Die Sterne in uns. Jan Corvin Schneyder

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Die Sterne in uns - Jan Corvin Schneyder


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eine ganze Menge Meldungen, Protokolldaten, Personenprofile, Uhrzeiten und Bewegungsabläufe zusammenzustellen.

      »Aber erst zeigst du mir, wo ich mein Zeug hinschmeißen kann. Ich werde ja ein paar Mal hier schlafen. Und dann trinken wir einen Whisky.«

      Mein Kopfschmerz meldete sich wieder.

      »Um diese Zeit? Ich hab ewig nicht geschlafen und bin nicht sicher, dass der Killer nicht doch noch irgendwo in der Anlage sitzt«, sagte ich und dachte an das Hacken an der Tür. An meine … Halluzinationen?

      Sie nickte.

      »Verstehe. Das hättest du explizit erwähnen können. Aber okay. Du solltest schlafen. Du siehst außerordentlich unattraktiv aus. Aber ohne Begrüßungs-Missions-Whisky geht´s nicht. Oder lieber Wodka? Oder Gin Tonic wie Stan?«

      »Wodka ist dein Ding, Gin ist Stans Ding. Wenn dann Whisky. Ich bin aus Sheffield, aber wir sind in Irland. Whisky ist hier ein Muss. Aber danach muss ich schlafen, klar?!«

      »Wir betrinken uns kurz, dann rollst du dich ein. Und ich bewache dich. Wäre doch schade, wenn der Killer uns sofort kaltmacht. Kurze Spiele sind langweilig.«

      Dieser Vorschlag klang fantastisch. Bescheuert klang er auch, aber ebenso großartig.

      Also nickte ich.

      VIII

      FLINK

      Als ich erwachte, lachte noch immer die Sonne.

      Vermutlich über mich.

      Ein Blick auf das nächste Chronometer offenbarte eine späte Mittagsstunde. Mein Nacken war verspannt und Kopfschmerz klebte noch immer hinter meiner Stirn wie ein nasser Lappen, aber er fühlte sich anders an als in der Nacht zuvor: Nach Alkohol, nicht nach tödlicher Müdigkeit. Das war tatsächlich viel besser.

      Ich war allein im Raum.

       Ich dachte, die will auf mich aufpassen!

      Nach leider vier statt dem geplantem einen Whisky war ich eingeschlafen. Noona hatte dabei auf der Bettkante gesessen. Das wusste ich noch.

      Ich stolperte zur Tür.

      Sie war verschlossen.

       Na immerhin!

      Ich überbrückte die Sperre mit meiner Autorisation.

      Also ich dachte, ich könnte das tun.

      Die Tür reagierte nicht.

      Anscheinend hatte Noona das Programm überschrieben.

      Ich betätigte mein SmartCom und rief sie.

      »Bin gleich da«, antwortete sie umgehend. Sie lallte dabei und kicherte am Ende.

      Das beruhigte mich nicht gerade.

      Anscheinend hatte sie die Flasche allein geleert.

      Ich trug nur einen Slip und einen Sport-BH, und rechnete mit einer rotzevollen Noona, als die Tür aufging.

      Statt ihr stand da Flink P. Garrett.

      Er trug eine Sonnenbrille und musterte mich schamlos grinsend von unten bis oben.

      Ich tat ihm nicht den Gefallen, wie eine schamhafte Prinzessin zu quietschen, sondern blieb einfach wie angewurzelt stehen.

      »Woodi, du bist eine Schönheit, wirklich wahr!«, sagte er. Nein, er sagte es nicht. Auch er lallte!

      »Du und Noona, ihr habt euch schön einen angesoffen, ja?«, schrie ich wütend und begann, meine Sachen zusammenzusuchen und mich anzuziehen.

      »Hier ist vielleicht noch ein Mörder im Gebäude und …«

      »Nein, nein, alles gecheckt«, sagte er. Er klang dabei ein wenig nüchterner.

      »Dreh dich gefälligst um!«, schrie ich ihn an. Bevor ich mir eine frische Uniform anzog, wollte ich die Unterwäsche wechseln.

      »Oh, bitte. Wir kennen uns so lange, Woodi, und …«

      »Flink! Kennen ja, aber nicht nackt! Du wirst mich nie nackt sehen! Dreh dich um und erzähl!«

      Er tat es. Dennoch machte es mich nervös, splitternackt hinter ihm zu stehen, auch wenn es nur für einen kurzen Moment war.

      »Wir haben erst einen kompletten Rundgang gemacht und mit internen wie externen Tendrae alles abgetackert was ging, Stalev Woodman«, sagte er.

      »Kein lebendes Wesen in der ganzen Anlage, mal von den Mäusen und Fledermäusen abgesehen. Aber leider haben wir doch jemanden gefunden.«

      Ich zog mir gerade die Uniform-Hose an, als er das sagte. Ich hielt in der Bewegung inne.

      »Wen?«

      Er drehte sich wieder um.

      »Eine Leiche. Dewie Andrew Falls.«

      Andrew würde nie wieder auf Nancy, Gracy oder wem auch immer liegen. Und ich hatte ihn verdächtigt! Also deswegen war er nicht ausgeloggt.

      »Wo?«

      »In den Versorgungstunneln unten. Erschossen. Searer.«

      »Drei Tote. Einmal Axt, einmal Sprengsatz, einmal Searer. Passt alles nicht so richtig.«

      »Nein«, sagte Flink.

      Ich hatte mich endlich fertig angezogen und brachte Ordnung in meine Frisur. Auch kurze Haare machten manchmal Arbeit.

      Er sah mich an und ich erwiderte seinen Blick.

      Alles Betrunkene, Alberne, Anzügliche darin war mit einem Schlag wie fortgeblasen.

      »Woodi, ich bin so froh, dich zu sehen.«

      Das klang sehr nüchtern. Und sehr warm.

      Ich kam auf ihn zu und umarmte ihn.

      Es fühlte sich gut und richtig an.

      Beinahe wäre ich in der Umarmung ein bisschen weich geworden. Nicht dass ich ihn hätte küssen wollen, aber ich wollte diese Probleme einfach nicht mehr haben. Ich hatte Lust, mich mit Flink auf eine Couch zu legen, einen Film anzuschauen und Snacks in mich reinzustopfen. Kichernd einzuschlafen, mit einem Spruch auf den Lippen. Ohne Sorgen. Ohne Termine. Kurz flammte diese Vision spürbar warm in mir auf. Ich ließ es zu, aber der Moment war sehr kurz. Das warme Gefühl verschwand endgültig, als Noona in der offenen Tür auftauchte.

      »Oh, ganz, ganz süß! Ein Klassentreffen. Das ist Flink, Woodi, nicht Stan. Also leck ihn nicht gleich ab!«

      Flink und ich ließen uns los.

      Die Umarmung war vielleicht ein wenig zu lang gewesen.

      Ihm gefiel der Kommentar zwar sichtlich genau so wenig wie mir, aber ein Streit war auch nicht angebracht. Ich hatte schon vorher gewusst, dass Noona nun mal so war. Ich musste cool bleiben. Einmal hatte sie mir einen Schlag durchgehen lassen, aber das nächste Mal würden wir uns wahrscheinlich die Knochen brechen.

      »Kommt mal mit«, sagte ich humorlos, als ich auch den zweiten Stiefel angezogen hatte, und ging vor.

      In der Zentrale setzte ich mich in meinen Sessel, ließ die beiden eintreten und die Tür hinter sich schließen.

      Ich saß, sie mussten stehen.

      Das war schon mal Teil der Botschaft.

      »So, mal herhören!«, begann ich betont laut und militärisch. »Ihr habt das mit der Tendrierung und dem Anlagen-Check gut und korrekt durchgeführt. Danke dafür. Ich bin jetzt wieder einsatzbereit, ihr beiden aber nicht. Ich trinke auch gerne, aber das hier ist noch lange nicht lustig, kein Veteranentreffen und keine Party. Ich brauche euch im Dienst, und zwar nüchtern! Wenn wir irgendwann Sicherheit, das heißt eine echte Absicherung haben, können wir uns gemeinsam was reinschütten, aber doch nicht so. Ich habe hier das Kommando und muss dafür geradestehen, egal ob halbwegs geheim oder nicht. Ich kann vor Gericht landen, Leute, und ihr


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