Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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deutlich auf der Karte abhob.

      Er ließ die Karte wieder sinken und war erstaunt. Die Linien verschwanden wie von Geisterhand ausradiert. Sie ließen sich auch bei genauem Draufblikken nicht erkennen.

      „Das ist ja eine tolle Überraschung“, sagte er. „Wer hätte das wohl erwartet?“

      Sofort wurde er von allen umringt, und jeder wollte das Wunder mit eigenen Augen sehen.

      Ein winziger Teil des Geheimnisses schien jetzt gelöst, und das versetzte sie alle in verständliche Aufregung.

      „Eine Zauberkarte“, sagte der kleine Philip andächtig.

      Ja, es schien fast eine Zauberkarte zu sein, denn so etwas hatte noch keiner von ihnen gesehen.

      3.

      Ein paar Lidschläge vergingen, während sie staunend auf die Karte blickten, die je nach Sonnenlicht ihr Geheimnis preisgab oder es für sich behielt.

      „Philip, du gehst an Deck und holst den Kutscher und Dan. Nein“, berichtigte sich Hasard gleich darauf, „ich nehme die Karte mit. An Deck ist das Licht noch besser als hier unten.“

      Zusammen mit dem Profos verließ er die Kammer. Die Zwillinge blieben da, auf dem Boden hockend und die vier anderen Karten mit den Augen verschlingend.

      Als Hasard das Achterdeck erreichte, schien noch immer die Sonne.

      „Kutscher!“ brüllte der Profos, als der Koch und Feldscher gerade seinen Abfallkübel ausschüttete. Er winkte ihn mit dem Finger herbei, aber der Kutscher zog ein mißtrauisches Gesicht und lehnte kopfschüttelnd ab. Er ahnte, was ihm bevorstand, wenn er dem Profos in die Fänge geriet, und so zog er es vor, lieber heimlich, still und leise zu verschwinden.

      „Kutscher aufs Achterdeck!“ brüllte Carberry. „Wenn du nicht gleich antrabst, zieh ich dir die …“

      „… Haut in Streifen“, sagte Dan, aber Ed überhörte es, als sei nichts gewesen.

      „… Hammelbeine lang!“

      Der Kutscher schlich mit mißtrauischem Gesicht über die Kuhl und dann halb geduckt den Niedergang hoch, wo Ed ihn grinsend erwartete und sagte: „Keine Angst, du mickriger Portionenschwenker. Ich werde dich doch nicht schlagen, du brichst doch auf den Yard dreimal durch, wenn ich einmal hinlange.“

      Hasard weihte die Männer in seinen Fund ein.

      „Bei dieser Karte habe ich etwas Eigenartiges festgestellt. Seht sie euch einmal an, vielleicht findet ihr es heraus. Aber haltet sie gut fest, denn wenn sie über Bord geht, haben wir etwas sehr Wertvolles verloren. Fang an, Ben!“

      Ben nahm die Karte, betrachtete sie lange, drehte sie auch um und reichte sie dann an Dan O’Flynn weiter.

      „Merkwürdige Linien sind darauf“, sagte er, „aber sonst kann ich nichts feststellen.“

      Auch Dan O’Flynn fand es nicht heraus, und schließlich wurde die geheimnisvolle Karte dem Kutscher gereicht.

      „Was versteht denn der Kutscher von See- oder Landkarten“, sagte Dan grinsend.

      Die Karte ging weiter reihum, als auch der Kutscher nichts Besonderes an ihr entdeckt hatte. Schließlich strömten immer mehr Seewölfe auf dem Achterdeck zusammen und sahen die Karte an. Aber niemand fand das Geheimnis heraus, weder der ehemalige Schmied von Arwenack noch Smoky, Ferris Tukker, Batuti oder Stenmark. Auch der Moses Bill mühte sich vergeblich damit ab.

      „Ich habe es auch nur zufällig entdeckt“, sagte Hasard. „Haltet die Karte jetzt einmal gegen das Sonnenlicht.“

      Erstaunte Rufe wurden laut, und alle drängten sich um Ben, der fassungslos die geordnete Übersicht auf der Karte erkannte.

      „Das ist ja ein Ding!“ sagte er überrascht. „Da ist ja ein Kontinent zu erkennen, oder was soll das darstellen?“

      „Auf zwei Seiten Land“, sagte Dan O’Flynn. „Dazwischen scheint es einen riesigen Wassergraben zu geben, ungefähr so wie der Ärmelkanal. Kann aber auch breiter sein, wir kennen ja nicht den Maßstab dieser Karte.“

      „Jedenfalls handelt es sich um eine wichtige Seeverbindung“, stellte Hasard fest. „Sonst hätte man das nicht so geheimnisvoll aufgezogen.“

      „Diese Linien können auch zu versteckten Schätzen führen“, meinte Big Old Shane bedächtig. „Frühere Piraten können sie angelegt haben, und damit kein anderer sie findet, hat man sich eben dieser geheimnisvollen Methode bedient.“

      „Jetzt haben wir also zwei Möglichkeiten. Aber wir haben noch vier andere Karten, und irgendwie hängt das meiner Meinung nach doch alles zusammen“, sagte der Seewolf.

      Dann war der Kutscher an der Reihe, und der lächelte und erklärte in aller Gelassenheit: „Ich kenne das von Doc Freemont her. Wenn man Nachrichten austauschen wollte, dann hat man sich dieser Geheimschrift bedient, damit kein anderer es lesen konnte. Dadurch, daß diese Karte schon ziemlich alt ist, wie ich vermute, ist die Geheimschrift jetzt zu einem Teil sichtbar geworden. Sonst sieht man sie nämlich nicht.“

      „Das heißt also“, faßte Hasard zusammen, „es gibt eine Möglichkeit, die Geheimschrift sichtbar werden zu lassen.“

      „Ja, die gibt es“, behauptete der Kutscher.

      „Und du Stint willst uns jetzt vorerzählen, daß du das natürlich kannst!“ rief der Profos dazwischen.

      „Ja, das kann ich, Mister Carberry, auch wenn du das nicht glaubst. Diese Karte ist nämlich mit Zitronensaft geschrieben worden, und der verschwindet fast spurlos im Papier.“

      Die Seewölfe sahen den Kutscher ungläubig an, und selbst der Seewolf hob fragend die Augenbrauen.

      „Mit Zitronensaft?“ fragte Ed gedehnt. „Nicht vielleicht mit Dattelmus oder Pflaumenmarmelade?“

      „Leider kann ich über deine reichlich naiven Bemerkungen nicht lachen“, sagte der Kutscher würdevoll. „Aber ich werde das gelegentlich nachholen, falls du dich je ändern solltest.“

      „Hört mit der Flachserei auf!“ befahl Hasard. „Laßt den Kutscher reden, der versteht davon mehr als wir alle zusammen. Wie ist das nun, Kutscher, welche Möglichkeiten hast du?“

      „Es gibt nur eine Möglichkeit, Sir. Man muß die Karte über eine kleine Flamme halten. Dadurch werden die Linien dunkelbraun und heben sich sehr deutlich von dem Papier ab.“

      „Die Karte könnte dabei Feuer fangen“, sagte Hasard.

      „Nicht, wenn man es ganz vorsichtig anfängt, Sir. Ich würde mir das zutrauen, und ich verbürge mich dafür, daß der Karte nicht das Geringste passiert. Ich bin auch davon überzeugt, daß sich noch weitaus mehr Positionen auf der Karte befinden, man kann sie nur noch nicht sehen.“

      Hasard war von dieser Aussicht begeistert. Anscheinend wurde die Karte immer wertvoller. Und wenn dem Kutscher das gelang, was er behauptete, dann waren sie dem Rätsel ein ganzes Stück näher.

      Alle blickten jetzt fast respektvoll auf den Mann ohne Namen, auf den schmalbrüstigen Koch, dessen Kenntnisse sich nicht nur im Kochen und dem Verarzten von Wunden erschöpften, sondern der auch noch davon etwas verstand, was den anderen ein Buch mit sieben Siegeln blieb.

      Geheimschrift! Geheimtinte! Das war etwas, dachten die meisten. Der Kutscher war schon fast so etwas wie ein Alchimist oder zumindest ein Adept. Vielleicht konnte er sogar Gold herstellen.

      „Das können wir hier an Deck aber nicht tun, Sir“, sagte der Mann, der sich selbst nur der Kutscher nannte. Mittelgroß und dunkelblond, mit blauen Augen, stand er da und ließ die Blicke gelassen über sich ergehen, ein Mann, der mehr war, als er darstellte, der auch distinguierter wirkte als die anderen.

      Die Jahre bei Doc Freemont in Plymouth hatten seinen Verstand geschärft, die richtigen Seebeine waren ihm auf der „Isabella“ gewachsen. Ohne den


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