Seewölfe Paket 23. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 23 - Roy Palmer


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ich bin etwas verwirrt. Eine – eine Geiselnahme dieser – äh – Person ist so unvorstellbar, daß man sie hier nie ins Kalkül gezogen hat, um sich mögliche Gegenreaktionen auszudenken. Insofern lautet meine Antwort auf Ihre Frage, daß niemand in Potosi wagen wird, das kostbare Leben dieser Person in Gefahr zu bringen.“

      „Er wird als Geisel weiter befehlen können?“ fragte Hasard.

      „Das wird er.“ Pater Augustin nickte. „Davon bin ich überzeugt. Aber was bezwecken Sie mit einer solchen Geiselnahme, Señor? Entschuldigen Sie, wenn ich das frage.“

      „Oh, ich verfolge dabei mehrere Ziele, die aber alle darauf hinauslaufen, den Silberabbau in der Mine zumindest für einige Zeit außer Betrieb zu setzen.“

      In den braunen Augen Pater Augustins blitzte es auf. „Das höre ich gern. Aber es wird sehr sehr schwer, ja, nahezu unmöglich sein, diese Person gefangenzunehmen, Sie wird ständig von einer Leibwache begleitet, und das sind harte Burschen, die ohne viel zu fragen sofort schießen oder zuschlagen, sollte ihr Schützling in irgendeiner Weise bedrängt werden. Sie erhalten dafür einen Privatsold aus der Schatulle des hohen Herrn und stehen sich damit besser als ein Capitán der spanischen Armee.“

      „Wie stark ist diese Leibwache?“ fragte Hasard.

      „Vier Soldaten unter der Führung eines Teniente“, erwiderte Pater Augustin.

      Nicht sehr aufregend, dachte Hasard und fragte: „Dieser Teniente – ist das ein dürrer Mensch mit einem Ziegenbart?“

      „Ja, das ist er“, sagte der Pater, „Teniente Manuel de Olivella, ein dummer Laffe, der sich als Kommandant der Leibwache des hohen Herrn für den Nabel der Welt hält und eben wegen seiner Dummheit gefährlich ist.“

      „Das haben wir schon gemerkt“, sagte Hasard lächelnd und dachte an den dürren Gockel, dem sie erklärt hatten, sie befänden sich auf der Pilgerfahrt nach Jerusalem. Als „hart“ mochte er diesen Burschen nicht einschätzen. Aber Dummheit – da hatte der Pater recht – war etwas Gefährliches. Hasard verneigte sich leicht. „Vielen Dank für die Informationen, Pater Augustin. Wenn alles so klappt, wie ich mir das vorstelle, wird die absolute Herrschaft der Person, von der wir sprechen, einen erheblichen Stoß erhalten.“

      „Gott möge Ihnen beistehen“, sagte Pater Augustin.

      Sie verabschiedeten sich und kehrten auf Umwegen zur Südseite des Silberberges zurück.

       3.

      Hasard berichtete in dem Stollen von ihrem Stadtbesuch und was er von Pater Augustin erfahren hatte. Zum Schluß sagte er: „Ich habe die Absicht, den ehrenwerten Don Ramón zu schnappen und als Geisel zu benutzen. Meiner Meinung nach ist er ein feiger Mann, das heißt, er wird tun, was ich ihm befehle. Mit den vier Leibwächtern und dem Teniente sollten wir fertig werden – fragt sich nur, wo und wann wir zuschlagen.“

      „Kein Problem“, sagte Pater Aloysius voller Heiterkeit. „Nordwestlich von Potosi liegen die warmen Quellen von Miraflores. Dort hat sich der Fettwanst an einem Thermalbad ein luxuriöses Landhaus errichten lassen, das er täglich aufsucht. Teilweise verbringt er dort auch seine Nächte – mit hübschen Indiomädchen, die er für Liebesdienste mißbraucht. In diesem Landhaus könnten wir ihn festsetzen.“

      „Wie weit ist es von Potosi entfernt?“ fragte Hasard.

      „An die zwölf Meilen, Bruder Hasard.“

      Hasard schüttelte den Kopf. „Das ist zu weit weg von der Stadt, denn sie wird es sein, der ich Forderungen stellen werde – über Don Ramón als Sprachrohr. In dem Landhaus sind wir zu weit ab vom Schuß. Aber wir können über ihn herfallen, wenn er in seiner Sänfte zu diesem Landhaus gebracht wird. Dann schleppen wir ihn hierher und zwiebeln ihn ein bißchen, um ihn als unser Sprachrohr auf seine Rolle einzustimmen …“

      „Schlage mich als Einstimmer vor, Sir“, sagte Carberry sofort. „Du weißt, daß ich auch den Hundesohn Luis Carrero bestens eingestimmt habe, nicht wahr? Wenn er mich sah, wurde er immer grün in seiner schönen Visage, so grün wie – wie …“

      „… Kuhkacke“, ergänzte Dan O’Flynn. Und die Männer einschließlich des Paters Aloysius grinsten.

      „Mister O’Flynn“, sagte der Profos mit Würde. „Das sind nicht meine Worte. Ich meinte, so grün wie Gras.“

      „Ist ja auch Gras, was die Kuh verdaut“, entgegnete Dan.

      „Das ist durchaus richtig, Mister O’Flynn“, erklärte der Profos. „Es muß also heißen, der Hundesohn Luis Carrero wurde so grün wie das von der Kuh verdaute Gras.“

      „Kuhkacke klingt besser“, sagte Dan ungerührt. „Das mußt du zugeben, Mister Carberry.“

      Der Profos schnaufte verächtlich. „Das ist Vulgärsprache, Mister O’Flynn. Sie ziemt sich nicht …“

      Carberry wurde wieder unterbrochen. Aus dem Nebenstollen, wo die Maultiere standen, ertönte ein eindeutiges Geräusch – donnernd und kurz darauf auch riechend.

      „Dein Diegolein“, sagte Dan O’Flynn, „in der Vulgärsprache, die sich nicht ziemt. Manchmal frage ich mich wirklich, wie merkwürdig es ist, daß es immer deine Tiere sind, die sich so unflätig äußern.“

      „Deine Tiere?“ Der Profos hatte den Kopf vorgeschoben und lauerte. „Was soll das denn heißen?“

      „Ich denke da an Sir John, mein lieber Mister Carberry“, erwiderte Dan O’Flynn.

      Edwin Carberry, Profos der Arwenack-Crew, schwoll an und pumpte sich voll Luft wie eine Schweinsblase.

      „Ich …“, begann er.

      Hasard sagte sanft: „Ed, unser Thema hatten wir auf die Gefangennahme des Don Ramón abgesteckt, und ich habe nichts dagegen, daß du ihn auf deine bewährte Art ein bißchen einstimmst, aber nicht mit den Fäusten …“

      „Völlig richtig, Sir“, unterbrach ihn Carberry, „völlig richtig. Ich werde dem feisten Rübenschwein nur erzählen, wie ich mit dem Hundesohn unsere Decks aufgewischt habe und daß unsere liebe Plymmie nach seiner Kehle gelechzt hätte. Wäre das was?“

      „Etwa so“, erwiderte Hasard lächelnd.

      „Alles klar, Sir“, sagte Carberry und schoß einen wilden Blick auf Dan O’Flynn ab. „Und du Kuhkacker wirst nie ein Gentleman!“

      „Hab ja auch noch Zeit“, sagte Dan O’Flynn freundlich.

      Hasard sagte gelassen: „Ich habe nichts dagegen, daß ihr euer Thema weiterspinnt, wenn wir anderen aufgebrochen sind, um den Dicken zu schnappen. Oder wolltet ihr mit dabeisein?“

      „Natürlich muß ich dabeisein“, brummte der Profos.

      „Ich auch“, erklärte Dan O’Flynn.

      „Das freut mich“, sagte Hasard. „Also weiter. Frage an Pater Aloysius: Du kennst den Weg zu den Thermalquellen – ist das Gelände für einen Überfall geeignet?“

      „Es könnte besser nicht sein“, sagte Pater Aloysius. „Und du hast recht, Bruder Hasard. Miraflores liegt für unsere Zwecke zu weit entfernt von Potosi, ganz abgesehen davon, daß das Landhaus Diener, Lakaien und weitere Bewacher beherbergt, die unter Kontrolle gebracht werden müßten. Nein, da ist es richtiger, den Kerl auf dem Weg zum Landhaus zu packen, zumal er da nur von den vier Soldaten und dem Teniente bewacht wird.“

      „Gut“, sagte Hasard, „dann schlage ich vor, daß wir sofort aufbrechen. Allerdings brauchen wir einen Freiwilligen, der hierbleibt, um auf unsere Maultiere aufzupassen. Sie müssen ja auch versorgt werden.“ Hasard blickte in die Runde der Männer, die um ihn herumsaß. „Gibt’s einen Freiwilligen?“

      Pater David hob den rechten Arm, grinste ein bißchen und sagte: „Wenn Mister Carberry nichts dagegen hat, daß ich auch seinen Diego versorge.“


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