Seewölfe Paket 22. Roy Palmer

Читать онлайн книгу.

Seewölfe Paket 22 - Roy Palmer


Скачать книгу
der Bautätigkeit und wandte sich um.

      Einer der Männer vom Kochfeuer nahm vor dem Ersten Offizier Haltung an. Corbett forderte ihn mit einer Handbewegung auf, zu reden.

      „Sir, der Posten schickt mich. Ich soll Ihnen mitteilen, daß Sir Robert Monk und Kapitän Stewart unseren Kommandanten zu sprechen wünschen.“

      Einen Atemzug lang war Corbett verblüfft. Dann aber sagte er sich, daß er im Grunde mit etwas Derartigem gerechnet hatte. Ja, er hatte geahnt, daß vom Lager der „Dragon“-Crew und der Killigrew-Horde irgendwann Verdruß ausgehen würde. Deshalb hatte er auch den Posten am Rand des eigenen Lagerplatzes aufgestellt. Die Vorsichtsmaßnahme war auf jeden Fall berechtigt.

      Daß sich Monk und Stewart formell anmeldeten, besagte nichts. Es konnte ohne weiteres sein, daß hinter ihnen schon die Strolche lauerten, die mit Säbeln und Messern zum Angriff gerüstet waren. Aber das würden sie bestenfalls bei Nacht riskieren. Selbst dann hatten sie kaum eine Chance, da sie zahlenmäßig unterlegen waren.

      Sie würden es also mit Tricks versuchen.

      Deshalb mußte man auch diesem Sir Robert und dem anderen Kerl mißtrauen, der in Corbetts Augen längst kein Kapitän mehr war.

      „Ich verständige Sir Edward“, entgegnete der Erste Offizier. „Sagen Sie dem Posten, die Gentlemen mögen dort warten.“

      „Aye, aye, Sir.“ Der Mann salutierte und wandte sich um.

      Nachdenklich ging Corbett unterdessen auf die Arbeitsstelle von Sir Edward zu. Wie richtig es war, die Hütten zu bauen, bestätigte sich für ihn schon jetzt. Daß die Kerle um Stewart und Monk etwas im Schilde führten, war mehr als nur eine Ahnung. Bevorstehende Schwierigkeiten lagen für Corbett buchstäblich in der Luft.

      So schlug er denn zwei Fliegen mit einer Klappe – wie beabsichtigt: Die Hütten schützten die Crew vor Sturm und Regen. Aber wesentlich wichtiger war der Schutz der wertvollen Ausrüstungsgegenstände vor Langfingern vom anderen Lager.

      Für Marc Corbett gab es nichts mehr daran zu deuteln: Kapitän Charles Stewart hatte sich als verantwortungsloser Mensch und vor allem als krasser Egoist entpuppt. Mit seinem nächtlichen Enterangriff auf die „Orion“ hatte er bewiesen, als was er einzuschätzen war, nämlich als charakterloser Lump. Als Offizier der Marine Ihrer Majestät, Königin Elisabeth I., war er nicht mehr anzusprechen. Ja, mit seiner unglaublichen Verhaltensweise hatte er sich selbst außerhalb des Offizierskorps gestellt.

      Sir Edward hob den Kopf, als er Corbetts gewahr wurde. Der Erste Offizier trat ohne Zögern auf ihn zu. Es war also klar, daß es sich nicht um ein vertrauliches Gespräch handeln würde. Nach Corbetts Meinung konnten die Männer ruhig hören, um was es ging.

      „Erfreuliche Neuigkeiten scheinen Sie nicht zu haben“, sagte Tottenham nach einem kurzen Blick auf Corbetts ärgerliche Miene.

      „In der Tat nicht“, erwiderte der Erste. „Sir Robert und Charles Stewart möchten Sie sprechen, Sir. Der Posten, den ich am Rand des Lagers aufgestellt habe, konnte die beiden zum Glück abfangen. Wahrscheinlich hätten sie sonst erst einmal ausgiebig herumgeschnüffelt, ehe wir sie überhaupt bemerkt hätten.“

      Sir Edward nickte. Seine Miene hatte sich verdüstert.

      „Ich werde mit diesen Männern nicht reden“, sagte er entschlossen. „Beide haben versucht, die ‚Orion‘ anzugreifen und zu entern. Wenn ihnen in den Wirren des Geschehens nicht die Flucht gelungen wäre, lägen sie jetzt in Ketten. Nein, mit Männern dieses Schlages spreche ich nicht.“

      „Aye, aye, Sir“, entgegnete Marc Corbett, und es klang regelrecht begeistert. Dies war ein Kapitän nach seinem Geschmack. Die Wandlung, die sich mit Sir Edward vollzogen hatte, wurde wirklich von Stunde zu Stunde deutlicher.

      „Fertigen Sie die beiden ab, Mister Corbett“, fügte Tottenham hinzu. „Jagen Sie die Kerle von mir aus weg. Aber sorgen Sie dafür, daß sie ihren Fuß nicht in unser Lager setzen. Ich bevollmächtige Sie, das in dieser Deutlichkeit zu sagen.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte Corbett noch einmal, noch freudiger.

       5.

      Die beiden Besucher sahen einigermaßen gerupft aus. Doch gemessen an dem, was sie sich geleistet hatten, waren sie im Grunde glimpflich davongekommen.

      Corbett erspähte sie schon von weitem. Sie standen am Rand des Dickichts unter dem schattenspendenden Blattwerk einer etwas mehr als mannshoch wachsenden Palmenart. Der Posten, mit Muskete, Pistole und Entersäbel bewaffnet, hatte sich weisungsgemäß vor ihnen aufgebaut und den Weg versperrt. Weder Monk noch Stewart hatten gewagt, den Mann einfach beiseite zu stoßen.

      Der Erste Offizier der „Orion“ wußte, daß er sich mit aller Macht beherrschen mußte. Angesichts der beiden Kerle begann die Wut in ihm aufzusteigen. Hölle und Teufel, es war schon eine Unverschämtheit, daß sie wagten, hier aufzutauchen! Normalerweise hätten sie nicht einmal verdient, überhaupt noch am Leben zu sein.

      Aus einem Impuls heraus winkte Corbett den Männern beim Kochfeuer zu. Mit einer Handbewegung gebot er ihnen, Musketen mitzunehmen und ihm zu folgen. Was Monk und Stewart im Schilde führten, konnte man nie wissen. Mit einer Teufelei mußte man bei ihnen immer rechnen. Der Enterversuch hatte das deutlich genug bewiesen.

      Wenige Minuten später trat Marc Corbett den beiden Halunken entgegen. Ja, Halunken waren sie in seinen Augen, nichts anderes.

      Der Posten, der sie aufgehalten hatte, zog sich zu den anderen Männern zurück, die hinter dem Ersten Offizier Aufstellung genommen hatten.

      Charles Stewart starrte den Ersten aus schmalen Augen an.

      „Wir hatten darum gebeten, mit dem Kapitän der ‚Orion‘ zu sprechen“, sagte er bissig.

      „Sie werden mit mir vorliebnehmen müssen“, entgegnete Corbett eisig. „Sir Edward Tottenham lehnt es ab, Sie zu empfangen. Er hat mich beauftragt, Sie abzufertigen. Also, was wollen Sie?“ Mit Absicht legte Corbett äußerste Geringschätzung in seine Worte. Diese Schurken sollten von Anfang an spüren, was er von ihnen hielt.

      Stewart lief krebsrot an.

      „Was nehmen Sie sich heraus, Mann?“ rief er wütend. „Tottenham hat Sie bestimmt nicht beauftragt, in diesem Ton mit uns zu …“

      Sir Robert brachte ihn zum Schweigen, indem er ihm sanft, aber bestimmt die Hand auf den Unterarm legte.

      „Wir haben keinen Grund, uns gegenseitig Unfreundlichkeiten an den Kopf zu werfen“, sagte er versöhnlich. „Nicht wahr, Mister Corbett?“

      Der Erste Offizier lächelte kalt.

      „Wenn es nach Sir Edward ginge, wäre ein Tritt in den Hintern die angemessene Antwort, Gentlemen.“

      Charles Stewart war nahe daran, zu explodieren. Sir Robert schaffte es jedoch, ihn zurückzuhalten. Er war eindeutig geschmeidiger und anpassungsfähiger, das erkannte Marc Corbett sehr wohl. Um so mehr beschloß er, auf der Hut zu sein.

      „Wenn möglich, sollten wir uns doch wie zivilisierte Menschen unterhalten“, sagte Monk eindringlich.

      „Bitte“, entgegnete Corbett kühl. „Sagen Sie, was Sie vorzubringen haben.“

      „Gern. Es handelt sich darum, daß Mister Stewart und ich die Absicht haben, gemeinsam mit den Leuten zu einer größeren Insel überzusetzen. Denn dieses Eiland ist für zwei Schiffsbesatzungen zu klein. Das werden Sie bestätigen, Mister Corbett.“

      „Nicht nur das“, sagte der Erste schneidend. „Auf dieser Insel ist vor allem kein Platz für Lumpengesindel.“

      Während er den erneut Luft holenden Stewart mit eiserner Faust zurückhielt, tat Sir Robert, als hätte er die Worte Corbetts überhört.

      „Leider haben wir keine Vorräte an Schwarzpulver für unsere geretteten Schußwaffen. Deshalb erlauben wir uns, anzufragen, ob Sie uns einige


Скачать книгу