Seewölfe Paket 13. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.in den Wind.
„Was wollt ihr von uns?“ fragte er direkt, ohne auf die lauen Höflichkeitsfloskeln einzugehen.
„O Herr, ich bin Ibrahim, der syrische Händler, euer ergebenster Diener. Ich möchte euch die Köstlichkeiten des Orients offenbaren, meine Waren vor euch ausbreiten und euch zum Kauf verlocken.“
„Ein einfacher Händler, der über die Meere fährt, um fremden Schiffen seine Waren zu verkaufen?“ fragte Hasard spöttisch.
„Ein armer, einfacher Händler, Herr, so ist es, der sieben nichtsnutzige Bastarde mit sich führt, die er ernähren muß.“
Wieder erfolgte eine Verneigung, dann zeigte Ibrahim, wie Rasul sich nannte, auf die „sieben nichtsnutzigen Bastarde“, die grinsend und freundlich an Deck standen.
Hasard suchte den Köder, aber noch fand er ihn nicht. Dieser schillernde Taugenichts war mit Leim beschmiert, von oben bis unten, das war ihm längst klar, nur kam er nicht dahinter, ob hier wirklich ein Köder auslag, oder ob es sich um einen ganz besonders gewieften orientalischen Schacherer handelte, einen fahrenden Kaufmann, der die Leute einseifte und übers Ohr haute.
Dieser Kerl war eine Herausforderung für ihn, er strahlte etwas Schlitzohriges aus und konnte ebensogut ein ehrlicher Kumpel wie betrügerischer Schnapphahn und Beutelschneider sein.
„Und jetzt möchtet ihr an Bord, um eure Köstlichkeiten vorzuführen?“ fragte der Seewolf ironisch.
Daß dieser Mann eine unerkannte Gefahr in sich barg, bewies ihm allein das sorglose Grinsen seiner Leute. Selbst der mißtrauische Profos amüsierte sich, und auch Old O’Flynn schien Sympathien für diesen Schnapphahn zu empfinden.
Ibrahim verstand es jedenfalls ganz hervorragend, die Wachsamkeit der Seewölfe einzulullen, und das gab Hasard sehr zu denken.
„Nein, o Herr!“ Ibrahim tat entrüstet. „Nie würden wir wagen, euer Schiff zu betreten. Wir sind nichtsnutzige, armselige und unwürdige Händler, die durch den Verkauf von Waren bescheiden leben. Wir möchten euch bitten, unsere Waren anzusehen, denn ganz sicher werdet ihr einiges brauchen können. Und ich kann versprechen, daß ich fast alles liefere, was ihr wünscht, Herr.“
In Hasards Gesichtsausdruck lag immer noch jener spöttische Zug, denn er glaubte dem Kerl nicht und hielt ihn für einen Märchenerzähler, der sie ablenken wollte, um in aller Ruhe eine Teufelei auszuhecken.
Dabei dachte der Seewolf unwillkürlich an den Gaukler, der sie damals reingelegt hatte, und an andere Kerle, die es ebenfalls auf ähnliche listige Weise versucht hatten.
Unwillkürlich zuckte er leicht zusammen, als sich weit hinter der Feluke etwas aus dem Wasser hob. Es schnellte hoch, verschwand aber sofort wieder, und erst im letzten Augenblick erkannte Hasard, daß es ein vorwitziger Delphin war, der wieder auf Tiefe ging.
„Wie wär’s denn mit Aladins Wunderlampe?“ fragte der Moses Bill grinsend. „So etwas würde ich gern kaufen.“
Ibrahim lachte leise und zeigte wieder sein prächtiges schneeweißes Gebiß.
„Ich sagte ‚fast alles‘, junger Herr. Aber Wunderlampen und fliegende Teppiche hat selbst Ibrahim nicht anzubieten. Aber ihr könnt Messer, reichverzierte Dolche, Pistolen, Lampenöl, Tonkrüge, und was der Dinge mehr sind, sehr billig erwerben.“
Der Sarazene blieb hartnäckig. Er wollte den Seewölfen mit aller Gewalt etwas verkaufen.
Was, fragte sich Hasard, wenn der Kerl nun wirklich ein ganz harmloser Händler war, der sein Dasein durch den Verkauf von Waren an Seeleute fristete? Mußte man deshalb immer gleich das allerschlimmste annehmen?
Ja, verdammt, das mußte man, die Erfahrung hatte das überreichlich gelehrt und immer wieder bewiesen, und er ärgerte sich insgeheim, daß er diesen Ali Baba, diesen Gaukler Aladin, oder wie immer der Kerl heißen mochte, schon als harmlos einzustufen begann.
Ungerührt und mit orientalischer Hartnäckigkeit pries er seine Waren weiter an. Dann ließ er die Feluke so drehen, daß der Blick auf einen achteren Raum fiel, der kostbar ausgestattet war. Hasards Kapitänskammer nahm sich dagegen fast schäbig aus.
Boden und Wände waren mit Teppichen belegt und behängt. Von der Decke baumelten Öllampen, über den Teppichen waren Krummschwerter und Dolche angebracht. Da gab es Wasserpfeifen, Tonkrüge, kostbare Stoffe, Silberwaren und arabische Teetische aus gehämmertem Messing.
Einer der Kerle, der die türkischen Bundhosen trug, zauberte ein paar winzige Tassen herbei, schnappte sich einen Kupferkessel voll dampfenden Wassers und goß das Zeug aus Kopfhöhe bis zu den Knien hinunter zielsicher in die Tassen, ohne einen einzigen Tropfen zu verschütten oder sich die Hand zu verbrühen.
„Pfefferminztee mit Rosenöl, Tee mit Orangenwasser, oder darf ich euch kühlen Tamarindensaft zur Begrüßung anbieten?“ fragte der vermeintliche Händler eifrig.
„Wir wünschen keine Getränke“, sagte Hasard schroff und dachte daran, daß der Herrscher von Tortuga mit einem ähnlichen Trick auch schon einmal versucht hatte, die „Isabella“ in seine Gewalt zu bringen. Damals war es vergiftetes Trinkwasser gewesen, hier konnte es vergifteter Tee sein. Der Trick war zwar nicht neu, aber immer noch wirksam.
„Was wir brauchen, sind Eisenkugeln und Pulver, und damit werdet ihr ganz sicher nicht handeln.“
„Ihr tut mir unrecht, Herr“, jammerte Ibrahim. „Ihr stoßt die Hand eines Freundes zurück, der es gut mit euch meint. Ibrahim will euch helfen, Herr. Ihr habt Siebzehnpfünder, wie ich sehe. Wie viele Kugeln braucht ihr?“
„Etwa hundert“, sagte der Seewolf lässig und grinste den Händler herausfordernd an, der ein unglückliches Gesicht zog.
„Sieh nach, ob wir noch hundert haben, Moshe!“ befahl Ibrahim einem seiner grinsenden Kerle. Dann wandte er sich wieder an den total verblüfften Seewolf. „Würden euch zehn Faß Pulver genügen, Herr?“
Hasard sah den Profos an, der blickte ungläubig zurück, und auch die anderen zogen ratlose und verblüffte Gesichter.
„Ihr habt Siebzehnpfünder an Bord?“ fragte Al Conroy fassungslos.
„Ja, Herr“, klang es unglücklich zurück, „aber vielleicht sind es nur noch neunzig oder ein paar weniger.“
„Das ist ja nicht zu fassen“, sagte Ben Brighton. „Diese Feluke ist wohl ein schwimmender Bazar, was? Der Kerl hat einfach alles. Wenn er vernünftige Preise hat, könnten wir ihm vielleicht doch einiges abkaufen.“
„Ich kann ja jetzt schlecht nein sagen, wenn ich die Kugeln und das Pulver geordert habe.“ Hasards Stimme klang leicht gereizt.
Und sein Blick wurde fast böse, als dieser Hundesohn von einem Händler voller Stolz verkündete, sie hätten doch noch zufällig, wie Allah es fügte, genau hundert Kugeln an Bord.
„Nimm dich in acht, Sir“, raunte der alte O’Flynn. „Dieser Kerl ist ein Zauberer, ein Gaukler, der steht mit dem Satan im Bund und hat einen Pakt mit ihm geschlossen.“
„Diesmal muß ich dir fast recht geben, Donegal. So etwas Ähnliches dachte ich auch schon.“
Hasard unternahm aber noch einen letzten Versuch, um diesen merkwürdigen Händler loszuwerden.
„Vorher müssen wir uns über den Preis einigen!“ rief er. „Wenn die Kugeln und das Pulver zu teuer sind, kaufe ich sie an Land.“
„O Herr, ihr wißt die wahre Freundschaft nicht zu schätzen“, klagte Ibrahim. „Ich habe die Kugeln und das Pulver von einem gestrandeten Schiff genommen. Ihr seht, ich bin ein ehrlicher Mann. Sie haben mich also nur die Arbeit gekostet und sonst nichts. Aber ich muß meine Leute bezahlen und habe die Unkosten. Würdet ihr es als unverschämt empfinden, Herr, wenn ich zwei englische Pfund nehme?“
„Für jedes Faß Schießpulver?“ fragte Hasard.
„Für alles zusammen, Herrn. Für die Kugeln, das Schießpulver und die