Seewölfe Paket 13. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.ergeben fünfundvierzig. Das wird auch Ali Rasul einsehen.“
Der Sarazene blickte ebenfalls auf die Planken und rechnete. Natürlich gelangte er zu demselben Ergebnis, aber dann schüttelte er ablehnend den Kopf.
„Nein, das tun wir nicht. Wir verrechnen unsere nächste Ware und zählen fünf dazu. Ich weiß nicht, wie Ali reagieren wird, aber wir wollen seinen Zorn nicht beschwören. Er ist nicht nur ein geheimnisvoller, sondern ein einflußreicher und mächtiger Mann. Und solche Herren sind da ganz empfindlich.“
Das sah schließlich auch Muhmad ein, und so fügte er sich in Demut und gab keinen Widerspruch. Das Geld war ja nicht ganz verloren, wenn es natürlich auch schmerzte, so empfindliche Einbußen hinnehmen zu müssen.
Die Schebecke segelte weiter, lahm und angeschlagen, aber sie kam mit dem einen Mast dennoch ganz gut voran.
2.
Auch die „Isabella VIII.“, die ranke Galeone des Seewolfs, hatte den Sturm nicht schadlos überstanden. Zwar fehlten ihr keine Masten oder Rahen, aber etwas anderes war passiert.
Smoky, der die Vorpiek kontrolliert hatte, erschien wieder auf der Kuhl, wo der Kutscher und Edwin Carberry zusammenstanden. Die beiden schienen ein Herz und eine Seele zu sein, denn der Profos lachte laut über eine Bemerkung des Kutschers. Doch nach und nach verschwand das Grinsen aus seinem Gesicht, und Ed blickte leicht angewidert auf das, was der schmalbrüstige Kutscher in der Hand hielt.
Die Datteln sahen etwas zermatscht und klebrig aus, aber der Kutscher stopfte sich eine nach der anderen in den Mund, kaute darauf herum und spie die Kerne dicht an Eds Schulter vorbei übers Schanzkleid in Lee.
Einer der klebrigen Kerne blieb auf dem Handlauf des Schanzkleides liegen, was Carberry mit Widerwillen registrierte.
„Spuck deine Pflaumenkerne gefälligst ins Wasser, du Dorsch“, sagte Ed grollend. „Ich will das klebrige Zeug nicht auf meinem Schiff herumliegen haben.“
„Aha“, sagte der Kutscher angriffslustig. „Da muß ich aber vorher noch drei Dinge richtigstellen, mein lieber Profos. Erstens sind die Pflaumenkerne Dattelsteine, zweitens spucke ich sie nicht aufs Schiff, und drittens ist es mir ganz neu, daß es jetzt dein Schiff ist. Ich entsinne mich nicht, meinen Anteil an dich verkauft zu haben.“
Smoky stand daneben und grinste. Er wollte seine Meldung loswerden, aber jetzt wartete er ab, denn wenn sich der Kutscher und der Profos gegenseitig am Haken hatten, dann wollte sich das der Decksälteste Smoky nicht entgehen lassen, zumal der Profos dabei meist den kürzeren zog.
Noch bewahrte der Profos Ruhe und blieb gelassen, und auch seine Stimme klang noch einigermaßen sanft.
„Hör mal zu, du abgelaichter Kombüsenaal“, sagte er freundlich. „Auf diesem Schiff habe nach Hasard und Ben immer noch ich das Sagen, du lausiger Mustopf. Und wenn ich sage, daß du deine verdammten Datteldinger an Bord spuckst, dann stimmt das auch, was, wie? Oder täuschen mich meine Augen etwa, und auf dem Handlauf liegt nur eine aufgedockte Riesenkakerlake, he? Du wirst jetzt den verdammten klebrigen Mist sofort ins Meer befördern. Und was mein Schiff betrifft: Genau das Stück vom Schanzkleid gehört mir, und auf mein Eigentum werden weder Dattelsteine gespuckt noch sonst was. Und was die Pflaumenkerne betrifft: Es ist mir wurschtig, was das ist. Steine sind Steine, und jetzt wirst du wohl höflicherweise zugeben müssen, daß ich in allen drei Punkten wieder mal recht habe. Aber du siehst das natürlich wieder durchs falsche Ende vom Kieker.“
Ein mit gekonnter Präzision gespuckter weiterer Dattelkern sauste an Eds Schädel vorbei.
Carberry holte tief Luft, aber dann sah er zu seiner Verblüffung, wie der neue Kern den anderen traf und alle beide im Meer verschwanden.
Zufallstreffer, dachte der Koch und Feldscher, aber er nutzte das für sich selbst aus.
„Da liegt also ein klebriger Dattelkern auf dem Handlauf“, sagte er ironisch. „Und ausgerechnet auf deinem Eigentum. Siehst du da etwa einen Kern, Smoky?“ fragte er den Decksältesten.
Smoky verbarg nur mühsam sein Grinsen, als Carberrys wütender Blick ihn streifte.
„Wirklich nicht“, sagte er. „Ich sehe jedenfalls nichts, aber vielleicht sind meine Augen auch nicht ganz in Ordnung. Ich wollte aber etwas anderes sagen.“
„Du hältst jetzt mal die Luft an“, erklärte Ed. „Und du wirst erst dann etwas sagen, wenn ich dich frage. Ihr wollt mich wohl zum Narren halten. Lag da ein verdammter Stein, oder nicht?“
„Das ist richtig“, sagte der Kutscher. „Da lag einer, aber da liegt keiner mehr, und das ist ein Unterschied.“
Carberry griff nach des Kutschers Hand und drückte sie zusammen, so fest, daß aus den Datteln eine dunkle breiige Masse wurde, und dem Kutscher das Mus zwischen den Fingern hervorquoll. Er kriegte kaum noch die Hand auf, so klebte das Zeug.
„Wenn ich mir deine Spitzfindigkeiten anhöre, Kutscher“, sagte der Profos, „dann steigt mir noch das Kielwasser von der letzten Reise hoch.“
„Das sind deine Argumente!“ rief der Kutscher empört. „Kraft, nichts als brutale Kraft. Im Gehirn ist nichts, gar nichts. Du solltest dir mal einen Strohhalm in den Schädel stekken und es auf Erbsengröße aufblasen lassen, damit du argumentieren kannst!“
„Meine Argumente überzeugen mehr“, behauptete Ed trocken. „Und solche lahmen Vergleiche wie mit dem Gehirn bringe ich auch immer noch zustande. Sieh dich doch an! Du siehst von weitem aus wie ein Ofenrohr ohne Umhüllung.“
Smoky begann wie ein kranker Gaul zu wiehern. Er sah die beiden Streithähne an und lachte noch lauter, ganz besonders über den Kutscher, der immer noch sprachlos und verdattert mit verklebter Hand an Deck stand und den Profos grimmig anblickte.
Doch gleich darauf glitt ein freundlicher Schimmer über sein Gesicht, er schlug Carberry mit der linken Hand leicht auf die Schulter und grinste ihn an.
„Keinen Streit, Ed“, sagte der Kutscher. „Diesmal hast du gewonnen, das muß ich ehrlich zugeben. Schlag ein!“
Als der Profos die Hand ausstreckte, kam ihm die bittere Erkenntnis etwas zu spät.
Der Kutscher hatte seine Rechte schon ergriffen und drückte sie kräftig. Der Profos hatte das Gefühl, in einem klebrigen Mustopf zu rühren und kriegte seine Pranke kaum aus der Hand des Kutschers los.
Sein Gesicht verzog sich und drückte allen Ekel dieser Welt aus. Sein Amboßkinn schob sich vor, als sollten darauf yardlange Eisennägel geschmiedet werden. Als sich sein gewaltiger Brustkasten aufblähte, entfloh der Kutscher mit einem hämischen Kichern, rannte durch die Kuhl und blieb vor dem Kombüsenschott noch einmal stehen.
„Jetzt hast du auch ein Argument in der Hand!“ brüllte er. Dann donnerte das Schott zu und wurde von innen verbarrikadiert, weil der Kutscher die verständliche Rache des Profos fürchtete.
„Dieser Mistkerl, dieser“, sagte Ed andächtig. „Gegen den kann man einfach nicht anstinken, der hat’s hier oben“, sagte er zu Smoky und tippte sich an die Stirn.
„Du meinst, daß er verrückt ist?“ fragte Smoky.
„Ganz sicher nicht, ich meine das Gegenteil. Er hat mich wieder mal reingelegt, und ich bin ihm auch nicht böse. Aber eines Tages fällt er dabei böse aufs Kreuz.“
„Hör mal, Ed“, sagte Smoky ernst. „Ich habe in der Vorpiek nach dem Sturm alles kontrolliert. Auch die Wasserfässer. Vier davon sind ausgelaufen, ausgerechnet die größten. Das war der Schlag, der unseren Bug so erschüttert hat. Eins der Fässer ist mitsamt der Verankerung davongeflogen, hat ein zweites angeknackst und bei dem dritten den Spund herausgeschlagen. Und im vierten war ja sowieso nicht mehr viel drin, das hatten wir ja schon umgefüllt.“
Carberry pfiff durch die Zähne.
„Wieviel Wasser haben wir noch?“
„Es langt höchstens