Die Befragung. Armin Scholl

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Die Befragung - Armin Scholl


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an seinem Arbeitsplatz oder an einem verabredeten anderen Ort. Es ist die häufigste Variante der mündlichen Befragung, die auch die größten Möglichkeiten bietet, während die anderen Varianten verschiedenen Beschränkungen unterliegen.

      Beim Passanteninterview führt der Interviewer die Befragung im öffentlichen Raum durch, zum Beispiel in der Fußgängerpassage einer Innenstadt. Für den Einsatz dieser Variante müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein bzw. Beschränkungen berücksichtigt werden (vgl. Nötzel 1989; Friedrichs / Wolf 1990):

       Die Grundgesamtheit muss in Beziehung stehen mit dem Ort der Befragung. Dies ist der Fall, wenn Käufer in der Innenstadt oder Passanten, die an einer Plakatwand oder an einem Flugblattverteiler vorbeigehen, interviewt werden.

       [30]Die Interviews müssen kurz gehalten werden, da die Situation flüchtig ist und die Passanten andere Ziele verfolgen und wenig Zeit haben.

       Externe Faktoren wie Wetter und Tageszeit beeinflussen den Ablauf von Passanteninterviews wesentlich, sodass die Bedingungen vorher genau ermittelt werden müssen.

      Bei der Klassenzimmer-Befragung werden die Fragebögen durch einen Verteiler persönlich an die Befragten übergeben, aber von diesen selbst ausgefüllt (selfadministered questionnaires). Der Verteiler der Fragebögen motiviert zur Teilnahme an der Befragung, steht für Rückfragen der Befragten zur Verfügung und erläutert gegebenenfalls den Zweck der Untersuchung, greift aber sonst nicht ein. Damit ist die Klassenzimmer-Befragung eine Hybridform aus mündlicher und schriftlicher Befragung (vgl. Hafermalz 1976: 12). Voraussetzung für diese Befragungsart ist allerdings, dass die Befragten räumlich nicht verstreut sind, sondern zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten, relativ geschlossenen Ort versammelt sein müssen, an dem die Fragebögen verteilt und in der Regel auch wieder eingesammelt werden müssen. Damit reduziert sich die Einsatzmöglichkeit dieser Variante der persönlichen Befragung auf Fragestellungen, bei denen in der Regel homogene Gruppen untersucht werden sollen (Schulklassen, Universitätsseminare, Ressorts in journalistischen Redaktionen, Abteilungen in Unternehmen und Behörden usw.).

      Da das Passanteninterview und die Klassenzimmer-Befragung nur sehr eingeschränkt eingesetzt werden können, beziehen sich die folgenden Ausführungen in erster Linie auf das wesentlich häufiger verwendete Hausinterview.

Stichprobe

      Da die Stichprobenziehung zuerst für die mündliche Befragung entwickelt wurde und diese Verfahren grundlegend für die Befragung im Allgemeinen sind, können anhand derer generelle Anforderungen an die Stichprobenziehung erläutert werden. Deshalb sollen sie im Kontext der mündlichen Befragung ausführlicher behandelt und in den Abschnitten über die telefonische und schriftliche Befragung nur noch die dafür spezifischen Varianten beschrieben werden.

      Um die Repräsentativität einer Stichprobe zu erreichen, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wird mit einem Zufallsverfahren gewährleistet, dass prinzipiell jedes Element der Grundgesamtheit (etwa der gesamten erwachsenen Bevölkerung eines Landes) die gleiche Chance hat, in die Stichprobe zu gelangen. Hier gewährleistet (bereits) die korrekt durchgeführte Prozedur die Repräsentativität der Stichprobe hinsichtlich aller Merkmale. Das elaborierteste Verfahren ist das ADM-Stichproben-System, das vom »Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute [31]e.V.« entwickelt wurde (→ Kapitel 1.1;

www.utb-shop.de, Kapitel 1.2.1). Alternativ dazu kann Repräsentativität dadurch hergestellt werden, dass die Verteilung der wichtigsten Merkmale der Stichprobe – das sind meist die soziodemografischen Kennzeichen – mit der Verteilung dieser Merkmale in der Grundgesamtheit zur Übereinstimmung gebracht werden (→
www.utb-shop.de, Kapitel 1.2.2).

      In der Praxis werden die prozedurale und die ergebnisorientierte Variante miteinander kombiniert, allerdings werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt: Bei der Zufallsstichprobe wird in erster Linie Wert darauf gelegt, ein elaboriertes Verfahren zu entwickeln, mit dem die Zufälligkeit der Auswahl geregelt wird. Das Ergebnis der Stichprobenziehung wird mit den wichtigsten Merkmalen der Grundgesamtheit verglichen und – bei Abweichungen – durch Gewichtung korrigiert. Beim Quotenverfahren erfolgt der Abgleich der Stichprobenmerkmale mit den Grundgesamtheitsmerkmalen, während die Studie noch im Feld ist, sodass mögliche Abweichungen durch spezielle Quotenvorgaben der unterrepräsentierten Segmente noch in der Feldzeit korrigiert werden können.

      Festzuhalten bleibt, dass die Repräsentativität einer Stichprobe nicht in der Verteilung aller (denkbaren) Merkmale proportional mit der Grundgesamtheit übereinstimmen kann. Die Stichprobe ist nicht in dem Sinn ein Abbild der Grundgesamtheit wie das Foto von seiner abgebildeten Umgebung, sondern die Stichprobe ist selbst Teil der Grundgesamtheit. Insofern gilt Repräsentativität nur für spezielle Merkmale und streng genommen auch nur für den Zeitpunkt der Erhebung (vgl. Erichson 1992: 19f.).

      Im Folgenden werden einige relevante Stichprobenmodelle vorgestellt. Im Befragungsalltag gibt es natürlich zahlreiche weitere Möglichkeiten der Stichprobenziehung, auch solche, die keinen Anspruch auf bevölkerungsweite Repräsentativität erheben.

      Zufallsstichprobe mit dem ADM-Stichprobensystem

      Das ADM-Verfahren ist eine dreistufige Gebiets- bzw. Flächenstichprobe auf der Basis von geografischen Einheiten, den Wahlbezirken: Auf der ersten Stufe werden so genannte Sampling Points, die zumeist den Wahlbezirken entsprechen, ausgewählt. Darauf folgt eine Ziehung der Privathaushalte mit Hilfe einer Zufallsbegehung, woraus im letzten Schritt die zu befragenden Zielpersonen ermittelt werden (vgl. Behrens / Löffler 1999: 69). Die Grundgesamtheit bilden somit Privathaushalte unter Ausschluss von »Anstaltshaushalten«, gewerblichen Betrieben und Mehrfach-Wohnsitzen. Das vereinigte Deutschland besteht aus über 80.000 Wahlbezirken, die allerdings unterschiedlich viele wahlberechtigte [32]Personen umfassen. Deshalb werden einige Wahlbezirke zu synthetischen »Sample Points« zusammengefasst mit mindestens 400 Wahlberechtigten.

       1. Stufe: Die Stichprobe der Sample Points wird als systematische Zufallsauswahl gezogen. Systematisch ist die Auswahl deshalb, weil sie nach verschiedenen geographischen Einheiten getrennt erfolgt: nach Bundesländern, pro Bundesland nach Regierungsbezirken, pro Regierungsbezirken nach Kreisen, pro Kreis nach Gemeindegrößeklassen, pro Gemeindegrößeklasse nach Gemeinden, eventuell Stadtteilen und Wahlbezirken. Auf diese Weise werden je nach Bedarf der ADM-Institute gesamtdeutsch 128 Netze aus jeweils 258 Sample Points gebildet (vgl. Behrens / Löffler 1999: 74ff.).

       2. Stufe: Zur Ermittlung der Privathaushalte wird die im ersten Schritt ausgewählte Fläche »begangen«. Dazu wird ein Startpunkt bestimmt, von dem aus zwischen 20 und 50 Adressen von den Türschildern abgeschrieben oder erfragt werden. Das können entweder alle hintereinander oder nur jede x-te Adresse bis zur geforderten Anzahl sein. Für diese Zufallsbegehung gibt es genaue Anweisungen. Sie kann entweder als Adress-Random realisiert werden, wobei die Begehung bzw. Adressermittlung und die eigentliche Befragung voneinander getrennt werden, oder mittels Random-Route bzw. Random-Walk direkt mit der Befragung verknüpft werden. Die Trennung zwischen Stichprobenauswahl und Befragung beim Adress-Random entlastet den Interviewer, während bei Random-Route möglicherweise unbequeme Adressen übersprungen werden. Allerdings ist Random-Route ökonomisch und zeitlich günstiger und immer dann geeignet, wenn aufgrund der Beschränkung der Grundgesamtheit (etwa auf bestimmte Altersgruppen) mit hohen Fehlkontakten zu rechnen ist (vgl. Behrens / Löffler 1999: 78ff.; Noelle-Neumann / Petersen 1996: 246ff.).

       3. Stufe: Schließlich muss die zu befragende Zielperson im Haushalt bestimmt werden. Dazu werden die Haushaltsmitglieder aufgelistet und per Zufallsverfahren (»Schwedenschlüssel«) die Zielperson ausgewählt. Alternativ kann auch die Person befragt werden, die als letztes Geburtstag hatte oder als nächste Geburtstag hat. Da die Haushalte aus unterschiedlich vielen Personen bestehen, haben Personen in kleinen Haushalten eine höhere Auswahlwahrscheinlichkeit, was gegen die


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