Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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      4.

      Die Sonne schien, es hatte ein wenig aufgebrist, und die See ging mit langer, rollender Dünung.

      Die Schebecke lief in eine felsige Bucht ein und ging dicht bei den Klippen vor Anker.

      Hinter den Felsen wurde das Land flacher und wellig. Dort wuchsen Ölbäume und Schirmpinien.

      „Fiert das Beiboot ab und bringt die Gefangenen zur Höhle“, befahl der Sarazene. „Die anderen gehen an Land und fällen zwei Pinien, damit wir das Schiff sofort wieder aufriggen können. Das muß alles sehr schnell gehen.“

      „Eine Pinie genügt“, sagte Muhmad. „Wir haben noch einen abgelagerten Stamm hinter der Höhle liegen. Der kann gleich an Bord geschafft werden.“

      „Um so besser“, meinte der Kapitän. „Aber beeilt euch. Wenn wir an dieser Fahrt schon nichts verdient haben, wollen wir wenigstens bei der nächsten eine Menge Gold einstreichen.“

      Bei dem Wörtchen Gold wurde sein Blick sehnsüchtig. Er drehte sich um und starrte zurück, wo die Bucht mit dem Minotaurus lag. Sie waren daran vorbeigesegelt, aber jetzt war diese Bucht nicht mehr zu sehen, in der die Bezahlung auf sie wartete.

      Der Sarazene kriegte fast einen Tobsuchtsanfall, wenn er an das Gold und die Perlen dachte, an die silbernen Piasterchen, die er nun doch nicht holen konnte. In einem Anfall blinder und jähzorniger Wut raufte er sich die Haare und trampelte auf den Planken herum.

      In solchen Augenblicken durfte niemand seinen Weg kreuzen, und so verhielten sich auch alle ruhig und warteten angstvoll ab, bis der jähzornige Anfall vorüber war.

      Meist ging das ganz schnell, so wie jetzt, denn nachdem der Sarazene ausgiebig geflucht und seine Haare gerauft hatte, beruhigte er sich wieder und hörte mit dem Trampeln auf.

      Die drei spanischen Frauen und die beiden Männer erschienen an Deck und blinzelten verwirrt in das Sonnenlicht. Dann wanderten ihre Blicke weiter zu den finsteren Gestalten, zu den abenteuerlichen Gesellen, und niemand wußte, was jetzt mit ihnen geschah.

      Die Spanier sahen zerlumpt und abgerissen aus, aber ihre körperliche Verfassung war gut, und so würden sie auch gute Preise erzielen, überlegte der Kapitän.

      Sollte er vielleicht doch das Gold holen – sozusagen als Vorschuß?

      Er kämpfte diesen Gedanken nieder und musterte die Frauen, die ihn verächtlich anblickten. Ihre Gesichter waren noch von kleinen Schrammen gezeichnet, auch ihre Arme wiesen noch blaubraune Flecken auf. Aber das war in ein paar Tagen vergangen.

      Einer der Spanier schrie den Sarazenen an.

      „Was sagt er, Achmed?“ fragte er einen finster aussehenden Mann, der die Sprache der Spanier gut beherrschte.

      „Er sagt, er sei ein spanischer Grande, und er will wissen, was mit ihm und seiner Frau geschieht. Er fragt, wann sie endlich freigelassen werden?“

      „Sag ihm, er wird überhaupt nicht freigelassen. Er wird auf dem weißen Sklavenmarkt verschachert, der Christenhund.“

      Achmed übersetzte das, und kaum hatte er die Worte heraus, als sich der geschwächte Spanier mit einem Wutschrei auf den Sarazenen stürzen wollte.

      Der Kapitän hatte seinen versilberten Krummdolch gezogen. Muhmad zog seinen Schiffshauer und setzte ihn der einen Spanierin an die Brust. Seinem Gesicht sah man an, daß er sofort zum Töten bereit war.

      Da gab sich der Spanier geschlagen und ließ sich mit den anderen willenlos in das Boot führen.

      Zum Land waren es nur ein paar Yards, und so wurden die Spanier unter scharfer Bewachung ausgeladen und mußten am felsigen Strand Aufstellung nehmen.

      Der Sarazene ging voran, denn nur er hatte den Schlüssel für das Felsenverlies.

      Die anderen Männer folgten ein Stück dem gewundenen Pfad. Dann bogen sie nach links ab, um die Pinie für den Mast zu fällen und die andere zu holen.

      Ein paar Yards ging es über Steine und Geröll, durch einen engen Felsenschlauch. Ein riesiger Findling wurde umgangen, dahinter befand sich das Felsengitter. Die rostigen Stäbe waren tief im Felsen verankert, eine geschmiedete Kette mit einem Schloß hielt den engen Durchlaß noch einmal ganz besonders fest.

      Der Sarazene schloß auf, drehte das Gitter zur Seite und marschierte als erster hinein.

      Es war eine Höhle im Felsen, ein Gang von knapp zwanzig Yards Länge und vier Yards Breite, der künstlich erweitert worden war.

      Daß die Gefangenen hier jemals ausbrechen konnten, war so gut wie unwahrscheinlich. Von See her war die Höhle nicht einsehbar, und die Inselbewohner, die genau wußten, was hier vorging, hüteten sich, die Nähe der Felsenhöhle zu suchen, denn Alis Zorn war überall gefürchtet.

      Am Ende der Höhle befand sich eine breite Grotte. In die Felswände waren eiserne Ringe eingelassen, von manchen hingen noch die rostigen Ketten hinunter.

      Der Sarazene ging zu einer dickbäuchigen Wassertonne, schöpfte mit der Hand Wasser und kostete es.

      „Gut und frisch“, stellte er fest. Er kontrollierte ein kleines Faß mit Schmalzfleisch, prüfte, ob es ranzig roch, und ging dann weiter zu einem anderen Faß, in dem sich harter Zwieback befand.

      Inzwischen hatten die Frauen angstvoll an der hinteren Felswand Aufstellung genommen. Sie waren erstaunt, daß man sie nicht fesselte oder an den Ringen festband. Sie konnten sich in der Grotte und dem Gang der Höhle frei bewegen, genau wie die Männer auch.

      „Sag ihnen, sie sollen nicht versuchen, auszubrechen, Achmed“, befahl der Kapitän. „In den Felsen sitzen Tag und Nacht Wachen, und die hören jedes Geräusch. Wenn an dem Gitter nur gerüttelt wird, hätten sie Auftrag, in den Gang mit Musketen zu feuern.“

      „Bleiben denn Wachen hier?“ fragte Achmed.

      „Nein, du Dummkopf. Das soll sie nur einschüchtern. Wir können hier keine Wachen zurücklassen, wir brauchen jeden Mann.“

      Achmed übersetzte das, aber er erhielt von den Spaniern keine Antwort. Sie vermuteten eine neue Teufelei der Araber und fügten sich in ihr Schicksal.

      „Fünf Leute“, überschlug der Sarazene, „der Proviant dürfte für knapp eine Woche reichen. Aber solange dauert es bestimmt nicht, bis Ali Rasul die Gefangenen holt. Gehen wir, jetzt wird zuallererst das Schiff instandgesetzt.“

      Die Gefangenen standen immer noch an der Wand. Verängstigt, abgerissen und gedemütigt gingen sie einem grauenhaften Schicksal entgegen. Aber sie muckten nicht auf, sie fürchteten die unberechenbaren Araber zu sehr, außerdem konnten sie gegen diese Übermacht gar nichts ausrichten.

      Der Sarazene legte die Kette vor, versperrte das Schloß und überprüfte alles noch einmal sorgfältig.

      Nein, hier konnten sie nicht ausbrechen, sie hatten auch keinerlei Werkzeug, mit dem sie einen Ausbruch bewerkstelligen konnten. Und mit bloßer Kraft brach keiner die eisernen Stäbe heraus.

      Keiner warf mehr einen Blick zurück, als sie den Weg zurückgingen. Dort trafen sie auf die Männer, die die beiden Ersatzmasten bereits bis fast zum Strand geschleppt hatten.

      Der Sarazene warf wieder einen Blick zu seiner über alles geliebten Bucht, und vor seinem geistigen Auge tauchten erneut Perlen, Piaster und Gold auf. Er seufzte leise, wenn er daran dachte.

      Von hier aus hatte man einen weiten Ausblick über das Meer. Der Sarazene war so in seine geldgierigen Gedanken versunken, daß ihm sogar das kleine weiße Etwas am Horizont entging.

      Erst als er sich bedauernd abwandte, wurde sein Blick wieder klar, und er blieb stehen, als hätte ihn der Blitz getroffen.

      „Ein Schiff!“ rief er laut, und deutete mit der ausgestreckten Hand zur Kimm, wo kaum sichtbar ein Schiff auftauchte. Es hielt genau Kurs auf die Insel, und es war auch ganz sicher kein Araber, Syrer oder Libanese.

      Diese


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