Nur ein Tropfen Leben. Christina M. Kerpen

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Nur ein Tropfen Leben - Christina M. Kerpen


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seinem Freund herzhaft auf die Schulter. „Ich werde es meiner Schwester befehlen und wenn sie nicht will, lege ich sie über’s Knie, bis sie will, da kannst Du Gift drauf nehmen.“

      Beide Männer lachen und verlassen das Hotel.

      Ein Blick aus begehrlich glitzernden Augen verfolgt die beiden gutaussehenden Cowboys. Die Hoteliersgattin hat noch nie in ihrem Leben Cowboys gesehen, die so gepflegt und sauber gewirkt haben. Die beiden könnten sich genauso gut als Bankiers ausgeben oder als Geschäftsleute, keiner würde diese Aussage anzweifeln.

      Die Frau beneidet Carol um den Indianer. ‚Pff’, denkt sie ein wenig atemlos, ‚ist das ein toller Mann. Der Typ ist ja wirklich ein Traum. Mit dem würde ich zu gerne mein Nachtlager teilen. Echt irre, dass der so alt werden konnte, ohne vor den Traualtar gezerrt zu werden. Der hätte mir ein paar Jahre früher begegnen müssen.’ Sehnsuchtsvolle Gedanken fließen durch ihren Kopf, doch dann schüttelt sie sich unwillig. ‚Verdammt, ich täte Carol damit bestimmt weh, aber träumen wird ja wohl noch erlaubt sein.’

      Am übernächsten Morgen erlaubt der Arzt nach längerem Hin und Her und vielen „Hm, ich weiß nicht“, endlich, dass Carol Besuch bekommen darf. „Aber wehe, wenn Sie die junge Frau aufregen, dann Gnade Ihnen Gott!“, knurrt er und droht dem Indianer mit der Faust.

      „Ganz wird sich das sicher nicht vermeiden lassen“, brummt David und eilt los. Sein Herz klopft ihm bis zum Hals. So aufgeregt war er seit Kindertagen nicht mehr.

      Vor der Tür zu Carols Zimmer bleibt er einen Moment stehen, um sich zu sammeln, dann holt er tief Luft und pocht an die Tür, hinter der er sein Glück weiß. Sofort hört er die vertraute Stimme, schon wieder genau so kess wie früher. „Komm nur herein, Charlotte. Es ist nicht abgeschlossen.“

      Der Indian drückt die Klinke herunter, öffnet die Tür und bleibt im Rahmen stehen. Das geliebte Girl sitzt, ihm den Rücken zuwendend, vor einem großen Spiegel.

      „Warum machst Du die Tür nicht ...?“ Carol hebt den Blick, schaut in den Spiegel, erstarrt und wird glatt noch um ein paar Nuancen bleicher.

      Nun erst schließt David die Türe hinter sich.

      „Indian, Boss, was, was machst Du denn hier? Wo kommst Du auf einmal her?“, stammelt das rothaarige Mädchen völlig verwirrt.

      Ohne auf diese Fragen eine Antwort zu geben, geht der Mann mit schweren Schritten auf seine kleine Frau zu und gibt ihr drei, nein vier kräftige Ohrfeigen. „Als Vorgeschmack auf unsere Ehe, Geliebte, denn eins steht fest, jetzt wird erst mal auf schnellstem Wege geheiratet!“, knurrt er und blickt sie fest an.

      Carol steht mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen da, auf ihren eben noch schneeweißen Wangen zeichnen sich seine Finger ab. Mechanisch hebt sie die rechte Hand und reibt sich über die schmerzenden Stellen, ohne zu einer weiteren Reaktion fähig zu sein. Sie fühlt sich wie gelähmt durch den unerwarteten Auftritt mit dem sofortigen Angriff. Sie klappt den Mund auf, doch kein Ton kommt über ihre blutleeren Lippen.

      Nun wird Davids Stimme ganz sanft und zärtlich, so wie es seine Gefühle zu dem Kind sind. „Ich bin gekommen, um Dich heimzuholen, heim auf die Willow-Tree-Ranch.“ Liebevoll umschließt er sie mit seinen Armen und murmelt: „Du darfst nie wieder weglaufen. Nie wieder, hörst Du, Baby? Niemals mehr wieder. Es gibt keine Problem, für das sich keine Lösung findet und Dein Problem war gar keins, im Gegenteil, Du hättest nicht nur mich mit einem offenen Geständnis überglücklich gemacht.“

      Er küsst sie innig, seine Lippen wandern über ihre Haare, die Stirn und den Hals zurück zu den Lippen, ohne dort eine Erwiderung seines Kusses zu fühlen. „Ich begehre Dich, Geliebte, jede Faser in mir war tot, nachdem Du uns verlassen hast. Ich habe mich jede Nacht nach Dir gesehnt, nach Deinem wundervollen Körper, nach Deinem Temperament, Deiner Wärme. Ich bin fast verrückt geworden vor Sehnsucht nach meiner geliebten, kleinen Carol. Bitte, werde endlich meine Frau!“

      Nach Überwindung des Schrecks sind dem Girl die Tränen in die Augen geschossen. Zornig befreit sie sich aus seiner Umarmung. „Muss das alles sein? Kaum bist Du da, fängst Du schon wieder an, zu nerven! Nach Deinen Ohrfeigen ist mir die Lust auf einen Mann gründlich vergangen. Außerdem habe ich festgestellt, dass ich sehr gut ohne männlichen Anhang auskomme!“

      Mühsam kämpft sie die Tränen zurück. „Sollte ich irgendwann meine Meinung ändern, suche ich mir einen anderen, ich will nämlich keinen Schläger. Andere Mütter haben auch hübsche Söhne. Hier laufen jede Menge davon rum. Ich bräuchte nur mit den Fingern zu schnippen und schon hätte ich die freie Auswahl!“

      Carols Stimme hat während dieser kleinen Rede einen ungewöhnlich metallischen Klang angenommen. „Du kannst mich übrigens nicht nach Hause holen. Ich bin zu Hause! Hier fühle ich mich sauwohl und will nirgends woanders mehr hin.“

      Sehr bestimmt und ohne auf ihr Zetern einzugehen, brummt der Indianer: „Wir heiraten und damit basta!“

      Jetzt wird Carols Stimme unvermittelt sanft. „Hast Du es immer noch nicht kapiert, weshalb ich fortgegangen bin, Boss? Ich will einfach noch nicht heiraten!“

      Wieder bekommt ihre Stimme den blechernen, aufgeregten Tonfall. „Ich will mich noch nicht binden, verstehst Du das denn nicht? Ich fühle mich noch viel zu jung und bin das auch noch. Willst Du nicht kapieren, dass Du es noch immer mit einer unreifen, jungen Göre zu tun hast? Daran konnte auch die Schwangerschaft nichts verändern, die hat mich nur dick und hässlich gemacht, aber in meinen Kopf ist alles beim Alten geblieben.“

      Das Girl ist wieder unruhig geworden, ihre Augen irren unstet durch den Raum an den Wänden entlang, als suche sie eine andere Fluchtmöglichkeit, als die Tür.

      „Nein, Carol“, antwortet der Vormann ganz ruhig, „nein, Carol, das verstehe ich nicht und ich will es auch nicht verstehen. Ich will Dich! Ich will Dich endlich ganz für mich alleine!“ Er stockt und schaut sie aus seinen dunklen Augen ganz ruhig, aber fest an. „Ich bin Dir zu alt, stimmt’s? Ich habe es immer gewusst. Ich bin so viel älter als Du, dass ich mit Leichtigkeit Dein Vater sein könnte. Ich weiß, dass das Kind meiner verstorbenen Verlobten älter wäre, als Du es bist und das ist Dir wahrscheinlich mittlerweile klar geworden.“

      „Du verstehst überhaupt nichts!“

      „Wenn Du mir sagst, dass ich Dir zu alt bin, dann muss ich das akzeptieren, ich kann Dir nicht Deine Jugend stehlen.“

      „Nein, Sir, das ist es nicht!“, Carols Tonfall ist förmlich und korrekt, doch ihre Stimme zittert vor unterdrückter Erregung. „Ich kann einfach nicht mehr nach Ebony Town zurückkehren, das geht absolut nicht, das ist überhaupt nicht mehr drin.“

      Bei diesen Worten steigert sich das rothaarige Geschöpf in eine solche Erregung hinein, wie man sie von ihr gar nicht gewohnt ist, eine Erregung, die eine große Unsicherheit in sich birgt. Carol hat sich noch nie in ihrem Leben so verunsichert gefühlt, wie in diesem Moment.

      Ihre Gefühle sind zwiespältiger Natur, denn sie sehnt sich schon so lange danach, die Geborgenheit wieder zu spüren, die David ihr zu geben versteht, aber andererseits hat sie es sich so sehr in den Kopf gesetzt, nie mehr nach Wyoming zurückgehen zu können, dass sie keinen klaren Gedanken mehr zustande bekommt.

      Sanft ergreift David den Arm des Mädchens. „Aber Carol, wir vermissen Dich doch alle so sehr. Nichts ist mehr wie früher. Du fehlst uns an allen Ecken und Enden. Du bist doch hier bestimmt nicht rundherum glücklich, Dir fehlt doch sicher Deine Arbeit. Bitte, Baby, komm doch mit mir zurück.“

      „Nein, nein! Niemals!“, zischt sie durch ihre zusammengebissenen Zähne hindurch und beginnt aufgeregt nach Luft zu schnappen. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich wild und sie ist erneut fast den Tränen nahe.

      Widefield reißt nun doch der Geduldsfaden. „Carol verdammt noch mal, nimm doch endlich Vernunft an. Du kommst jetzt mit nach Ebony Town. Sobald Du wieder reisefähig bist, fahren wir!“ Drohend hängt die schwere Stimme des Mannes im Raum.

      Carol taumelt zunächst, als würde der Druck dieser Stimme sie umwerfen, dann aber hält das hübsche rothaarige


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