Ja, so ist das Leben, eben.. Erik Kejser
Читать онлайн книгу.der Landstraßer Hauptstraße. (Keine Ahnung, was heute hier wohnt.)
Vor der gläsernen Kinotüre überprüfte ich noch einmal mein Aussehen, da die Leute auf der Straße mich so seltsam ansahen und kam zu dem Schluss, etwas disharmonisch zu wirken. Ich fasste allen Mut zusammen, klopfte auf meine Schläfen, dass es nur so staubte und schritt selbstbewusst - mit weichen Knien zur Kinokasse.
Mit höflicher, tiefer Stimme:“ Einmal, bitte.“
Die freundliche Dame, blickte mich nicht einmal an und schob die Karte rüber. Blitzschnell arretierte ich sie und genauso schnell war ich wieder auf der Straße. Von der gegenüberliegenden Seite beobachtete ich das Kino, nach mutmaßlichen „Kontrolloren“. Drei Minuten nach „Wochenschaubeginn“ schlich ich mich im Dunkeln unauffällig beim Kartenbändiger vorbei. Die letzte Hürde war geschafft. Winnetou du edler Indianer, die vierzehnjährigen lachen heute über Dich.
Ein Indianer zu sein, ist ein tolles Gefühl, da kam mir die Einladung zu einer Kinderfaschingsparty, eines in gut bürgerlichen Verhältnissen lebenden Klassenkameraden gerade recht.
Alle Kinder wurden zu Party gebracht, meine Mutter musste Schichtarbeiten, alle Kinder brachten ein Geschenk für den Gastgeber mit, ich luchste ihm am Ende der Party eines ab.
Seine Eltern veranstalteten lustige Kinderspiele, die mir allerdings ordentlich auf den Arsch gingen.
Höhepunkt war ein Kinderkasperltheater, das Stück eigenhändig von seinen Eltern geschrieben und uraufgeführt. Es gibt noch ein altes, schwarz-weiß Photo von diesem Ereignis, ich in Indianermontur neben einem Cowboy (der Cowboy wurde später Bassgitarrist und rauschgiftsüchtig). Ich habe die Hände gefaltet und blicke mit angsterfülltem Gesicht auf das Drama.
Ich weiß noch genau was ich mir damals dachte: „ Ein Kasperltheater das Ganze, so ein Schmarrn. Ich bin doch kein Kind mehr!“ Doch ich muss zugeben, um seine Familie beneidete ich ihn.
ZWEITES KAPITEL: JUNGER MANN 1
Mein erster Sexfilm.
Gutenbergkino, gespielt wird ab vier Zuseher. Filme ab sechzehn, egal. Wir waren drei achtjährige, also vierundzwanzig. Einen konnten wir auf der Straße überreden, dass der beste Western von Scheibbs bis Nebraska gegeben wird. Werbung. Vorschau in schwarz-weiß. Gähn. Doch Holla, da hüpften auf einmal nackte Weiber über die Leinwand. Normalerweise saßen wir in der letzten Reihe, doch in Sekundenschnelle waren alle vier in reihe Eins. Fest in die Holzsofas gepresst begutachteten wir fachmännisch Titten etc. Der Western dauerte denke ich, zehn Stunden.
Wir kratzten die letzten Schillinge zusammen und schauten uns die Vorschau noch einmal an.
Nach diesem „sündhaftem“ Treiben hatte mich sofort die Kirche am Kragen. Ich durfte, (musste) zu Erstkommunion. Musste deshalb, da ich den Hochwasseranzug meines Bruders ausführen durfte. Meine Mutter:
„Es ist ja nur einmal, außerdem gibt’s Krapfen und Kakao.“ Am heißen Kakao verbrannte ich mit das Maul, dafür aß ich drei Krapfen und erzählte dem Pfarrer bei der Beichte keine Sünden. Ich fand – das geht dem Wichser nichts an. Die drei „Gegrüßet seist du Mary“ zur Strafe konnte ich auch nicht auswendig. Zu Hause meuchelte ich noch meinen Anzug. Unabsichtlich, ich schwöre. Meine Mutter hatte das Nähzeug am Tisch stehen, ich wollte eine Rasierklinge testen. Ich legte eine Zeitung auf meinen Oberschenkel und zählte die Seiten die ich durchschneiden konnte. Seltsamerweise alle, die Hose und meine Haut.
Als Anhänger des Proporzes war ich bei den Pfadfindern und den roten Falken. Bei der Wöflingsaufnahme, hatte ich den Ehrenkodex natürlich nicht auswendig gelernt und durfte ihn ablesen. Dafür musste ich schwören, wenn ich groß bin ÖVP zu wählen. Ich hatte keine Zeit zum lernen gehabt, - ich war mit den roten Falken am Semmering gewesen. Nachtwanderung, mit Taschenlampen, urcool, eigentlich „leiwaund“. Nach einer ausgedehnten Rundwanderung standen wir im Stockdunklen, knapp vor unserer Herberge. Der Oberfalke fragte uns: „Na Falkis, wo ist die Pension?“ Alle zeigten in die entgegengesetzte Richtung. Die große Schande eines Indianers. Ich hatte eine nach Originalvorlagen selbstgeschneiderte Indianermontur, hatte im Burgenland den Enten die Federn gerupft und schlief im Gemeindebaubalkon in einem Zelt.
Der Fährtenleserlehrling war am Boden zerstört.
Heute kann mir so etwas nicht mehr passieren, ich orientiere mich nach dem Moos der Bäume. Im Dunklen ist´s blöd.
Der Idiotenhügel im Gemeindebau wurde mir zum Schi fahren langsam zu fad. Ich strebte nach Höherem, packte meine Schi und schnorrte meine Mutter um einen Fahrschein an: Ich fahr am „Himmelhof“ (bei der hohen Wand Wiese). Meine Mutter wunderte sich schon lange nicht mehr. Damals gab es in diesem exklusiven Skigebiet sogar eine Sprungschanze, die war gotttseidank gesperrt. Das mondäne Skigebiet hatte einen leichten Nachteil, kein Lift. Na und, Muskeln bekommt man sowieso mehr, wenn man im Treppenschritt aufsteigt. Ich war unermüdlich, aber ich geb’s zu, es zerlegte mich einige Male recht ordentlich. Das hatte den Nachteil, dass sich meine Baumwollhandschuhe etwas feucht anfühlten. Aber es war auszuhalten. Als es dunkel wurde und ich meine Schi zusammenpackte, begannen sie immer kompakter zu werden.
Es war Jänner, minus Zehn Grad, die Handschuhe waren gefroren. Das war nicht auszuhalten. Ich zog sie aus, das war noch weniger auszuhalten.
Zu Hause stellte ich die Ski in den Keller und musste einige Minuten warten, bis sich das Sportgerät von den Fingern löste.
In der Schule hatten wir auch unseren Spaß. Hausübungen schrieb ich grundsätzlich am Häusl in der Schule. Ich „borgte“ mir ein Hausübungsheft eines Strebers und da ich schlankes Kerlchen problemlos in der WC-Kabine am Fußboden knien konnte, bei Alarm auf die WC-Brille stieg, wurde ich für meinen Fleiß gelobt. Meistens vom Turnlehrer.
Unsere Englischlehrerin war ein „steiler Zahn“. Wenn sie im Stiegenhaus die Treppe nach oben stieg, waren wir stets ein Stück hinter ihr und bewunderten ihre Unterhose. Wir perfektionierten das Ganze, sie korrigierte die Schulhefte am Musikunterrichtsklavier, die zwei Größten stellten sich dicht neben sie, der Rest schaute ihr auf den Arsch. Eine Schulstufe unter uns gab es drei Mädchen. Wir überredeten sie am „Häus´l“ zu diskutieren, weil sicherer. Einer Mulattin griff ich sofort auf die Fut. Sie hielt still, heute geht sie auf den Strich. (Später „fingerlten“ wir sie in einer Telefonzelle, mein Freund mit Gipshand).
Plötzlich riss die Religionslehrerin die Außentüre zu den WC-Anlagen auf. Die Meute versuchte sich in den Kabinen einzuschließen, ich sah die Nutzlosigkeit ein. Die Lehrerin beauftragte mich, den Klassenvorstand zu informieren. Alle bekamen harte Strafen, ich blieb ungeschoren. Zufall, oder hätte ich der Reli-Autorität auch auf die Fut greifen sollen?
Es gab auch sehr entspannte Tage, z.b. Schulferien.
Es war Ende Juli und es regnete seit einer Woche in Strömen. Wir verbrachten unsere Zeit mit Schachspielen. Von neun Uhr Vormittags bis am späten Nachmittag entwickelten wir uns langsam zu kleinen „Karpows“
(Schachgroßmeister), bis meinem Freund der Kragen Platzte: „Morgen gehen wir in‚s Stadionbad, auch wenn‚s schneit!“ Jubel.
Am nächsten Morgen, pünktlich acht Uhr, trafen wir uns am vereinbarten Treffpunkt mit unseren Fahrrädern. Tennisschuhe, Badehose, Leiberl (T-Shirt), zwanzig Schilling für Würstel und ein Cola. Sonnencreme etc. nichts für harte Jungs, „es gab ja noch kein Ozonloch“. Dafür in jedem Luxuskurort ein Plakat: „Kommen Sie zu uns, gesunde ozonreiche Luft!“. Im Bad angekommen fuhren wir noch dreihundert Meter weiter und erklommen behände, wie Free-Climber, wie gehabt, den „Maschendrahtzaun.
Wo sich die Kasse befand hatten wir schon vergessen. Im Schutze einer Baumgruppe pirschten wir uns im etwas leichter gewordenem Regen entlang, nach dem „Badewaschl“ Ausschau haltend. Es war keiner zu sehen, vermutlich wasserscheu. Wir beschlossen sofort schwimmen zu gehen, um nicht nass zu werden. Am Poolrand angekommen brach plötzlich die Sonne mit derartiger Intensität hervor, dass wir an eine religiöse Erleuchtung dachten. Die