Curriculum Prothetik. Jörg R. Strub
Читать онлайн книгу.Patrize als formanaloges, umschlossenes Innenteil (Positivteil) bestehen. Die Haltewirkung von Geschieben beruht primär auf Friktion, d. h. auf Haftreibung. Diese kommt durch die vorhandene Parallelität zwischen Matrize und Patrize zustande. Unter Umständen können auch zusätzlich eingebaute retentive Elemente (z. B. aktivierbare Stifte oder Lamellen, Riegel, Federmechanismen, klemmende Randwülste) wirksam werden.
Da ein Geschiebeteil direkt (z. B. Innenkonus) oder über eine Krone (sog. Primärteil des Geschiebes) mit dem Pfeilerzahn fest verbunden und der andere Teil (sog. Sekundärteil) im abnehmbaren Zahnersatz verankert ist, wird diese Art von Zahnersatz als kombiniert festsitzend-abnehmbarer Zahnersatz bezeichnet. Einen Sonderfall stellen Geschiebe dar, die über Adhäsivflügel verankert sind (sog. Adhäsivattachments), da hier die Adhäsivflügel zwar auch fest verankert sind, aber eigentlich nichts ersetzen, d. h. streng genommen kein Zahn-Ersatz sind.
Geschiebe werden entweder vom Zahntechniker individuell hergestellt (sog. Semipräzisionsgeschiebe) oder industriell vorgefertigt (sog. Präzisionsgeschiebe).
Folgende Geschiebearten lassen sich unterscheiden:
Hülsengeschiebe (Doppelkronen) (siehe Kap. 36 und 37)
Teilhülsengeschiebe (RS-, RSS-Geschiebe)
Konfektionierte Geschiebe (semipräzisions- und präzisionsgefertigte Geschiebe)
Steggeschiebe und Steggelenke
Scharniergelenke, Resilienzgelenke
Druckknopf-Systeme (Hülsenstiftgeschiebe) (siehe Kap. 38 und 39)
In Deutschland waren im Jahre 2003 etwa drei Viertel der über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechneten knapp 1,65 Millionen Geschiebe (Präzisionsverbindungselemente) Doppelkronen, während das andere Viertel sich auf die übrigen Elemente verteilte, wobei nur etwa 0,43 Millionen Teilhülsengeschiebe und konfektionierte Geschiebe zur Anwendung kamen (Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung 2004). Im Rahmen der Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen gehören seit 2005 nur noch Doppelkronen auf Eckzähnen und den ersten Prämolaren zu den bezuschussten Präzisionsverbindungselementen für Teilprothesen. Allerdings werden über Teilhülsengeschiebe und konfektionierte Geschiebe verankerte Teilprothesen (bei Befestigung an Kronen) als gleichartige Versorgungen anerkannt und der Patient erhält den seinem Befund entsprechenden Festkostenzuschuss (z. B. für notwendige Kronen). Sind bei kariesfreien Pfeilerzähnen stattdessen Adhäsivattachments geplant, erhält der Patient hierfür keinen zusätzlichen Festkostenzuschuss, da hier Klammern die Regelversorgung darstellen und diese schon Bestandteil der bezuschussten Modellgussprothese sind.
Abb. 35-1 Prinzip des Rillen-Schulter-Stift-Geschiebes, Matrize
Bei den mit Hilfe der Parallelfrästechnik individuell hergestellten Teilhülsengeschieben wird das auf den Zahn festzementierte hülsen- oder teilkronenartige Innenteil vom Außenteil nur teilweise umfasst. Eine zervikale Stufe und/oder okklusale Schulter sorgt für eine definitive Endlage des am abnehmbaren Zahnersatz befestigten Sekundärteils (Außenteil). Man unterscheidet:
Rillen-Schulter-Geschiebe (RS-Geschiebe)
Rillen-Schulter-Stift-Geschiebe (RSS-Geschiebe)
Die Rillen der Teilhülsengeschiebe bewirken eine Vergrößerung der Oberfläche und eine Verbesserung der Haftung. Ihnen kommt vor allem die Aufgabe zu, die auf dem Primärteil befindliche Matrize gegen horizontal angreifende Schub- und Torsionskräfte zu schützen. Ferner dienen sie dem Patienten als Orientierungshilfe beim Eingliedern des Zahnersatzes. Dies ist wichtig, weil es bei Teilhülsengeschieben – wie auch bei der Verwendung von industriell vorgefertigten Präzisionsfertiggeschieben – nur eine Einschubrichtung gibt.
Zusätzlich eingelötete oder eingelaserte (aktivierbare) Stiftchen (RSS-Geschiebe) erhöhen die Retention deutlich und bewirken zudem eine Sicherung gegen Zugkräfte (Abb. 35-1).
35.3 Semipräzisions- und Präzisionsgeschiebe
Diese Halteelemente werden nicht individuell vom Zahntechniker hergestellt, sondern sie werden fabrikmäßig konfektioniert angeliefert. Sie sind entweder angießbar (Präzisionsgeschiebe) oder werden als ausbrennbares Kunststoffteil (Semipräzisionsgeschiebe) zusammen mit der Primärrestauration gegossen.
Grundsätzlich können die Geschiebeteile auf verschiedene Arten in die zahntechnische Arbeit integriert werden. Je nach Geschiebefabrikat ist entweder die Matrize oder die Patrize am festsitzenden Primärteil (in der Regel Krone, aber auch Brückenglied oder Adhäsivflügel möglich) befestigt.
Für die Befestigung von Matrize bzw. Patrize lassen sich folgende Möglichkeiten unterscheiden:
Vorgefertigte ausbrennbare Kunststoffteile werden zusammen mit der Krone in derselben gewählten Legierung gegossen (sowohl hochgoldhaltige als auch Nichtedelmetall-Legierungen sowie Titan können gewählt werden).
Sind die Geschiebeteile aus einer angussfähigen Legierung (HSL = hochschmelzende Legierung) gefertigt, kann der Anguss an ein solches Geschiebe nur mit einer hochgoldhaltigen Legierung erfolgen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Gelbgold- oder eine Aufbrennlegierung handelt. Der Einsatz von NEM-Legierungen ist aufgrund ihres viel höheren Schmelzintervalls nicht möglich.
Ein Anlöten von Geschiebeteilen an die Primärkronen ist technisch zwar möglich, findet aufgrund der mangelnden Präzision bei der Platzierung des Geschiebes an die Krone aber kaum Anwendung. Das Anlöten von Geschiebeteilen (aus einer hochgoldhaltigen Legierung) an Kronenteile, die aus NEM-Legierungen gefertigt sind, ist darüber hinaus aufgrund der fehlenden Diffusion nicht empfehlenswert.
Die Laserschweißtechnik ist eine anerkannte Technik, um einzelne Teile in der Zahntechnik miteinander zu fügen. Ähnlich wie beim Anlöten beschrieben, gibt es auch bei dieser Technik Probleme mit einer exakten Positionierung mehrerer Geschiebeteile in einer für alle Teile identischen Einschubrichtung. Deshalb ist das Laserschweißen für Geschiebeteile nicht verbreitet.
Je nach Geschiebefabrikat kann Patrize oder Matrize im Sekundärteil austauschbar oder nicht austauschbar befestigt sein. Die austauschbare Lösung wird durch eine Verschraubung (Retentionsschraube) ermöglicht. Die Verschraubung hält die aktivierbare Patrize an der Retentionshülse, welche mit drei Techniken am herausnehmbaren Sekundärteil befestigt werden kann:
Anlötung. Voraussetzung für die Anlötung von Patrize bzw. Matrize an das Sekundärteil ist, dass das Element aus einer anlötbaren Legierung hergestellt ist. Da das Sekundärteil in den meisten Fällen aus CoCrMo-Legierungen (Modellgussbasis) besteht, findet bei verwendetem Goldlot keine Diffusion zum Modellguss statt, sondern lediglich eine mechanische Verbindung. Beim Lötvorgang kann es durch die thermische Behandlung zu einem Verzug der Metallteile (Modellguss und Patrize) und damit zu einer Beeinträchtigung der Gesamtpassung auf den Primärteilen kommen.
Einklebung. Das Einkleben von Patrize bzw. Matrize in das Sekundärteil ist durch die Entwicklung geeigneter Klebematerialien möglich geworden. Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz dieser Kleber ist ein fester und stabiler Verbund zwischen Kleber und Metallgerüst. Der