor die Füße.

      Die Männer wichen zurück.

      Hasard nahm die Reitgerte in die linke Hand, zog mit der Rechten das Entermesser und trat ein paar Schritte zurück, belauert von dem Teniente. Der griff nach dem Degen und sprang auf. Und sofort stürmte er auf Hasard los.

      Hasard wich zur Seite, leicht und geschmeidig und locker. Aber als der Teniente an ihm vorbeistürmte, zog er ihm die Reitgerte über die Schulter. Es war ein peitschender Schlag, und der Teniente brüllte auf.

      „Hier wird nicht gejammert!“ rief Hasard höhnisch. „Das beleidigt die Ohren des Gouverneurs, du Mißgeburt eines Affen!“

      Es waren genau die gleichen Worte, die der Teniente benutzt hatte – gegenüber dem mißhandelten Indio.

      Mit einem Wutschrei griff der Teniente erneut an. Hasard hatte Reitgerte und Entermesser gewechselt. Jetzt befand sich die Reitgerte in seiner Rechten. Und er glitt wieder zur Seite, fetzte dem Teniente jedoch dieses Mal die Gerte quer übers Gesicht. Wie bei dem Indio quoll ein Striemen auf.

      Der Teniente schrie gellend und wischte sich übers Gesicht.

      „Nicht jammern – kämpfen!“ höhnte Hasard. „Sie fühlten sich doch beleidigt, Sie Affe! Was ist? Geben Sie schon auf, nur weil Sie zweimal von Ihrer eigenen Gerte getroffen wurden, mit der Sie auf wehrlose Indios eingedroschen haben, die Ihren verdammten Gouverneur tragen mußten? Wie schmeckt denn die Gerte? Gut, nicht wahr? Keine Sorge, ich werde Ihren Appetit stillen, Olivella! Ich, der Pilgerstrolch, Sie mieser Edelmann!“

      Die Soldaten glotzten.

      Das Gesicht des Dicken hatte die Farbe von Spinat angenommen. Er schnatterte mit den Zähnen, seine Halswampe zitterte wie Pudding, über das grüne Gesicht perlte Schweiß.

      Hasard sprang vor, und wieder schlug er mit der Reitgerte zu. Jetzt schrie auch der Dicke auf – unisono mit seinem Teniente, der sich für den Nabel der Welt hielt und dabei ein Sadist war. Carberry hielt dem Dicken die rechte Faust unter die Nase, und da verstummte er.

      Der Teniente hüpfte herum und preßte beide Hände vors Gesicht. Den Degen hatte er fallen lassen. Hasard beförderte die Waffe mit einem Fußtritt zu ihm hin. Angewidert warf er die Reitgerte weg. Das Entermesser wechselte in seine Rechte.

      „Vorwärts, Señor Affe!“ knurrte er. „Bringen wir’s zu Ende, bevor ich das Kotzen vor Ihrer Großmäuligkeit kriege!“

      Undeutlich brabbelte der Teniente: „Und Sie stoßen mich nieder, wenn ich meinen Degen aufhebe!“


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