Seewölfe Paket 13. Roy Palmer
Читать онлайн книгу.donnerten die 17pfünder der „Isabella“.
„Feuer!“ schrie nun auch Marciaux, doch zum genauen Zielen blieb seinen Geschützführern keine Zeit mehr.
Die Seewölfe hingegen hatten das richtige Maß genommen: Drei der vier losorgelnden Kugeln trafen die „Sans Pareil“, rasierten ihr das halbe Galion samt Bugspriet und Blinde weg, knickten ihren Fockmast an und nahmen ein Stück des Kuhlschanzkleides mit. Einer von Marciaux’ Decksleuten wurde außenbords befördert. Sein Todesschrei gellte durch die Nacht.
Die Kugeln der „Sans Pareil“ lagen zu kurz und rissen nur gischtende Wasserfontänen aus der See hoch.
„Feuer!“ tönte es wieder an Bord der „Isabella“, und jetzt spuckten die achteren vier Backbordgeschütze Feuer, Eisen und Rauch aus.
Marciaux ließ wutentbrannt die letzten Kanonen der Backbordseite zünden. Diesmal hatte er mehr Glück und brachte der „Isabella“ ein kopfgroßes Loch in der Bordwand und einigen Schaden am Schanzkleid bei.
Doch größer war die Zerstörung auf der „Sans Pareil“. Auch die zweite Salve der „Isabella“ saß. Die „Sans Pareil“ erbebte, Holz- und Eisentrümmer wirbelten, die Männer schrien, Verwundete wälzten sich auf dem Oberdeck.
Fernand Marciaux war entsetzt, einen solchen Auftakt der Schlacht hatte er nicht erwartet. Er ließ weiter abfallen und versuchte, der „Isabella“ nachzustellen, doch die lag jetzt bereits platt vor dem Wind und lief – mit noch schnellerer Fahrt – nach Südosten. Ihre beiden achteren Drehbassen dröhnten und entsandten noch einen Eisengruß an Marciaux, der dem ramponierten Galion den Rest besorgte.
Die „Isabella“ lief der allmählich auf Südkurs gehenden „Sans Pareil“ also davon, halste und luvte wieder an. Somit segelte sie jetzt in westlicher Richtung.
Lord Henry ließ fluchend vom Wind abfallen und steuerte ebenfalls nach Süden, dann aber, als er die neue Absicht des Gegners erkannte, wieder nach Südwesten.
Hasard ging auf Nordwestkurs, und somit befanden sich die beiden Erzfeinde jetzt auf Kollisionskurs. Dann aber schwenkte die „Isabella“ überraschend noch weiter herum und ging über Stag. Statt die „Cruel Jane“ von Luv her anzugreifen, wie Lord Henry und Selim fest angenommen hatten, zog sie hart am Vorschiff der „Jane“ vorbei, drehte bis nach Nordosten und rauschte in Lee dicht, sehr dicht an den vor Wut aufschreienden Freibeutern vorbei.
„Feuer!“ brüllte Lord Henry.
„Feuer!“ rief auch der Seewolf.
Die inzwischen nachgeladenen Backbordgeschütze wummerten und rollten zurück. Die volle Breitseite jagte zur „Jane“ hinüber und schien sich mit deren Breitseite zu kreuzen – und dann bohrten sich die Kugeln auf beiden Seiten mit Krachen und Splittern ins Schiffsholz.
Hasard und seine Männer lagen flach auf den Decksplanken und schützten ihre Köpfe mit den Händen. Trümmerteile prasselten auf sie nieder, aber niemand wurde schwer verletzt, nur hier und da gab es ein paar Kratzer, Beulen und Prellungen.
Hasard sprang wieder auf, lief von der Back auf die Kuhl und schrie: „Shane, Batuti, die Pulverpfeile! Ferris!“
Darauf hatten Shane, der Gambia-Mann und der Schiffszimmermann der „Isabella“ nur gewartet. Die Flaschen flogen torkelnd durch die Luft, die Brandpfeile mit den pulvergefüllten Schäften sirrten, und auf das Einschlagen der 17-Pfünder-Kugeln folgte eine ganze Serie von Explosionen an Bord der „Jane“.
Die „Isabella“ lief jetzt von der „Jane“ ab, befand sich mit einemmal wieder auf einer Höhe mit der „Sans Pareil“ und hatte sie in Lee liegen. Sofort ließ der Seewolf die komplette Steuerbordbatterie abfeuern, und so glitt die „Isabella“ nun doch als feuerspeiende Festung mitten zwischen den beiden Gegnern hindurch.
In Paphos wurde der Kanonendonner sehr wohl vernommen, doch kein Schiff lief aus, um in die Schlacht einzugreifen. Man fragte sich zwar, warum dort draußen so erbittert gekämpft wurde, aber niemand wollte seine Haut zu Markte tragen, nicht für einen windigen Franzosen oder für einen großen, groben Engländer oder für einen zwielichtigen Türken – oder für noch jemand anders, der in Paphos auf Zypern überhaupt nicht bekannt war.
Marciaux ließ das Feuer der „Isabella“ zwar noch erwidern, doch dann verzog er sich nach Süden, denn er hatte die Nase voll. Alles war anders gelaufen, als er sich ausgemalt hatte, ein Sieg war nur noch unter größtem Einsatz an Männern und Material zu erringen. Doch selbst für all das, was Henry ihm versprochen hatte, waren ihm sein Schiff und seine Mannschaft zu schade.
Fernand Marciaux, der einen Pakt genauso schnell brach, wie er ihn einging, verschwand mit seiner „Sans Pareil“ in der Nacht. Er hatte schon genug Verwundete und Tote zu verzeichnen. Es würde viel Arbeit verursachen, die Galeone wiederherzurichten, aber als ein noch schlimmeres Übel empfand es der Franzose, daß seine Leute und er in den nächsten Tagen nun wohl doch nur Thunfisch essen mußten.
Die „Isabella“, fast so schwer angeschlagen wie die „Sans Pareil“, luvte wieder an, lief um das Heck der „Cruel Jane“ herum und griff Lord Henry und Selim von Luv her an, ehe diese so weit herummanövriert hatten, daß sie die Steuerbordkanonen abfeuern konnten.
Schräg von achtern schob sich die „Isabella“ auf ihren Gegner zu, und immer noch flogen die Höllenflaschen und die Brandpfeile und sorgten drüben für Zustand. Smoky konnte jetzt die vorderen Drehbassen zünden. Er traf das Ruderblatt der „Jane“, so daß die Piratengaleone steuerlos in der See trieb.
„Klar zum Entern!“ schrie der Seewolf.
Er stand wieder auf der Back, hatte sich seinen Radschloß-Drehling umgebunden und hielt einen schweren Cutlass bereit.
Die Männer seines Enterkommandos versammelten sich hinter ihm.
„Sie sind schneller als wir!“ brüllte Tim Scoby Lord Henry vom Achterdeck aus zu. „Sie schaffen es, sie entern!“
„Drehbassen – Feuer!“ schrie Henry, der mit Selim auf dem Hauptdeck stand und selbst mithalf, die entstandenen Feuer zu löschen. Dort, wo sich die Kuhlgräting befunden hatte, klaffte ein gewaltiges Loch in den Planken, gerissen von der einen Flaschenbombe Ferris Tuckers, die die Luke des Frachtraums um ein Vielfaches erweitert hatte. Eine andere Flasche war weiter vorn eingeschlagen und hatte das halbe Vorkastell weggerissen.
Größer waren diesmal die Schäden, viel größer als bei dem Gefecht vom Vortag.
Scoby feuerte die beiden achteren Drehbassen auf die „Isabella“ ab und traf die Back, doch sofort erwiderte Smoky, der seine beiden Geschütze inzwischen nachgeladen hatte, die Schüsse. Scoby wurde getroffen und wie von einer unsichtbaren Faust nach vorn gestoßen. Er kippte über die Balustrade weg und schlug auf die Kuhl. Hier blieb er liegen und regte sich nicht mehr.
„Das Ruder ist zerstört!“ schrie Dark Joe, der kurz vorher den Platz des schwerverwundeten Rudergängers eingenommen hatte.
Henry schleuderte den Wasserkübel fort, den er gerade entleert hatte. Er winkte Selim zu, der nicht weit von ihm entfernt stand, und wies auf das Achterkastell. Selim verstand. Wenn sie zur Heckgalerie liefen, konnten sie von dort aus ein paar sichere Musketenschüsse auf die Gegner abgeben, die sich anschickten, die „Jane“ zu entern.
So liefen Henry und Selim Hals über Kopf in die Hütte – geradewegs in ihr Verderben. Die Türen der Kammern öffneten sich, plötzlich waren die Frauen im Gang und stachen mit Messern auf die beiden Männer ein – Dalida, Jella und die Türkinnen, insgesamt mehr als ein Dutzend.
Weil er sich Selim gegenüber nicht anders hatte verhalten können, hatte Lord Henry auch Jella und die Türkinnen im Hafen von Paphos zu sich an Bord genommen, doch er hatte ein unangenehmes Gefühl dabei gehabt. Er hatte ihnen befohlen, die Achterdeckskammern aufzusuchen und sich von dort nicht fortzurühren – und jetzt war das Komplott perfekt, jetzt kam zum Ausbruch, was seit Wochen geplant war, sowohl gegen Henry als auch gegen den türkischen Seeräuber.
Der Angriff erfolgte