Seewölfe Paket 20. Roy Palmer

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Seewölfe Paket 20 - Roy Palmer


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heraushalten sollte.“

      „Das laß nur meine Sorge sein. Es geht um Gotlinde. Ich denke nicht daran, die Hände in den Schoß zu legen. Wenn es sein muß, kämpfe ich für ihr Leben genauso wie ihr harten Männer.“ Die letzten beiden Worte sprach sie mit einem unüberhörbaren Hauch von Spott aus.

      Batuti grinste, antwortete aber nicht. Er ließ sich die Dinge durch den Kopf gehen, die jetzt zählten. Arkana hatte zwar recht – zahlenmäßig war das Verhältnis nicht einmal schlecht. Aber die „Empress“, war rundum mit Drehbassen bestückt. Zweifellos das Werk Old Donegals, der vergeblich versucht hatte, sich zu verteidigen. Wenn die Deserteure die schwenkbaren Geschütze einsetzten, waren sie klar in der Übermacht.

      Arkana und ihre fünf Begleiter hatten indessen nur Pistolen und Entermesser mit an Land genommen. Das Beiboot, das noch unter den Mangroven am Ufer versteckt lag, war zwar von den Spaniern nicht entdeckt worden. Aber damit anzugreifen, war heller Wahnsinn. Sie würden sich wie auf dem Präsentierteller befinden und weggeputzt werden, bevor sie sich der „Empress“ nähern konnten.

      Während Batuti noch angestrengt über eine Taktik nachdachte, wehten unvermittelt lautere Wortfetzen von der „Empress“ herüber.

      „… immer ich! Ausgerechnet … reine Schikane!“ schrie einer der Kerle aufgebracht.

      „Kann ich genauso sagen“, ertönte eine andere Stimme. „Ich seh auch nicht ein, warum ich schon wieder an der Reihe sein soll.“

      Der Wind trug die Worte jetzt deutlicher herüber.

      „Wenn wir sowieso warten, bis der Sturm vorbei ist, können wir die Klamotten auch später holen.“

      „Verdammt noch mal, seid ihr nicht bei Trost?“ dröhnte eine tiefere Stimme. „Ich habe angeordnet, daß unsere Sachen von der Schaluppe an Bord dieses hübschen Kahns gebracht werden! Ist das so schwer zu kapieren, oder spreche ich zu undeutlich?“

      „Spiel dich nicht auf, Sargento!“ schrie einer der anderen zurück. „Hier haben wir auch ein Wörtchen mitzureden.“

      „Die Befehle erteile immer noch ich!“ brüllte der Anführer erbost. „Einer muß das Sagen haben, sonst sind wir verraten und verkauft. Mit einem Sauhaufen, wie ihr es seid, geht’s beim besten Willen nicht ohne Disziplin.“

      „Der Sargento hat recht!“ rief ein anderer. „Wir waren uns einig, und wir haben darüber abgestimmt.“

      „Aber wir stehen hier nicht mehr im Dienst der Krone“, widersprach der, der gern ein Wörtchen mitreden wollte. „Da kann’s also ruhig ein bißchen lockerer zugehen.“

      „Du kannst locker was aufs Maul kriegen!“ polterte der Sargento los. „Verflucht noch mal, ich will jetzt, daß die Sachen rübergeholt werden. Wenn ihr nicht spurt …“

      Batuti hörte nicht mehr hin. Jäh erkannte er die Chance, die sich ihnen bot. Er wandte sich um und erblickte die anderen, die aus dem Unterholz lugten.

      Auf den Wink des Gambianegers kroch Jack Finnegan lautlos heran.

      „Wir sehen uns die Schaluppe etwas näher an“, sagte Batuti leise. „Eine bessere Gelegenheit kriegen wir so schnell nicht.“

      „Einverstanden“, flüsterte Arkana.

      Die beiden Männer ließen ihre Pistolen bei der Schlangenpriesterin zurück. Der schwarze Herkules tauchte als erster in das kabbelige Uferwasser. Jack Finnegan folgte ihm mit Sekundenabstand, gleich darauf waren die beiden nicht mehr zu sehen.

      Ein hartes Lächeln umspielte die Mundwinkel der Schlangenpriesterin. An Bord der Schaluppe stritten die Spanier noch immer darüber, wer es nun übernehmen sollte, mit dem Beiboot zur Schaluppe zu pullen. Das Palaver, das aus ihrer Faulheit entstanden war, schien sich endlos auszudehnen. Batuti und Jack Finnegan hatten eine gute Chance, es rechtzeitig zu schaffen. Dann stand dem Erfolg ihrer Aktion kaum noch etwas im Weg.

      Wer auch immer die Schaluppe im Verlauf der nächsten Minuten betrat, er würde im Handumdrehen ausgeschaltet werden. Damit war die Kampfkraft der acht Kerle auch schon beträchtlich vermindert.

      Ein leises Rascheln näherte sich der Schlangenpriesterin. Erstaunt wandte sie den Kopf und blickte in das lange Gesicht des Störs. Seine großen, immer noch betrübten Augen, sahen sie fragend an. Er bewegte zwar die Lippen, doch kein Wort war dabei zu hören.

      „Was hast du auf dem Herzen?“ fragte Arkana leise.

      Er räusperte sich hinter vorgehaltener Hand.

      „Wenn du einverstanden bist“, flüsterte er, „würde ich mir gern die drei Halunken auf der Landzunge vornehmen.“ Mit einer Handbewegung deutete er zu der Stelle, wo die Spanier immer noch damit beschäftigt waren, die zusammengeknotete Leine am Baum festzuzurren.

      Arkana überlegte nicht lange.

      „Dann beweg dich schon“, sagte sie halblaut. „Je schneller du sie erwischst, desto besser.“

      Der Stör strahlte plötzlich. Seit er an Bord der „Empress“ war, hatte er nicht mehr so froh ausgesehen wie in diesem Moment.

      „Bin schon unterwegs“, hauchte er, vergewisserte sich, daß seine Pistole fest im Gurt steckte und robbte los.

      Arkana verstand nur zu gut, was in seinem Kopf vor sich ging. Die Selbstvorwürfe nagten mit unvermindertem Schmerz am Gleichgewicht seines Seelenlebens. Der Tatendrang, mit dem er sein Gewissen entlasten wollte, war einfach übermächtig.

      Er brauchte die Genugtuung, etwas zur Rettung Gotlindes beigetragen zu haben – mehr, als nur die Decksarbeit auf der „Empress“ zu verrichten. Nein, er wollte einen aktiven Beitrag leisten, durch den er sich bei Thorfin Njal in ein besseres Licht rücken konnte.

      Deshalb, und nur deshalb, hatte Arkana nicht widersprochen. Sie wußte sehr wohl, daß der Stör jegliche Hilfe kategorisch abgelehnt hätte. Er wollte den Erfolg für sich allein. Nur dadurch, so hoffte er, würde Thorfin ihm wieder gnädiger gesonnen sein.

      Arkana beschloß, dennoch ein wachsames Auge auf das Geschehen auf der Landzunge zu werfen. Sie fühlte sich verantwortlich, da sie wegen der Wurzelsuche die Führung übernommen hatte.

       8.

      Es war ein Klang wie von Hammerschlägen gegen einen großen gußeisernen Kessel. Unablässig dröhnte es mit nicht endendem Nachhall, und jeder dieser Schläge wurde von einem stechenden Schmerz begleitet.

      Der alte O’Flynn brauchte eine Weile, bis er begriff, daß dies die Begleitumstände seines Erwachens waren.

      Mit unendlicher Mühe gelang es ihm, die Augenlider zu öffnen. Doch nichts änderte sich. Nach wie vor war er von schwärzester Finsternis umgeben. Nur das Dröhnen in seinem Schädel ließ ein wenig nach, wenn auch die Schmerzen unverändert blieben.

      Schlagartig setzte seine Erinnerung wieder ein.

      Die verfluchten Kerle, die die „Empress“ gekapert hatten. Sein vergeblicher Versuch, das Schiff zu verteidigen. Das Hohngelächter der Hundesöhne, als sie ihn mit den Riemenblättern niedergeknüppelt hatten. Alles zusammen reichte, um kochende Wut in ihm aufsteigen zu lassen.

      Er verspürte den Geruch von Tauwerk. Also hatten sie ihn ins Kabelgatt gesperrt. Daher auch die Dunkelheit. Alles wurde nach und nach erklärlich. Nur die Frage nicht, wie es den Mistkerlen gelungen war, ihn zu überrumpeln. Er war versucht, sich selbst in den Hintern zu treten, wenn das nur möglich gewesen wäre.

      Erst in diesem Moment wurde ihm bewußt, daß er sich nicht rühren konnte.

      Sie hatten ihn gefesselt.

      Eine neue Woge der Wut brandete durch sein eben erwachtes Bewußtsein. Er lag auf der Seite. Vergeblich zerrte er an den Stricken, die seine Handgelenke umschlossen. Sie hatten ihm die Arme auf den Rücken gebunden, und sie hatten ganze Arbeit geleistet. Auch sein gesundes linkes Bein und die Prothese hatten sie zusammengeschnürt.


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