Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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Es hieß nur, er sei ein sehr reicher, aber auch gewalttätiger, listiger Mann, der tausend Ohren und tausend Augen hatte, alles sah und dem nichts entging.

      Aber er bezahlte immer gut und sofort, und dafür verlangte er auch einwandfreie Ware. Die Bezahlung erfolgte in einem Geheimversteck auf Kreta, nahe dem Ort Chania, aber doch so weit entfernt, daß sich dort nur ganz selten jemand blicken ließ.

      Fiebernd vor Ungeduld wartete er darauf, daß das Luk mit Brettern abgedichtet wurde, und als ihm das zu langsam ging, verließ er seinen Platz auf dem Achterdeck und legte selbst mit Hand an.

      Ein getränktes Segeltuch wurde darüber festgezurrt, und so verhallte das erneute Geschrei da unten. Es wurde vom Donnern der Wellen, vom Heulen des Windes und vom Ächzen und Aufklatschen des Schiffes in der See verschluckt.

      „Ein paar Verluste müssen wir einkalkulieren“, sagte der Sarazene, „falls es noch schlimmer wird. Aber die meisten werden es wohl überleben.“

      „Es wird ganz sicher noch schlimmer, Sidi“, meinte der Gaffir Muhmad. „Und bis wir die Insel erreicht haben, werden auch noch zwei Tage vergehen. Sollten wir nicht lieber nach Norden ausweichen und den Sturm umsegeln?“

      Der Sarazene schüttelte den Kopf. Er war ein großer schlanker Mann, mit einem sauber gestutzten Kinnbart und kohlschwarzen, verschlagen blickenden Augen, die mitunter sehr stechend wirkten. Seine Hände waren in ständiger unruhiger Bewegung.

      „Dadurch wird die Strecke auch nicht kürzer“, sagte er. „Nein, nein, wir bleiben auf östlichem Kurs. So Allah will, wird er uns auch glücklich ans Ziel führen.“

      Gegen die Anordnungen des Reis, des arabischen Kapitäns, gab es keinen Widerspruch. Muhmad durfte sich bestenfalls ein paar Vorschläge erlauben, doch das letzte Wort hatte der Kapitän, und demnach blieben sie auf östlichem Kurs, und wenn die ganze Welt dabei unterging.

      Die meisten Leute verschwanden in den unteren Räumen. An Deck hielten sich nur fünf Mann auf.

      Nach einer weiteren Stunde, als es immer schlimmer wurde, ließ der Sarazene, wie er von Feinden oft genannt wurde, jedoch die Besatzung hochpurren.

      Es wurde dunkel, die Dämmerung ging ziemlich schnell in totale Finsternis über, und die See begann immer wilder zu toben, zu kochen und zu brodeln.

      Der Wind fiel jetzt hart von Nordnordwest ein, jagte die Schebecke durch wilde aufgepeitschte See, ließ sie hüpfen und tanzen, jagte sie mit Urgewalten vor sich her und trieb sie mit wütendem Gebrüll nach Osten. Die Männer auf dem Achterdeck mußten schon schreien, um sich zu verständigen. Der harte Wind riß ihnen die Worte von den Lippen und richtete ihnen die Haare auf.

      Donnernd ging es rauf und runter. In den Kammern flog alles, was nicht ganz besonders gut festgezurrt war, wild durcheinander.

      Seen überfluteten das Deck, brüllten schäumend und mit wirbelnden Armen über die Galion, wälzten sich weiter und überfluteten das Mitteldeck, wo das Wasser wie eine schwarze Mauer aus Glas lange stehenblieb, bis es beim nächsten Aufklatschen wieder in die See zurücklief.

      Immer wilder wurde der Höllentanz. Es krachte und knackte in allen Verbänden. Schon vorher waren die Segel eingeholt worden, und jetzt begann die Schebecke vor Topp und Takel zu lenzen.

      Selbst die Sturmlaternen, die entzündet wurden, blies der Wind gleich wieder aus.

      Muhmad brachte eine Lampe, die mit Leuchtöl brannte und deren Flamme der Wind durch das schützende Glas nicht ausblasen konnte. Doch sie verbreitete kaum Licht.

      Der Restschein genügte jedoch, um vage die Umrisse des Mitteldecks erkennen zu können.

      Dort liefen immer wieder gewaltige Seen auf, türmten sich bis zum Niedergang hoch und zischten über das Quarterdeck, liefen weiter über das verlängerte Heck und brausten wild durch die Gräting.

      Der Sarazene hatte Angst um seine Gefangenen.

      Wenn sie sich hier schon auf dem Achterdeck kaum noch halten konnten, dann mußte in dem großen Raum der Teufel los sein. Dort kullerten die Leiber wild durcheinander, da hielt sich keiner mehr auf den Beinen, und da war längst eine Panik ausgebrochen.

      Vielleicht waren auch schon einige tot, dachte der Kapitän bekümmert, oder so schwer verletzt, daß ihr Tod nur noch eine Frage der Zeit war.

      Tote Gefangene bezahlte Ali Abdel Rasul aber nicht, und so überlegte der Sarazene krampfhaft, wie er die Leute retten könne.

      Aber es gab keine Möglichkeit, sie da herauszuholen. Zwar gab es geheime Wege zu dem Raum, und Platz war genügend an Bord, genügend, um zweihundert Mann zu verstekken. Doch wenn er die verängstigten Spanier jetzt auf dem geheimen Weg weiter nach achtern bringen ließ, dann drehten diese Ungläubigen durch, überwältigten vielleicht noch die Mannschaft oder schickten das Schiff zum Scheitan.

      Nein, beschloß er, sie mußten da drin bleiben. Einmal würde dieser höllische Sturm ja auch wieder abflauen.

      Ein paar Tote mußte er eben miteinkalkulieren.

      Doch der Sturm flaute nicht ab. Er legte jetzt richtig los.

      Um Mitternacht ritt die Schebecke durch die Hölle.

      Der Wind fauchte mit Urgewalten, die pechschwarze See rannte allesverschlingend und mit mörderischer Wut gegen das Schiff an und versetzte ihm einen harten Schlag nach dem anderen.

      Das Geschrei aus dem Raum war verstummt, man hörte jedenfalls auf dem Achterdeck nichts mehr außer einem hin und wieder auftretenden entnervenden Gepolter.

      Das Mitteldeck stand permanent unter Wasser, und noch bevor die salzige Brühe ablaufen konnte, wälzte sich schon die nächste Woge mit elementarer Gewalt heran.

      Um sie herum war Schaum, quirliger wirbelnder Schaum, der in langen Fetzen durch die Nacht heulte und die See trotz der Finsternis schaumig und weiß färbte.

      Ein großer Lenzsack war ausgebracht worden, doch die Schebecke spielte weiterhin in der tobenden See verrückt.

      Auf dem Achterdeck hatten sich der Kapitän und der Aufseher Muhmad mit Tauen festgelascht, um nicht über Bord gewaschen zu werden.

      Sie ersoffen fast in dem steigenden Wasser und mußten für lange Zeit krampfhaft die Luft anhalten, bis sich ihre Gesichter blau verfärbten.

      Jetzt hatte auch den Sarazenen die Zuversicht verlassen, hier noch jemals heil herauszugelangen. Er glaubte nicht mehr daran, daß sie Kreta noch erreichen würden.

      Und es wurde noch schlimmer. Einmal, niemand wußte genau wie lange sie schon durch diese Hölle ritten, schäumte es weit vor ihnen in der See leuchtend weiß auf. Das übliche Brausen und Heulen wurde von einem anderen Geräusch überlagert, das sich so anhörte, als würde ein gewaltiger Sog das Meer mit sich fortreißen und irgendwo ablaufen lassen.

      Gehetzt sah sich der Sarazene um. Hinter sich hörte er den Gaffir laut schreien und nach Allah rufen. Vor sich sah er ein blasenähnliches Gebilde aus dem Meer steigen, das von innen her wie erleuchtet wirkte, als brannten dort tausend mit Leuchtöl gespeiste Lampen.

      Dann fühlte er sich übergangslos sanft in die Höhe gehoben, spürte, wie es immer höher ging, und wußte auch, was gleich danach passieren mußte.

      Es ging mit teuflischer Geschwindigkeit bergab, wie in ein tiefes Tal hinunter, wie in einen Schlund der Hölle.

      Die Schebecke setzte laut und donnernd auf, als sei sie auf einen Felsen geraten. Der Schlag pflanzte sich durch das ganze Schiff fort und ließ es unheimlich knistern. Sofort danach wuchtete die weißliche Riesenblase in den Himmel. Sie wälzte sich aus beängstigender Höhe heran, schob einen Schwall aus kalter Luft vor sich her und stürzte sich dann auf das Schiff.

      Diesmal schrie auch der Kapitän unterdrückt auf. Das gesamte Mittelmeer schien sich auf das Schiff zu wälzen. Da war nur noch ein Donnern, Krachen und Bersten, mit dem der Himmel einstürzte.

      Als der Sarazene wieder einen Gedanken fassen konnte und halbtot nach Luft schnappte, stand an Deck nur noch


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