Seewölfe Paket 20. Roy Palmer

Читать онлайн книгу.

Seewölfe Paket 20 - Roy Palmer


Скачать книгу
abzuräumen.

      Harte Furchen bildeten sich in Old O’Flynns Mundwinkeln. Er war entschlossen, sein Schiff zurückzuerobern. Diesen Bastarden sollte es nicht gelingen, sich die „Empress of Sea“ unter den Nagel zu reißen. Noch viel weniger sollten sie es schaffen, Gotlindes Leben in ernsthafte Gefahr zu bringen.

      Batuti tauchte als erster an der Steuerbordseite der Schaluppe auf. Wassertretend verharrte er und bewegte den Kopf ruckartig nach beiden Seiten, um sich das Wasser aus den Augen zu schütteln. Im nächsten Moment war Jack Finnegan auch schon neben ihm.

      Der Engländer grinste kampflustig.

      Batuti nickte und entblößte sein perlweißes Gebiß. Er hob die Rechte aus dem kabbeligen Wasser und stieß den Daumen senkrecht hoch. Es war das Zeichen.

      Ohne zu zögern, enterte der herkulische Gambianeger als erster auf. Mit kraftvollem Ruck zog er sich hoch, packte das Schanzkleid und rollte sich flach hinüber. Indem er sich mit den Händen abstützte, landete er lautlos auf den Planken. Jack Finnegan folgte ihm wenige Sekunden später auf die gleiche Weise.

      Atemlos verharrten die beiden Männer auf dem Mitteldeck des verwahrlosten Einmasters. Keine einzige Leine war ordnungsgemäß aufgeschossen. Reserve-Segeltuch lag in wirrem Durcheinander vor dem Mastfuß. Und es gab eine Reihe von Sturmschäden. Keiner der Kerle hatte sich dazu aufgeschwungen, auch nur einen Handschlag zu tun, um die Schäden auszubessern. Die beiden Männer dachten mit Entsetzen daran, wie die „Empress“ aussehen würde, wenn sie längere Zeit von diesen Faulpelzen mit Beschlag belegt worden war.

      Unvermittelt waren durch das Heulen der Sturmböen eindeutige Geräusche zu hören.

      Das Klatschen von Riemenschlägen.

      Batuti und Jack Finnegan wechselten einen Blick. Die Rechnung des schwarzen Herkules ging auf. Die Spanier hatten sich endlich entschieden, ihre Sachen von der Schaluppe zu bergen.

      Sehr eilig hatten sie es damit nicht. Der Takt der Riemenschläge war träge und widerwillig.

      Die beiden Männer verloren keine Zeit. Lautlos robbten sie bis zur Backbord-Verschanzung und warteten.

      Es dauerte noch etliche Minuten.

      Dann schließlich stieß das Beiboot mit dumpfem Laut gegen die Außenbeplankung.

      „Du zuerst“, sagte einer der Spanier.

      „Damit du hier im Boot hockst und ich die ganze Arbeit erledige?“ empörte sich der andere.

      „Quatsch nicht! Ich werfe dir den Tampen zu, du sicherst die Nußschale, und schon bin ich bei dir. Du wirst dich schon nicht überanstrengen, Amigo.“ Ein meckerndes Lachen folgte.

      Batuti sah zu Jack Finnegan hinüber. Ein Blick genügte zur Verständigung. Sie wußten jetzt, daß sie es nur mit zwei Gegnern zu tun hatten.

      Der Gambianeger zog sein Entermesser und spannte die Muskeln.

      Schabende Geräusche waren zu hören, als der erste Spanier aufenterte. Seine Hände erschienen auf dem Schanzkleid, im nächsten Moment mit Schwung sein Oberkörper. Durch seine Ungeschicklichkeit drohte er das Gleichgewicht zu verlieren und vornüber auf die Decksplanken zu kippen.

      Batuti ließ ihm keine Zeit, seine Balance wiederzufinden.

      Der Spanier fiel in das Entermesser des Gambianegers, der sich nur halb aufgerichtet hatte und zum tödlichen Stoß ausholte. Ohne einen Laut von sich zu geben, sackte der Deserteur in sich zusammen. Batuti fing ihn rechtzeitig auf und bettete ihn vorsichtig auf die Planken. Der Mann war bereits tot.

      „He, Jorge, wo bleibst du?“ ertönte es aus der Jolle. „Was ist los?“

      Jack Finnegan, der gleichfalls sein Entermesser gezogen hatte, sah Batuti fragend an. Sollten sie auf Spanisch antworten, um den Mann in Sicherheit zu wiegen? Aber aus dieser unmittelbaren Nähe würde er den ungewohnten Klang der Stimme zweifellos bemerken.

      Während sie noch zögerten, wurden sie einer Entscheidung enthoben.

      Fluchend entschied sich der zweite Kerl, nach dem Rechten zu sehen. Wieder erschienen Hände auf dem Schanzkleid. Als der Oberkörper des Mannes auftauchte, federte Jack Finnegan bereits hoch.

      Entsetzt riß der Spanier die Augen auf. Er sah seinen leblosen Kumpan, und er sah die mächtige Klinge, die auf ihn zuraste. Der eigene Schwung trieb ihn vorwärts. Er konnte nicht mehr zurück.

      Sein Gesicht verzerrte sich in Todesangst, weit öffnete sich sein Mund, und der gellende Schrei drang tief aus seiner Kehle.

      Erst einen Atemzug später brachte ihn das Messer Jack Finnegans zum Verstummen.

       9.

      Schrill stach der Schrei durch das Heulen der Böen.

      Old Donegal zog die Brauen zusammen. Seine Haltung spannte sich jäh. Im nächsten Moment hörte er die Kerle auf dem Achterdeck der „Empress“.

      „He, was ist los da drüben?“ brüllte der Sargento.

      Keine Antwort.

      Die Stimme des Spaniers steigerte sich zum Diskant.

      „Meldet euch gefälligst, ihr Säcke! Das ist ein Befehl!“

      Wieder blieb es still. Der Schrei war längst verstummt. Nur noch die Sturmböen orgelten mit unverminderter Kraft.

      Old Donegal zählte zwei und zwei zusammen. Der Schrei konnte nur mit den Kerlen zu tun haben, die zur Schaluppe hinübergerudert waren. Offenbar rührte sich dort drüben nichts mehr.

      Der alte O’Flynn handelte kurz entschlossen.

      Krachend flog das Vorschott auf, als er mit dem Holzbein dagegentrat. Innerhalb von einem Sekundenbruchteil erfaßte er die Situation.

      Der Sargento und die beiden anderen standen dicht beieinander auf dem Achterdeck. Erschrocken wirbelten sie herum, als sie das Krachen des Schotts hörten.

      Im selben Moment riß Old Donegal den Blunderbuss hoch und brachte ihn in Anschlag. Ein genaues Visieren war bei dieser Waffe nicht erforderlich.

      Voller Entsetzen starrten die Spanier in die trichterförmige Laufmündung, deren mörderische Wirkung ihnen nur zu gut bekannt war.

      Sie schafften es nicht mehr, auf die tödliche Bedrohung zu reagieren. Nur der Sargento versuchte es noch. Seine Rechte zuckte nach unten. Doch es gelang ihm nicht mehr, die Pistole aus dem Gurt zu reißen.

      Brüllend entlud sich der Blunderbuss. Die Ladung gehackten Bleies fauchte wie ein Schwarm todbringender Hornissen über das Deck.

      Der Rückstoß zwang Old Donegal, sich festzuhalten.

      In den Nachhall des Schusses klangen die Todesschreie der drei Spanier. Die Wucht der Einschüsse fegte sie auf die Verschanzung zu und schleuderte ihre Körper außenbords. Fast gleichzeitig erfolgten die klatschenden Aufschläge auf dem Wasser.

      Wieder wurde es still.

      Doch diese Ruhe dauerte nur wenige Atemzüge.

      Abermals ertönte ein Schrei. Ein wilder Angriffsschrei jedoch.

      Der alte O’Flynn ruckte herum. Seine Augen weiteten sich, als er sah, was sich auf der Landzunge abspielte.

      Der Stör brach aus dem Unterholz hervor. Mit seinem urwelthaften Schrei stürmte er auf die Kerle los, die dort verharrten und bis eben noch fassungslos das Geschehen auf der „Empress“ verfolgt hatten.

      Old Donegal überwand seine Verblüffung innerhalb von Sekunden. Er warf sich herum, hastete ins Kabelgatt und schnappte sich eine der Musketen, die er mit fliegenden Fingern lud.

      Zehn Yards von den drei Kerlen entfernt brach der Stör sein Gebrüll ab, stoppte seinen Vormarsch und blieb breitbeinig stehen. Blitzschnell brachte er die Pistole in Anschlag.

      Die Spanier, noch voller Verblüffung


Скачать книгу