Bern ... aus einer anderen Sicht. Peter Baumgartner
Читать онлайн книгу.stossen an ihre Grenzen, und die ewigen Kompetenzgerangel zwischen der ‘Gendarmerie’ und der ‘Police nationale’ sind der Sache auch nicht dienlich.
Frankreich braucht eine grundlegende Erneuerung: Das Land besteht schliesslich nicht nur aus der «Capitale» und der «Côte d’Azur»; die Landstriche dazwischen geben dem Land den besonderen Reiz und zu diesen gilt es Sorge zu tragen. So einfach dies tönt, so schwierig dürfte es sein, neue Wege zu beschreiten. – Marine Le Pen konnte für Bernard und Francesco hier nicht die Alternative sein.
Noch während sich Francesco und Bernard intensiv austauschten, gesellten sich die beiden Damen zu ihnen. Isabelle trug eine wohlgefüllte Platte mit Saucisson und Lauch, und Désirée servierte die Auflaufform mit dem fein riechenden Gratin. Die Teller waren schnell gefüllt und auch der gewählte Wein fand seinen Weg in die Gläser. Alle prosteten sich zu und genossen das köstliche Essen.
Es ist schon beeindruckend, wie leise es an einem Tisch zu und her gehen kann, wenn das Essen mundet, und man hungrig ist. Nach einer knappen Viertelstunde und einem «Nachschlag» kam das Gespräch dann doch wieder in Fahrt. Désirée erzählte von ihrem Geschäft in Paris und von ihrer Idee, das Ganze vielleicht noch etwas ausbauen zu wollen. Sie habe hier in Sainte-Maxime eine Lokalität gesichtet, von der sie sich vorstellen könnte, diese zu mieten und eine Filiale zu eröffnen. Der Name sollte der gleiche sein wie in Paris und wie folgt heissen:
Désirée Bertrand
L’art à la Française
Hingegen würde sie nicht so teuren Kunstschmuck wie in Paris zum Kauf anbieten, sondern eine breitere Kundschaft ansprechen wollen. Es würde ihr dabei vor allem darum gehen, interessierten Kundinnen und Kunden eine Freude zu bereiten und sie an ihrem Erfolg teilhaben lassen. Sie könne sich deshalb auch vorstellen, günstigere Materialien zu bearbeiten und sie auch von ausgewählten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Anleitung herstellen zu lassen. Sie denke hierbei an Kork aus Portugal in Verbindung mit Edelstahl in verschiedenster Form. Die Einzigartigkeit müsste allerdings im Vordergrund stehen.
Isabelle und Bernard hörten interessiert zu und erkundigten sich nach der Örtlichkeit. Diese befinde sich am Place Victor Hugo, genau schräg vis-à-vis vom Zeitungsstand. Das Lokal stünde leer, und auf einer Affiche seien die Koordinaten des Vermieters vermerkt. Bernard wusste zu berichten, dass das Lokal tatsächlich zu mieten sei und er kenne auch den Eigentümer der Liegenschaft. Noch vor kurzem habe es dort einen Souvenirshop gegeben, jedoch seien die Auslagen zu wenig einladend gewesen, als dass sich das Ganze gelohnt hätte; zumeist billige Ware aus China, so wie man sie auch in jedem zweiten Supermarkt kaufen konnte. So der Kommentar von Bernard. Die Lage sei allerdings gut, und wenn der Mietpreis stimmen würde, dann wäre dies sicher eine Option.
Désirée ging sogar noch einen Schritt weiter und sie fragte Isabelle, ob sie allenfalls daran interessiert wäre, den Laden zu führen. Diese verneinte spontan, kam dann allerdings auf ihren Entscheid zurück und sagte, dass sie sich das gerne überlegen werde.
Auch Francesco fand die Idee grossartig und er sicherte Désirée seine Unterstützung zu. Mehr noch, er bot ihr an, Eigenkreationen von ihm in ihrem Laden zum Verkauf anzubieten und dies unter den gleichen Bedingungen und Vorstellungen wie Désirée sie habe. Es würde ihm dabei auch nicht darum gehen, möglichst viel zu verdienen, sondern Désirée in ihrem Vorhaben zu unterstützen und, sofern gewünscht, zu ergänzen. – Désirée gab ihrem Freund einen zärtlichen Kuss.
Den Abend verbrachten die vier in trauter Gemeinsamkeit. Bernard kam auf seinen «Type H» (Baujahr 1977) zu sprechen und er schwärmte vom vergangenen Sommer, wo er zusammen mit seinem Freund aus der Schweiz, Philippe, die Strassen von Sainte-Maxime unsicher gemacht habe. Sie seien mit ihrem Music Car von A nach B gefahren und hätten gefällige Musik in einer Lautstärke angepriesen, dass den Leuten Hören und Sehen vergangen sei; nein, in Tat und Wahrheit seien sie sehr wohlwollend empfangen und auch aufgefordert worden, wiederzukommen. Dieser Einladung seien er und Philippe natürlich gerne nachgekommen.
«Und wie sieht denn das Gefährt aus?», so die interessierte Frage von Francesco. «Willst du ihn sehen?» «Ma certo», und beide begaben sich sogleich in die nahe gelegene Garage.
«He, der Wagen sieht ja wirklich toll aus!», und Bernard liess den Sound erklingen. «Umwerfend, toll, einfach einzigartig!» Francesco kam aus dem Staunen und Schwärmen nicht mehr raus und er beglückwünschte Bernard und seinen Freund zu ihrer Initiative. Nun sollten die Temperaturen nur wieder wärmer werden, und dann wollten sie das Gleiche wiederholen. In der Abwesenheit von Philippe stünden ihm François und Gérard, ebenfalls zwei gute Bekannte aus Sainte-Maxime zur Seite und auch mit ihnen mache das Ganze nur Spass. – Francesco glaubte ihm das gern.
Die beiden Schwestern hatten sich in der Zwischenzeit weiter ausgetauscht und Désirée rühmte ihre Beziehung zu Francesco. Er sei einfach anders als andere «Franzosen» in Paris und lange nicht so überheblich und versnobt.
Er sei trotz seines grossen Könnens einfach geblieben und er stehe auch dazu, aus einfachen Verhältnissen zu stammen. Seine Eltern seien zwar in der Zwischenzeit verstorben, jedoch ziehe es ihn trotzdem immer wieder nach Venetien, um dort seine übrigen Verwandten zu besuchen. Sie habe ihn auch schon einmal dorthin begleitet, und die Familie sei wirklich sehr herzlich. Sie sei aufgenommen worden, wie wenn sie Francesco schon hundert Jahre kennen würde.
Bernard machte in der Folge den Vorschlag, dass er Désirée mit dem Besitzer der angesprochenen Liegenschaft zusammenführen könnte. Alsdann könnte sie vielleicht das Lokal von innen besichtigen, wüsste auch um die preislichen Vorstellungen des Vermieters und sie könnte sich so ein besseres Bild machen. Désirée nahm das Angebot gerne an, und Bernard wollte sich am nächsten Tag schlau machen.
Isidor Habersack
Philippe sass gesättigt in seinem Stuhl und er rühmte das Fondue seiner Frau. «So ein feines Käsefondue habe ich schon ewig lang nicht mehr gegessen und das knusprige Brot hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt», so der Kommentar von Philippe. Deborah schenkte ihrem Mann einen liebevollen Blick und sie genossen das Beisammensein.
Alsdann kam Deborah auf ein Thema zu sprechen, dass sie Philippe schon lange hatte kundtun wollen. Sie habe in ihrem Qi Gong Kurs eine Kollegin kennengelernt, welche eine kleine Gärtnerei in der Nähe ihres Wohnortes betreibe und wo sie mitwirken könnte. Sie würde dies eigentlich ganz gerne machen, habe sie doch schon so viel über Pflanzen und die Artenvielfalt gelesen, so dass sie ihr Wissen nun gerne in die Tat umsetzen wolle. Selbstverständlich müsste sie in der Gärtnerei mithelfen und auch im Laden aushelfen, aber dies würde sie gerne machen. Sie wolle einfach mehr draussen, in der freien Natur sein. Zudem habe die Kollegin ihr zugesichert, dass sie ihre Vorstellungen im Züchten, Hegen und Pflegen nach ihren eigenen Ideen umsetzen könne und dass sie ihre Produkte auch im Laden zum Verkauf anbieten könnte. Sie würde sogar etwas verdienen und am Erlös ihrer Zucht beteiligt sein. Sie würde dies wirklich sehr gerne tun.
Nun müsse Philippe allerdings wissen, dass, würde sie die Gelegenheit wahrnehmen, sie viel von zu Hause fort wäre und sich nicht mehr im gleichen Rahmen wie bisher um Enrico kümmern könnte. Es würde von ihr erwartet werden, dass sie doch an drei bis vier Tagen in der Woche in der Gärtnerei arbeiten würde und manchmal auch noch am Samstag und ausnahmsweise am Sonntag, wenn frisches Gemüse und Obst zum Verkauf bereitstünden. Trotzdem reize sie das Angebot sehr und sie interessierte sich nach der Haltung von Philippe in dieser Frage.
Philippe wusste, wie sehr Deborah der Natur verbunden war, und er konnte und wollte ihr ihren Wunsch nicht ausreden. «He, das ist eine schöne Idee. Mach das, wenn du Lust hast. Für Enrico werden wir eine Lösung finden und zumeist werde ich mich um ihn kümmern können.» - Deborah nahm die Antwort von Philippe gerne so entgegen und sie verbrachten den Rest des Abends bei leiser Musik aus dem Radio und einem feinen Gutenachttee für Deborah und einem kleinen Bier für Philippe. Alsbald war Bettens Zeit.
Am nächsten Morgen nahm Philippe nochmals das E-Mail von Isidor Habersack zur Hand und er überlegte sich, ob er ihn anrufen