Seewölfe Paket 23. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 23 - Roy Palmer


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„Ist jetzt der Zwinger dran, oder sollen wir erst die beiden Kerle und das Pulver mit den Maultieren zurückbringen?“

      „Letzteres zuerst. Wir warten, bis ihr zurück seid. Die Maultiere könnt ihr im Stollen lassen, wir brauchen sie nicht mehr, wenn wir uns den Zwinger vornehmen.“

      „Aye, Sir.“

      Die beiden Kerle wurden auf zwei Maultiere verfrachtet, verzurrt, und schon ging die Fuhre ab.

      Hasard wickelte die Zündschnur zur Sprengung des Turms ab und verlegte sie auf die Ostseite. Die Männer brachten die präparierten Pulverfäßchen nach draußen und stellten sie ab. Acht Stück waren es – hergestellt nach dem Prinzip der Höllenflaschen, die Ferris Tucker entwickelt hatte. Die waren zwar handlicher und konnten ziemlich weit geschleudert werden, aber in diesem Fall brauchten sie die Fäßchen nur über den Zaun zu stoßen. Mit etwas Kraft dahinter rollten sie weiter in den Zwinger.

      Über der Stadt lag der gelbliche Lichtschein der Straßenlampen. Da und dort schimmerte Licht aus den Fenstern.

      Hasard instruierte leise seine Männer, die zusammen unter der Führung Jean Ribaults das Unternehmen gegen den Zwinger durchführen würden. Die Sprengung des Pulverturms behielt sich Hasard vor.

      „Ich warte eure Aktion ab“, sagte er leise. „Wer von euch sein Faß in den Zwinger befördert hat, nimmt die Beine in die Hand und verschwindet im Eiltempo zum Stollen. Ich zähle bei den Explosionen mit. Nach der achten zünde ich die Lunte zum Keller. Ich habe sie so bemessen, daß sie nach etwa sechs Minuten das Faß im Keller brennend erreicht, und dann kracht’s! Zu diesem Zeitpunkt sollten sich die ersten von euch bereits im Stollen befinden. Der Rest muß Deckung in den Stollen vor unserem gefunden haben. Denn da wird einiges vom Himmel fallen. Sobald das Schlimmste vorbei ist, setzt sich dieser Rest ebenfalls zu unserem Stollen ab.“

      „Und du?“ fragte Jean Ribault.

      Hasard grinste hart. „Ich bin der letzte, mein Freund.“

      „Und wenn dir ein Stein auf den Kopf fällt?“

      „Wenn’s regnet, wird man naß“, sagte Hasard trocken.

      Jean Ribault knirschte mit den Zähnen. „Ist gut – ich bring dir dann einen Regenschirm.“ Er wußte: Es war völlig zwecklos, diesem eisenharten Dickschädel auszureden, daß auch ein anderer diesen Part am Pulverturm spielen könne, der weiß Gott gefährlich genug war. Denn Hasard hatte den längsten Weg zurück zum Stollen. Und wenn die Lunte bereits nach fünf Minuten zündete – dann Halleluja!

      In diese Gedanken hinein sagte Hasard: „Euer Part ist viel gefährlicher, mein Alter. Denn ihr müßt damit rechnen, daß nach den ersten Explosionen die Aufseher aus ihren Baracken stürzen. Hast du daran gedacht? Wer also von euch bereits die Hände frei hat, sollte dann Pistole oder Muskete einsetzen, um die anderen zu decken. Das muß ineinandergreifen, versteht ihr? Es sei denn, ihr schafft es alle, eure Fässer fast gleichzeitig zu zünden und zu werfen. Vielleicht wäre das empfehlenswert. Habt ihr alle Feuerstein und Lunte?“

      Hatten sie alle.

      Jean Ribault schüttelte den Kopf. „Das haut nicht hin, Hasard. Wenn wir alle acht gleichzeitig mit Lunte und Feuerstein herumfummeln, gibt das so viel Unruhe, daß die Hunde aufmerksam werden. Ich dachte an eine verdeckte Öllampe, mit der wir nacheinander zünden – natürlich so schnell, wie’s nur irgend geht.“

      „Schon richtig“, sagte Hasard, „aber ihr verlängert damit eure Zeit am Zwinger. Bitte bedenke, daß ihr nach jedem einzelnen Wurf in Deckung gehen und warten müßt, bis die Ladung explodiert ist. Ihr wollt euch ja nicht selbst umbringen, nicht wahr? So zieht sich das also hin und ergibt eine Zeit, die ausreicht, um die Aufseher auf den Plan zu rufen. Klar?“

      Jetzt nickte Jean Ribault.

      Hasard sagte: „Jeder von euch muß zusehen, daß er eine Deckung hat, wenn er die Lunte zum Fäßchen zündet. Laßt die Hunde getrost unruhig werden. Kümmert euch nicht darum. Ich schätze, ihr werdet geschickt genug sein, auf ein Zeichen von Jean hin fast gleichzeitig zu zünden. Die weitere Abfolge ist klar und dürfte nahezu synchron ablaufen. Beim Knistern der Lunte springt ihr aus eurer Deckung an den Zaun, stoßt die Fässer hinüber und haut ab. Peilt dabei mit einem Auge zu den Baracken. Sollten sich da schon Aufseher zeigen, dann feuert – egal, ob ihr trefft.“

      „So müßte es gehen“, sagte Jean Ribault.

      Von der Glocke der Kathedrale in Potosi dröhnte ein einzelner Schlag über die Stadt und verkündete die erste Stunde des neuen Tages. Es war der 29. Dezember, zwei Tage vor Jahreswechsel, der in Potosi nach junger Tradition – die Stadt war jetzt achtundvierzig Jahre jung oder alt – besonders üppig und wild gefeiert wurde.

      Zumindest war es so, daß die Soldaten der Garnison in der Nacht zum Jahreswechsel endlich einmal ihre Musketen und Pistolen abfeuern konnten, bis die Läufe heiß waren. Mangels kriegerischer Verwendung durfte in diesem besonderen Fall mit dem Pulver geaast werden. Es gab keine Beschränkungen. Ballern war schön, und in der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar pflegte man die Luft über Potosi mit Löchern zu durchsieben. Was für ein Jux!

      Sollte der Coup von ganzen elf ziemlich verrückten, aber harten Männern gelingen, dann würde dieser Jahreswechsel von 1594 auf 1595 alles andere als ein Jux werden.

      Wir werden sehen.

      Der Profos Edwin Carberry und der Eisenhakenmann Matt Davies waren zum Pulverturm zurückgekehrt und gehörten nunmehr zu Jean Ribaults Trupp, der zu dieser ersten Stunde des neuen Tages in die unmittelbare Nähe des Zwingers gepirscht und dort in Deckung gegangen war – jeder mit einem Pulverfäßchen versehen.

      Der Zwinger hatte die Form eines Rechtecks. Die beiden Schmalseiten waren in Nordsüdrichtung angelegt, die beiden Längsseiten in Ostwestrichtung. Die schmale Westseite grenzte an den Bereich der Hütten und Baracken der Aufseher. Dort auch befand sich eine Gattertür – Aus- oder Eingang, wenn man die Hunde holte oder zurückbrachte.

      Das Zwingerrechteck wurde von einem Lattenzaun umfaßt und begrenzt – hoch genug, um Sprünge darüber zu verhindern. Die Viecher waren es eh gewohnt, den Zwinger durch die Tür zu verlassen. Auf der Südseite und auf der Westseite – also rechtwinklig – standen niedrige Hundehütten. Davor befanden sich Futtertröge und flache Wassertonnen.

      Seit Philipp, das Hätschelvieh des Luis Carrero, fehlte, waren bei den Rüden dieser Meute von Bluthunden Machtkämpfe ausgebrochen. Philipp war unumschränkter Pascha gewesen – auch mit dem Vorrecht, für den Nachwuchs zuständig zu sein. Er war da unermüdlich gewesen.

      Jetzt war er nicht mehr anwesend und hatte damit einiges durcheinandergebracht – nicht zuletzt jene Hündin Mila, die der Aufseher Pablo als „Hundehure“ bezeichnet hatte. Sie wartete auf Philipp und biß die anderen Bewerber weg. Vielleicht hielt sie die Anwärter auf den Paschathron auch für glatte Versager, die sich zwar stark aufführten, aber Spiegelfechter waren.

      Diese Mila war es, die das Unternehmen des Jean-Ribault-Trupps fast zum Platzen brachte. Sie erschien genau zu dem Zeitpunkt, als Jean Ribault das Zeichen zum Zünden der Lunten geben wollte, mitten im Zwinger, setzte sich auf die Hinterläufe, reckte den Kopf und heulte den Mond an. Und Jean Ribault ließ den rechten Arm wieder sinken.

      Mila heulte zum Gotterbarmen.

      Das waren jene Töne, bei denen Menschen Zahnschmerzen bekommen können, Töne, die Nerven zum Kreischen bringen und Mordgelüste hervorrufen.

      Jean Ribault fluchte lautlos. Er dachte in diesem Augenblick an Batuti und Big Old Shane. Ein unhörbarer Pfeil von ihnen hätte präzise das Jaulen ausgelöscht.

      Bei den Baracken prallte eine Tür auf. Ein Kerl schoß hinaus und raste zum Zwinger. Ein zweiter folgte.

      Der erste Kerl brüllte: „Das halte ich nicht aus! Dieses Scheißvieh! Das bring ich um!“

      Recht so, dachte Jean Ribault grimmig.

      Noch mehr passierte: Hundeschatten krochen aus den Hütten – und auf die jaulende Hündin zu. Sie knurrten,


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