Nur ein Tropfen Leben. Christina M. Kerpen

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Nur ein Tropfen Leben - Christina M. Kerpen


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die beiden Männer hier in dem Stück spielen möchten. Es muss etwas Schreckliches vorgefallen sein, wenn eine werdende Mutter den Vater ihres Kindes verlässt. Freiwillig würde das ja wohl keine Frau tun. Sie beschließt, der Sache genauestens auf den Grund zu gehen, wenn sie ausreichend Zeit dazu hat. Der Mann ist so viel älter wie die junge Frau, da haben bestimmt irgendwelche geschäftlichen Interessen eine Rolle gespielt und die Beziehung ist eine erzwungene, deswegen die Geheimnistuerei, das Versteckspielen und vor allen Dingen die hohe Bildung über die das Mädchen verfügt.

      Sie seufzt wieder und brummt: „Mrs. Carol selber geht es den Umständen entsprechend. Man könnte fast sagen, es geht ihr verhältnismäßig gut, auch wenn wir noch keine Entwarnung geben können. Aber das Mädchen scheint ein ganz harter Knochen zu sein, zäh wie Leder, auch wenn man es ihr nicht ansieht. – Trotzdem, so schnell dürfen Sie noch nicht zu ihr. Sie braucht erst einmal sehr viel Schonung. Dass das Baby tot ist, hat sie schrecklich geschockt.“

      Charlotte holt tief Luft. „Vielleicht darf sie übermorgen schon mal ganz kurz aufstehen, dann sehen wir weiter, meine Herren. Ich werde jedenfalls heute Nacht bei ihr bleiben, um jedes Risiko möglichst auszuschließen.“

      Die Frau erhebt sich und geht zur Tür. Dort dreht sie sich noch einmal um und nickt mit dem Kopf in Richtung Brandyflasche. „Den lasse ich Ihnen hier. Sie haben ihn sicherlich nötig.“ Damit ist die Frau, die es plötzlich wieder sehr eilig hat, schon wieder hinaus gehetzt.

      Im Zimmer zurück bleiben zwei verwirrte Männer mit gemischten Gefühlen. Einerseits sind sie glücklich, dass Carol lebt und es ihr halbwegs gut zu gehen scheint, andererseits aber sind sie traurig, dass alles so schlimm gekommen ist.

      „Ich glaube, mir soll es nicht vergönnt sein, Vater zu werden“, murmelt Widefield mit brüchiger Stimme. „Aber wenigstens ist mir dieses Mal die Frau geblieben.“

      Erstaunt schaut John den Freund an. „Sag bloß, Du hast so etwas schon einmal mitgemacht.“

      Der Indian nickt und flüstert, mit Tränen in den Augen: „Das ist schon viele Jahre her, da kannten wir uns noch nicht, da war Carol noch nicht mal geboren. Die Frau ist tödlich verunglückt und hat unser ungeborenes Kind mitgenommen.“

      Betroffen murmelt Blacky: „Das wusste ich nicht. Das ist ja furchtbar. Deshalb also bist Du immer so ernst und verschlossen. Das hat sicherlich tiefe Wunden hinterlassen.“

      „Es geht. Ich war noch sehr jung damals und da verkraftet man solche Dinge besser. Außerdem ist Carol meine ganz große Liebe. So sehr habe ich noch nie etwas für einen Menschen empfunden, auch nicht für meine erste Braut. Und das sage ich nicht nur, weil sie Deine Schwester ist. Gegen Carol verblasst jede andere Erinnerung.“

      Sinnend betrachtet John seine Fingerspitzen. „Ich frage mich, ob alles so gekommen wäre, wenn sie gewusst hätte, dass wir hier sind und dass alles in Ordnung ist und sie Mr. Carpenter auch mit einen Baby immer willkommen ist. Ich mag gar nicht darüber nachdenken, dass sie ihr Baby vielleicht nicht verloren hätte, wenn sie ...!“

      „Hör auf zu grübeln, John. Das bringt jetzt nichts mehr. Wer weiß, vielleicht ist es ganz gut so. Sie kann unbeschwert und unbelastet auf Willow-Tree weitermachen, als wäre nichts geschehen. – Ich hoffe nur, dass sie mich auch jetzt noch immer will.“

      Erklärungsversuche

      Am folgenden Morgen erscheint Mrs. Wolters ziemlich übernächtigt im Frühstücksraum und setzt sich zu den beiden Männern, die sie nach wie vor ein wenig misstrauisch mustert.

      Sie bestellt sich einen starken Kaffee und spitzt die Lippen, ohne ihren Blick von den Gästen abzuwenden. „Carol schläft endlich. Der Doktor hatte ihr zunächst ein starkes Beruhigungsmittel gegeben, aber das hat nicht gewirkt, sie hat ununterbrochen geweint. Jetzt hat er sich dazu entschlossen, ihr noch ein starkes Schlafpulver zu geben, weil sie unbedingt aufstehen und zu ihrem Baby wollte.“

      Sie bemerkt die besorgten Blicke der Männer und brummt: „Er musste sie einfach ruhigstellen, es ist nur zu ihrem besten. – Puh, was ist sie nur für ein energisches Persönchen. Einfach nicht zu bremsen. Ich wünschte, ich hätte nur ein Drittel von ihrer Energie und ihrem Lebenswillen.“

      Die Frau gähnt verhalten und lächelt entschuldigend: „Für mich war die Nacht ganz schön anstrengend. Man merkt halt doch, dass man älter wird.“

      Die Hausangestellte erscheint und stellt den Kaffee vor ihrer Chefin ab. Diese bedankt sich und wendet sich wieder den Willow-Tree-Leuten zu. „Mrs. Blake wird bestimmt nicht lange im Bett bleiben, fürchte ich. Wochenbett scheint für sie der schlimmste Ausdruck unseres Wortschatzes zu sein. Um sie nicht zu unüberlegten Handlungen zu verleiten wenn sie alleine ist, wird ihr der Doktor möglicherweise schon morgen erlauben, für ganz kurze Zeit aufzustehen, obwohl sie eigentlich eine ganze Woche fest liegen sollte. Aber versuchen Sie mal einen Floh an die Leine zu legen, ein Ding der Unmöglichkeit.“

      „Wem sagen Sie das, Ma’am“, brummt John über den Rand seiner Kaffeetasse hinweg, „immerhin kennen wir die Kleine schon etwas länger.“

      Die Dame des Hauses kneift die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, dann sagt sie leise: „Ich muss Sie also bitten, sich noch mindestens bis morgen zu gedulden, bevor Sie Mrs. Blake einen Besuch abstatten dürfen. Vielleicht abstatten dürfen!“

      Sie macht eine kurze Pause, um tief Luft zu holen, spricht aber sofort weiter, bevor sie unterbrochen werden kann: „Ich fürchte, wenn Sie heute schon zu Mrs. Blake gehen würden, wäre das ihrer Genesung mehr als abträglich, denn ich habe so das dumpfe Gefühl, dass sie sich grässlich aufregen wird, wenn sie Sie sieht. Und das ist vollkommen unnötig! Sie hat was gegen Männer und ich nehme an, gegen einen Speziellen ganz besonders viel.“

      Sie heftet Ihren Blick fest auf den Indian, dann trinkt sie einen Schluck Kaffee, spitzt wieder die Lippen und will nun endlich wissen: „Jetzt aber mal zu Ihnen, meine Herren. Ich will nun Ihre Rollen in diesem großen Drama endlich kennen lernen. Wieso wagen Sie es, hier zu behaupten, Mrs. Carol sei Ihre Braut? Ich habe die ganze Nacht gegrübelt, denn das Mädchen sagt doch immer, dass ihr Mann tot sei.“ Sie macht eine kleine Pause und knurrt dann: „Das Kind wurde gezwungen Sie zu heiraten und sie hat es irgendwie geschafft, zu flüchten. Ist es nicht so?“

      Widefield schüttelt den Kopf und schließt gottergeben die Augen. Typisch Carol, nie um eine Story verlegen, wenn die Leute an der Nase herumgeführt werden sollen.

      In groben Zügen erzählt er der Hoteliersgattin die ganze Story. „Sie sehen also, mein Mädchen ist ein klein bisschen verquer, aber wir lieben uns und niemand hat sie zu irgendetwas gezwungen. Ganz davon abgesehen, sie hat so einen eigenen starken, unbeugsamen Willen, sie ließe sich von niemandem zu etwas zwingen, was so massiv in ihr Leben eingreifen würde.“ Er schnaubt. „Eine Zwangsheirat und Carol, einfach undenkbar.“

      „Nein so was!“ Die Frau schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. „Nein, so was, sie ist wirklich eine richtige, kleine Komödiantin. – Aber wissen Sie“, wohlwollend blickt die Frau am Indian herab, „ich kann das Kind nicht verstehen. Wie kann man so ein Mannsbild einfach sitzen lassen? Ich kann es durchaus nachvollziehen, dass sich die Kleine in Sie verliebt hat, auch wenn der Altersunterschied wohl nicht ganz unerheblich sein dürfte, aber ich begreife nicht, wie sie dann einfach das Feld räumen konnte. Sie sind doch sicherlich der begehrteste Junggeselle in ganz Wyoming.“ Sie stutzt. „Sie sind doch wohl Junggeselle?“

      David nickt schmunzelnd. „Bin ich! Es gibt keine eifersüchtige Ehefrau, vor der Carol hätte die Flucht ergreifen müssen.“

      „Hm, aber wieso dann das ganze Theater? Sie haben ihr ja wohl nicht Gewalt angetan oder sie mal geschlagen?“

      Stumm schüttelt David den Kopf, räuspert sich und knurrt: „Carol hat sehr eigenwillige Vorstellungen von dem, was man so im allgemeinen den Ehrenkodex nennt. Wissen Sie, Ma’am, es wird normalerweise von den Arbeitgebern nicht gerne gesehen, wenn ihre Angestellten eine Liaison untereinander eingehen und Carol hatte einfach Angst davor, unser beider Leben


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