Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 13 - Roy Palmer


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du elender Bastard! Du warst deiner Sache zu sicher und dachtest, leichtes Spiel mit mir zu haben. Dies ist nun meine Rache.“

      Sie stieß noch einmal zu, dann beugte sie sich über ihn. Jella durchsuchte Selim, der mit weit von sich gestreckten Armen und Beinen im Gang lag. Sie förderte einen kleinen Lederbeutel zutage, in dem sie die Edelsteine, das Gold und die Perlen wußte, die Selim stets als seine Glücksbringer bei sich getragen hatte.

      Dalida fand in einer von Henrys Taschen den Schlüssel zur Kapitänskammer. Sie lachte, richtete sich auf und lief den anderen Frauen voran. Sehr schnell hatten sie die Tür am Ende des Ganges erreicht und öffneten sie.

      Über ihnen war das Gebrüll der Männer der „Isabella“, die jetzt die „Cruel Jane“ zum Greifen nah vor sich hatten und die Enterhaken warfen. Dark Joe, Codfish, Firuz und die anderen Überlebenden eröffneten das Musketenfeuer auf die Streitmacht der Gegner, doch dies konnte die Seewölfe nicht zurückhalten. Sie sprangen auf das Achterdeck der „Jane“ hinüber und kämpften sich säbel- und entermesserschwingend nach vorn.

      Dalida betrat Lord Henrys Kammer und öffnete einen der Wandschränke, in dessen Boden sie das Versteck der kleinen Truhe wußte. Henrys wohlgehüteter Privatschatz – jetzt gehörte er ihr. Sie lockerte die Bodenbretter und warf sie achtlos hinter sich in den Raum. Jella eilte ihr zu Hilfe, und gemeinsam hoben sie die Truhe heraus.

      Plötzlich aber schrie eine der Türkinnen auf.

      Dalida und Jella fuhren zu ihr herum.

      In der Tür stand eine grauenerregende Gestalt: Mechmed, der Berber. Schwimmend hatte er im Hafen von Paphos die „Cruel Jane“ noch erreicht, trotz seiner verletzten Schulter. Er war durchs Hennegat gekrochen und in dem Ruderraum bewußtlos geworden. Erst bei Beginn der Schlacht war er wieder zu sich gekommen, hatte aber die Entwicklung der Dinge abgewartet, um nicht von Henry und dessen Leuten entdeckt und über Bord geworfen zu werden.

      Jetzt, da er sicher sein durfte, daß Henry und Selim die Verlierer des Gefechts waren, erschien er, um sich an Dalida zu rächen.

      Er hatte immer noch sein Messer. „Du hast meine Kameraden umgebracht!“ schrie er. „Stirb auch du!“ Damit stürzte er sich auf sie.

      Jella versuchte, der Ägypterin beizustehen, doch Mechmed war schon über ihr und stach auf sie ein. Dalida sank neben Lord Henrys Schatztruhe zusammen. Mechmed fuhr wieder hoch und wirbelte zu den anderen Frauen herum.

      Jella schleuderte ihr Messer, traf Mechmeds Brust und sah mit Genugtuung, wie er zusammenbrach.

      „Öffnet die Truhe!“ fuhr sie die Türkinnen an.

      Doch jetzt stürmten die Seewölfe, die inzwischen die Kuhl der „Jane“ erobert hatten, auch schon das Achterkastell.

      Jella riß die Tür zur Heckgalerie auf.

      „Fort!“ rief sie. „Ins Wasser! Es ist unsere einzige Chance! Diesmal verschonen sie uns nicht!“

      Sie kletterte als erste über die Balustrade und ließ sich ins Wasser fallen, die anderen folgten ihr.

      Hasard und Ben Brighton blieben an der Spitze ihrer kleinen Gruppe im Achterdecksgang stehen. Das Handgemenge auf der Kuhl war bereits entschieden und hatte damit geendet, daß Dark Joe, Dobran und Firuz ihr Leben gelassen hatten, während Codfish und etwa ein Dutzend anderer Männer von der Galeone ins Wasser gesprungen waren. Die Ratten verließen das Schiff – die „Jane“ gehörte den Seewölfen.

      Erschüttert sah Hasard auf Selim hinunter, dann entdeckte er auch Henry.

      Lord Henry war noch nicht tot. Auf allen vieren war er bis zu seiner Kammer gekrochen, drückte nun die nur angelehnte Tür auf und arbeitete sich weiter vor bis zu Dalida und Mechmed.

      Auch Mechmed lebte noch.

      Er erkannte Henry in den rötlichen und schwarzen Schleiern, die vor seinen Augen wallten, stieß ein heiseres Lachen aus und flüsterte: „Henry, du verfluchter Hund von einem Giaur. Du hast uns – verkauft – aber wir, Dalida und ich – wir sind dir wie Geister gefolgt.“

      „Verrecke“, sagte Henry keuchend.

      „Weißt du noch – Reagan …“

      „Du hast ihn vor Elba ins Meer – gestoßen?“

      „Ja. Ich war es.“

      Henry war bei der Truhe angelangt und zog sich halb an ihr hoch. „Scoby hat es – immer behauptet. Jetzt ist er tot.“

      „Wir alle – müssen sterben“, murmelte Mechmed.

      „Dann stirb“, sagte Henry rauh.

      Mechmeds Kopf sank zur Seite, seine Gestalt erschlaffte.

      Hasard und Ben betraten die Kapitänskammer und sahen, wie Henry über seiner Schatztruhe zusammenbrach. Der Seewolf, der sich sofort über ihn beugte, konnte nur noch seinen Tod feststellen.

      „Fünf Messerstiche haben ihn getroffen“, sagte Hasard, als er sich wieder erhob und zu Ben umwandte. Soeben betraten auch Carberry, Ferris Tucker und die beiden O’Flynns den Raum. „Eine Verschwörung, wahrscheinlich von Dalida und Mechmed angezettelt. So hat er ein unrühmliches Ende gefunden, genau wie Selim.“ Er blickte Old Donegal Daniel O’Flynn an. „Und dein frommer Wunsch, Donegal, ist auch in Erfüllung gegangen.“

      „Sollen wir die Beiboote der ‚Jane‘ abfieren, ehe der Kahn sinkt?“ fragte der Profos. „Sir, ich glaube, du willst die Überlebenden doch wenigstens vor den Haien bewahren, oder?“

      „Ja. Fiert die Boote ab.“

      „Die Truhe nehmen wir mit?“ erkundigte sich Dan.

      „Selbstverständlich“, antwortete der Seewolf, dann bückte er sich, um Henrys Körper zur Seite zu räumen. „Los, helft mir!“

      Keine Viertelstunde später waren sie von Bord der „Cruel Jane“ auf die „Isabella“ zurückgekehrt. Die Enterhaken wurden gelöst, die „Isabella“ gewann Abstand und segelte bald darauf nach Süden davon.

      Die „Isabella“ geriet am darauffolgenden Morgen, dem 21. Dezember 1591, in einen jäh von Westen heraufziehenden Sturm und mußte an Zyperns südlicher Küste vorbei nach Osten ablaufen, um das Toben von Wind und Wasser abzureiten. Einen Tag und eine Nacht dauerte der Sturm an, und die Seewölfe wurden über den östlichen Landzipfel Zyperns hinaus auf die Küste des Libanons zugetrieben.

      Ägypten und die Mündung des Nils waren immer noch fern …

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      1.

      Auf der Höhe des fünfunddreißigsten Breitengrades, westlich von Kap Ibn Hani und östlich der Bucht von Famagusta, begann die Dünung nachzulassen.

      Die „Isabella VIII.“ lief Südkurs, denn ihr Kapitän Philip Hasard Killigrew hatte es eilig, das geheimnisvolle Land Ägypten anzulaufen. Seine Neugier war immer stärker geworden, aber in letzter Zeit geriet auch immer wieder etwas dazwischen.

      Diesmal war es eine Flaute, die sich ankündigte. Außerdem wuchsen aus der flaschengrünen See feine spinnige Arme, die wie Rauch in die Höhe zogen.

      Old O’Flynn und der Profos Edwin Carberry hatten das bereits seit einiger Zeit geahnt. Beim alten O’Flynn juckte wieder einmal das Holzbein, doch er hielt sich mit seiner Prognose zurück, weil er die ständigen dummen Sprüche der anderen satt hatte.

      Carberry starrte düster ins Wasser, dann kehrte sein Blick zurück und blieb an Old O’Flynn hängen. Und prompt erfolgte das, was den Alten augenblicklich in Braß brachte.

      „Dein krummes Holzbein kannst du dir von Ferris zu Brennholz zersägen lassen“, motzte Ed. „Früher hat es so’n Scheißwetter immer angezeigt, aber heute habe ich nichts davon gehört. Sonst reißt du schon immer drei


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