Interkulturelle Bildung, Migration und Flucht. Группа авторов

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Interkulturelle Bildung, Migration und Flucht - Группа авторов


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‚Ultima Ratio denkbar‘.“ ARD-Tagesschau online 11.02.2019. URL: www.tagesschau.de/inland/akk-cdu-werkstattgespraech-101.html (zuletzt aufgerufen am 12. Februar 2019).

      Teil I: Theoretische Vorüberlegungen

      Othering „Other People’s children“ – Schule und „kulturelle Differenz“ reflektiert am Beispiel des Umgangs mit Geflüchteten

      S. Karin Amos

      Ohne Frage ist die Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen eine wichtige Aufgabe der Schule und ohne Frage wird hier viel geleistet und es gibt eine große Zahl sehr engagierter Lehrerinnen und Lehrer. Die Schulsozialarbeit ist ebenfalls involviert und auch die Politik ist sich der Bedeutung der schulischen Integration bewusst und hat Maßnahmen zur Unterstützung ergriffen, wie ein Blick auf die entsprechenden Seiten der Ministerien zeigt (stellvertretend für die Vielfalt von Maßnahmen und Unterstützungsangeboten für Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund siehe die Seiten des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport, Baden-Württemberg: https://km-bw.de/Fluechtlingsintegration). Unterstützt werden die Anstrengungen der Schulen durch eine Vielzahl anderer Akteure, individueller und kollektiver, z. B. ehrenamtlich arbeitender Einzelpersonen, Stiftungen, Wirtschaft. Neben vielen sehr positiven Beispielen zur schulischen Integration von Geflüchteten gibt es auch Klagen aus der Praxis und Anzeigen von Überforderung. Letztlich muss man sich die Situation vor Ort sehr genau ansehen, denn die Bedingungen der Integration, auch die materiellen und personellen Ressourcen sind trotz einer, im Unterschied etwa zu den USA, grundsätzlich größeren Finanzierungsgleichheit der Schulen durchaus unterschiedlich. In diesem Beitrag will ich nicht die Vielfalt der Praxis beleuchten, denn es finden sich immer Illustrationen sowohl für gelingende als auch für misslingende Integrationsanstrengungen. Vielmehr möchte ich nochmals einige grundsätzliche Themen adressieren, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. Dazu eine Vorbemerkung: Die professionelle Praxis zu reflektieren, ist eine wichtige Aufgabe der Wissenschaft. Diese Reflexion sollte aber nicht im Gestus des „Besserwissens“ erfolgen, sondern in aller Anerkennung der Leistung, die Praktiker und Praktikerinnen erbringen. In diesem Fall, in dem es um Schule geht, sind dies vor allem die Lehrerinnen und Lehrer. Der Vorteil, den die Wissenschaft gegenüber der Praxis hat, ist die Entlastung von Handlungsdruck und damit einhergehend die Möglichkeit einer distanzierten Betrachtung. Zwar ist es richtig, dass sich eine professionelle Praxis gerade dadurch auszeichnet, dass sie reflektiert ist; allerdings ist dies im Alltag oft leichter gefordert als realisiert, zumal der Lehrauftrag der Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland ein höheres Stundendeputat umfasst als in vielen anderen OECD-Ländern, allerdings auch bei besserer Bezahlung. In jedem Falle ist eine distanzierte, selbstkritische Betrachtung der Praxis schwierig, wenn keine Zeit bleibt, das eigene Tun zu überdenken oder auch sich des Rahmens zu vergewissern, in dem man tätig ist. Daher beginnt der Beitrag mit einer Betrachtung einiger Eigenheiten der Institution Schule, die sie auf der einen Seite für Integrationserwartungen prädestinieren, die andererseits aber immer wieder zu systematischen Enttäuschungen und zu Anfälligkeiten für Othering-Prozesse führen. Schule inkludiert eben nicht nur, sie exkludiert auch, aber dieser Befund sollte nicht Anlass bieten zur Resignation, sondern vielmehr Ansporn bieten zu einer Minderung der ausschließenden Effekte, wenn sie sich auch nicht beseitigen lassen. Hintergrund dieser Fokussierung ist, dass viele Schülerinnen und Schüler nicht hinreichend gefördert werden, noch immer liegt die Rate derjenigen, die als „at risk“ gelten, zu hoch. Unter „at risk“-Schülerinnen und -Schülern versteht man all diejenigen, deren Leistung in den Kernbereichen so schlecht ist, dass eine vollwertige Teilhabe am öffentlichen, politischen und wirtschaftlichen Leben der Gesellschaft stark gefährdet ist. Das Problem sind nicht die mangelnden kognitiven Fähigkeiten, sondern nicht erfolgte Förderung. Von dieser nicht oder nur mangelhaft erfolgten Förderung sind besonders auch Kinder und Jugendliche mit so genanntem Flucht- oder Migrationshintergrund betroffen. Im Jahr 2016 zeitigte die PISA-Studie katastrophale Ergebnisse für Baden-Württemberg, fast 26 % der Neuntklässler galten als „Risikoschüler“. Dabei hat sich das, was bereits die erste PISA-Studie festgestellt hatte, die hohe Korrelation von Migrationshintergrund bzw. sozialer Herkunft und Bildungserfolg weiter fortgesetzt. Gleichzeitig waren Ende des Jahres 2016 gemäß einer Studie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM 2016: 87) unter den nach Deutschland Geflüchteten 54.000 vier- bis sechsjährige Kinder, 118.000 elf- bis sechzehnjährige Kinder und Jugendliche und 36.000 sechzehn- bis achtzehnjährige Die Herausforderungen für das Bildungssystem sind also erheblich und es ist zu befürchten, dass auch in dieser spezifischen Gruppe der Kinder und Jugendlichen mit Migrations-, nämlich mit Fluchthintergrund viele auf der Strecke bleiben werden.

      In einem zweiten Schritt sollen einige Charakteristika der Interkulturellen Pädagogik in den Blick genommen werden, ein besonderes Augenmerk wird dabei auf zentrale Bezeichnungen und wirkmächtige Konzepte gerichtet. Ein Zwischenstück spricht die schwierige Frage der Menschenrechte an. Im dritten Schritt soll eine ethnographische Vignette herangezogen werden, um zu zeigen, wie schnell und unflektiert es zu Othering-Prozessen kommen kann. Viertens soll eine kurze holzschnittartige Darstellung, welche die Kinder und Jugendlichen mit Fluchthintergrund in schulaffine und nicht-schulaffine teilt, die Problematik der Bildungsteilhabe und des Othering nochmals verdeutlichen und schließlich soll ein Plädoyer für eine enge Zusammenarbeit von Schule und Universität, um wechselseitig die jeweiligen blinden Flecken zu korrigieren, den Beitrag abrunden. Dabei geht es auch darum, wie die Praxis korrigierend gegen bestimmte Vereinseitigungen der Wissenschaft wirken kann.

      Schule – zwei soziologische Schlaglichter

      An dieser Stelle sollen nur zwei Perspektiven angeführt werden, die Schlaglichter auf institutionelle Charakteristika von Schule werfen: die des so genannten Neo-Institutionalismus und der soziologischen Differenzierungstheorie. Besonders der soziologische Neo-Institutionalismus um John Meyer an der Stanford University hat die enge Beziehung von Schule und der Prägung nationaler Mitgliedschaft untersucht (Meyer / Boli / Ramirez 1997, Boli / Ramirez / Meyer 1985; Ramirez / Boli 1987). Es geht hier gar nicht darum zu entscheiden, ob der Neo-Institutionalismus, der Funktionalismus oder Marxistische Theorien recht haben; ob Schule, im Sinne öffentlich organisierter, finanzierter und verantworteter Veranstaltung, entstanden ist, weil sie funktional ist für die Gesellschaft und ihre Qualifikationsanforderungen, weil sie gesellschaftliche Machtverhältnisse legitimiert und reproduziert oder weil sie gesellschaftliche Mitgliedschaft befördert, also dazu beiträgt, Schule als Imaginierte Gemeinschaft, als imagined community, um das berühmte Wort Benedict Andersons aufzugreifen, zu perpetuieren. Vielmehr wird der Neo-Institutionalismus in den Blick genommen, weil er sich auf die grundsätzliche Integrationsfunktion von Schule bezieht – für die „eigenen“ Kinder. „Eigen“ kann Unterschiedliches heißen. Es kann heißen, dass nur die Kinder, die einer als Abstammungsgemeinschaft sich verstehenden Nation angehören, auch der Schulpflicht unterliegen. Dies ist historisch in Deutschland der Fall gewesen, zumindest teilweise. Es kann auch heißen, dass Kinder im Namen der Nation angerufen, interpelliert werden, im Sinne Etienne Balibars. In jedem Falle ist die Schule verstrickt mit dem nationalen Kollektiv, in das sie eingebettet ist – ein wichtiges Indiz hierfür ist nach wie vor die Bedeutung von schulischer Sprachenpolitik, die in engem Zusammenhang steht mit der gesamtgesellschaftlichen Sprachenpolitik eines Landes. Sprache ist ein hervorragendes Beispiel für die Manifestation von Anerkennungskämpfen in Form von Zugehörigkeiten. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass Inklusion immer auch eine exkludierende Kehrseite hat – auch in der Schule. Niklas Luhmann, das ist der zweite Soziologe, von dem die Rede sein soll, hat mit seiner Differenzierungstheorie sehr deutlich unterstrichen, dass Schule an sich noch nicht hinreichend in Gesellschaft inkludiert. In funktional differenzierten Gesellschaften ist sie die notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für gesellschaftliche Teilhabe, die in unserer Gesellschaft wesentlich über die Integration in den Arbeitsmarkt gesichert ist. Ohne entsprechende Bildungstitel und Bildungszertifikate ist eine Teilhabe an höherer Bildung oder an Ausbildung nicht möglich, wenn diese nicht jenseits des regulierten Arbeitsmarktes stattfinden soll. Der Schultheoretiker Helmut Fend (2006) hat daher zu Recht darauf


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