Allgemeine Staatslehre. Alexander Thiele
Читать онлайн книгу.in: P. S. Khoury/J. Kostiner (Hrsg.), Tribes and State Formation in the Middle East, S. 226 ff. Insofern wäre auch die Errichtung eines neuen Staates auf einer Ölplattform („Sea Land“) keine originäre Staatsentstehung in diesem Sinne, sondern allenfalls die Entstehung eines neuen Staates (anders wohl B. Schöbener/M. Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 3, Rn. 93 ff.). Das VG Köln (DVBl. 1978, 510) hat den völkerrechtlichen Staatscharakter allerdings ohnehin abgelehnt (fehlendes Staatsgebiet, zudem wohl auch fehlendes Staatsvolk).
Siehe auch H. Kelsen, Allgemeine Staatslehre, 1925, S. 22 ff.
Dazu T. Terberger/D. Gronenborn (Hrsg.), Vom Jäger und Sammler zum Bauern. Die neolithische Revolution 2014; J. Thomas, The birth of Neolithic Britain: an interpretive account, 2013; L. Liu, The Chinese Neolithic, 2004. Siehe auch J. Suzman, Sie nannten es Arbeit, S. 169 ff.
Vgl. D. Christian, Origin Story, S. 204 ff.; A. Gamper, Staat und Verfassung, S. 28 f.; W. Haller/A. Kölz/T. Gächter, Allgemeines Staatsrecht, Rn. 2. Zuletzt J. C. Scott, Die Mühlen der Zivilisation, 2019, dessen Schlussfolgerungen und Glorifizierung des „Barbarenlebens“ allerdings nur partiell zu überzeugen vermögen. Ausführlich (auch zu den konkreten Forschungsmethoden) S. Scharl, Jungsteinzeit, 2021.
Entgegen der Behauptung von J. C. Scott, Die Mühlen der Zivilisation, S. 59 f. vertritt insofern auch niemand, dass sich unsere Vorfahren „Hals über Kopf in die neolithische Revolution oder in die Arme der frühesten Staaten“ stürzten.
Vgl. K. Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, S. 50 f.
Dass die Sesshaftwerdung auch mit Problemen einherging, bestreitet insofern niemand. Für eine Glorifizierung des Barbarenlebens spricht gleichwohl nichts. Insofern enthält die Untersuchung von James C. Scott (Die Mühlen der Zivilisation, 2019) durchaus viele interessante Aspekte, verwirft die bestehende Forschung aber allzu undifferenziert, um die eigene Grundthese umso revolutionärer aussehen zu lassen (was sie aber nicht ist). Siehe dazu auch meine Besprechung des Buches: A. Thiele, Rezension zu J. C. Scott, Die Mühlen der Zivilisation, Der Staat 61 (2022), i.E.
Die Diskussion dieses Prozesses wird seit Mitte des letzten Jahrhunderts vom Neoevolutionismus geprägt, der nicht mehr von einem geradlinigen Prozess ausgeht und vor allem den Eigenwert der einzelnen Kulturen anerkennt. Einflussreich vor allem E. R. Service, Primitive Social Organization, 2. Auflage 1971 mit seiner Unterscheidung von „bands, tribes, chiefdoms, states“ sowie ders., Profiles in Ethnology, 2. Auflage 1971; ders., Origins of the State and Civilization. The Process of Cultural Evolution, 1975. Bedeutend auch die Stufentheorie von M. H. Fried, The Evolution of Political Society, 1967 mit den drei Stufen „egalitarian, ranked und stratified societies“. Verfehlt insofern J. C. Scott, Die Mühlen der Zivilisation, S. 11 und passim, der behauptet, dass die Wissenschaft bisher von einem direkten Weg von der Sesshaftigkeit und Kultivierung zur Staatenbildung ausgegangen sei.
Als Lineages werden Gruppen einer Abstammungslinie bezeichnet, definiert entweder über die Mutterlinie (Matri-Lineage) oder über die Vaterlinie (Patri-Lineage).
K. Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, S. 40 ff.
Segmentäre Gesellschaften bestehen aus mehreren prinzipiell gleichberechtigten Gruppen, in der Regel Lineages.
Vgl. P. Collier, The Future of Capitalism, S. 32 ff. Zum kategorialen Unterschied menschlicher und tierischer Kommunikation auch D. Adger, Language Unlimited: The Science Behind Our Most Creative Power, 2019.
Das gilt allenfalls insoweit, als man ihnen abspricht politische Institutionen entwickelt zu haben, die denen des modernen Staates entsprechen. Diese Feststellung ist allerdings ebenso zutreffend, wie wenig weiterführend.
Vgl. G. Balandier, Politische Anthropologie, S. 34: „Wie falsch allzu statische Deutungen sind, zeigen jetzt neuere Arbeiten in einem Bereich, der lange als geschichtslos galt: bei den schwarzafrikanischen Gesellschaften und Kulturen.“
G. Balandier, Politische Anthropologie, S. 51: „So lehrt das Beispiel der ‚primitiven‘ Gesellschaften, die man einmal als egalitär bezeichnet hat, dass die Ungleichheit eine allgemeine Tatsache ist, und es zeigt zugleich ihre mildeste Form.“ Sowie ders., aaO, S. 70: „Die sogenannten segmentären Gesellschaften sind keineswegs egalitär; sie kennen Beziehungen von Privileg und Unterordnung.“ Siehe jetzt auch A. Mittnik et. al., Kinship-based social inequality in Bronze Age Europe, Science 2019, 1 ff. zu sozialen Schichtungen im späten neolithischen Zeitalter.
G. Balandier, Politische Anthropologie, S. 90. Vgl. auch N. Bolz, Diskurs über die Ungleichheit, S. 20: „Egalitarismus dagegen ist eine Anleitung zum Unglücklichsein.“
H. Kelsen, Allgemeine Staatslehre, 1925, S. 23.
In diese Richtung aber wohl K. Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, S. 15: „Das bedeutet, die archäologische Rekonstruktion des Übergangs von neolithischen Dorfgemeinschaften zu hochkulturellen politischen Gesellschaften zum Ausgangspunkt einer evolutionistischen Deutung dieses Prozesses zu machen.“
M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 29.
Etwa von S. Breuer, Der Staat, S. 18 f.
Vgl. H. Kelsen, Allgemeine Staatslehre, 1925, S. 23. Kelsen hält es daher für eine vergebliche Mühe, den Zeitpunkt des Übergangs von der „Horde“ zum Staat bestimmen zu wollen. Das ist aber nur dann richtig, wenn man das Zwangsmoment insoweit als konstitutiv ansehen will. Richtigerweise ist aber auf die veränderte Mitgliederstruktur