Nur ein Tropfen Leben. Christina M. Kerpen
Читать онлайн книгу.tieftraurig gewesen, weil ich immerzu an Dich hätte denken müssen.“
Carol umarmt die glücksstrahlende Freundin. „Ja, ich bin rechtzeitig zurückgekehrt. So ein Ereignis und vor allen Dingen eine tolle Hochzeitstorte kann ich mir doch nicht entgehen lassen. Ich freue mich für Dich, Susan. Aber, - auf der anderen Seite bedeutet das, dass Du Willow-Tree verlässt und das freut mich natürlich viel weniger.“
Das Cowgirl denkt an seine Überlegungen, die sie noch vor wenigen Stunden wegen der Zukunft der Ranch gewälzt hat. Somit scheidet Susan als zukünftige Rancherin aus und das Morgen wird immer ungewisser.
„Ja klar muss ich Willow-Tree verlassen, aber das ist der natürliche Lauf der Dinge, dass eine Ehefrau ihrem Gatten überall hin folgt. Und außerdem, Boston ist ja auch nicht das andere Ende der Welt.“
Carol seufzt. „Aber es ist trotzdem ganz schön weit weg. Und wenn Bruno doch eines Tages nach Deutschland zurückgeht, dann bist Du am anderen Ende der Welt.“
Nachdenklich und schweigend sehen sich die Girls eine Weile an, während das Strahlen auf Susans Gesicht verblasst. Sie hat bisher noch nicht über ihren Weggang nachgedacht und plötzlich kommt es ihr vor, als wäre es das Schrecklichste auf der Welt.
Carol erkennt, was sie mit ihren im Grunde unbedachten Worten angerichtet hat und fasst sich schnell wieder. „Ich rede mal wieder einen absoluten Unsinn, hör nicht auf mein Geschwätz. Boston ist auch nicht weiter, als Washington und überleg mal, wie oft Dein Bruder uns besucht. Und bisher hat doch wohl noch keiner angedeutet oder gar definitiv gesagt, dass Dein Doktor in allernächster Zeit nach Deutschland zurückkehren will.“
Wieder umarmt sie die Freundin. „Ich freue mich, dass Du so glücklich und verliebt bist. Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass Du immer so glücklich bleibst und dass Dir das Leben mit Bruno nur schöne Stunden schenkt.“
Das Strahlen auf dem Gesicht der jungen Braut verstärkt sich wieder und sie drückt dem rothaarigen Mädchen einen Kuss auf die Wange. „Danke, Carol, Du bist so lieb und ich bin so froh, dass Du wieder hier bist. Das ist mein aller-, allerschönstes Hochzeitsgeschenk, dass Du bei unserer Trauung dabei bist.“
„Ja, klar bist Du froh, dass ich wieder hier bin“, grinst das Kind etwas bitter, „damit Du beruhigt in vier Wochen abhauen kannst und die arme Ines nicht so ganz allein unter Männern bleiben muss.“
„Aber Carol, ich bitte Dich, dass stimmt doch gar nicht!“ Susan ist ehrlich erschrocken.
Das Cowgirl lächelt ein wenig schief. „Ach, Susy, nimm meine Worte nicht so bitter ernst. Ich muss mich halt erst an den Gedanken gewöhnen, dass Du bald nicht mehr hier bist. Der Ranch fehlt dann der gute Geist und ich habe niemanden mehr zum Kichern. Dann geht es mir, wie es Dir jahrelang gegangen ist.“
„Hach, als guter Geist bist Du ja jetzt wieder da und wenn Du erst Deine kleine Familie hast, wirst Du mich sicher nicht vermissen.“
„Nee, nee!“ Carol schüttelt energisch den Kopf. „Als guter Geist tauge ich nichts, denn schließlich bin ich nur eine Zugereiste.“ Sie senkt die Stimme. „Du gehörst zur Ranch, ich bin jederzeit kündbar.“
Susan hört nicht mehr auf das, was Carol murmelt. Mit nachdenklichem Blick betrachtet das blonde Girl das rothaarige. „Du“, druckst sie schließlich, „ich wollte Dich noch etwas ganz Wichtiges fragen.“
Carol grinst frech: „Dein Tonfall klingt, als wolltest Du mich, das verdorbene, unsittliche Flittchen fragen, was in der Hochzeitsnacht passiert.“
„Nein, ja, ach, Du machst mich bekloppt!“ Susan ist einigermaßen ins Straucheln geraten.
„Also, was denn nun? Hochzeitsnacht, ja oder nein?“
„Auch, aber erst muss ich Dich noch was viel Wichtigeres fragen.“
„Wichtiger als nach dem, was in der Hochzeitsnacht passiert? Das gibt es nicht. Du bist Doch aufgeklärt, oder?“
Errötend schüttelt Susan den Kopf. „Nein, eigentlich nicht.“
„Na herrlich, willkommen im Kreise der beim ersten Mal noch Ahnungslosen. –Ging mir auch so, aber ich wurde praktisch unterwiesen.“
„Mann, jetzt sei doch mal still und hör mir erst mal zu, sonst vergesse ich, was ich fragen wollte und ich will seit einem halben Jahr, seit ich von Deiner Schwangerschaft weiß, diese Frage loswerden.“
Gespannt blicken zwei grüne Augen in zwei Blaue. Das muss ja wirklich eine wichtige Frage sein, wenn Susan für ihre Verhältnisse so kribbelig klingt.
Dann grinst sie auf einmal: „Ich bin auch als Brautjungfer nicht mehr geeignet oder soll ich Trauzeugin spielen? Da wäre Dein Bruder aber sicher beleidigt.“
„Du machst mich irre! Jetzt halt doch mal die Klappe!“ Ungewohnte Töne von der sonst so gesitteten Susan. Carol horcht auf.
Feierlich richtet die Blondine ihre Augen auf die Freundin und sagt ernst: „Carol, ich wollte Dich fragen, was Du von einer schnuckeligen Doppelhochzeit hältst?“
Carol, die nicht gleich kapiert, zuckt mit den Schultern. „Kommt drauf an, wer das andere Brautpaar ist. Wenn Du jetzt sagst, die langweilige Kathy Miller, dann bleibe ich gleich daheim.“
„Quatsch, wer vergreift sich denn an der? Nein, Du und Dein Vormann, ihr sein gefragt!“
„Ich? Heiraten? Um Gottes Willen, frühestens in fünf Jahren!“
Susan macht ein enttäuschtes Gesicht. Sie hatte sich alles so schön ausgemalt und nun so eine Abfuhr. „Aber warum denn nicht? Das wäre doch toll!“
„Wäre es bestimmt nicht, Kindchen. Ich bin noch viel zu jung.“
„Ach, aber, aber schlimme Sachen machst Du wie eine Alte, dafür bist Du wohl nicht mehr zu jung!“ Susan ist bei diesem Satz rot geworden.
Auf Carols Stirn bilden sich zwei steile Falten über der Nasenwurzel. „Stimmt, das habe ich gemacht, dafür fühle ich mich wirklich nicht mehr zu jung, denn das ist das herrlichste Gefühl der Welt.“ Der Blick des Girls geht in eine unendliche Ferne. „Du kannst keinem Menschen näher sein, als Deinem Geliebten in dem Moment. Das bringt keine Umarmung, nicht mal ein vereinter Kuss.“
„Vereinter Kuss? Was soll das denn sein?“
„Den Ausdruck habe ich mir ausgedacht.“ Die kleine Rothaarige schaut die unerfahren wirkende Freundin lauernd an. „Habt ihr Euch noch nie richtig, hm, richtig eng geküsst, Du und Dein Doktor? Ich meine, wenn sich Deine Zunge mir der von Bruno trifft und sie miteinander spielen?“
Susan ist puterrot geworden. Sie schüttet sich. „Wie bitte? Igitt, das klingt ja ekelhaft.“
Carol sackt betroffen in sich zusammen. „Oh, oh, Ihr habt noch nicht!“
Sie räuspert sich. „Nun, Susan, das ist nicht, hm, ekelhaft, das ist, wie soll ich sagen, unheimlich erregend.“
Das Girl kratzt sich am Kopf. „Wenn Du das schon ekelhaft findest, heben wir uns den Rest der Aufklärung besser für später auf. Ich will Dich nicht schocken, denn Du sollst Deinen Mann ja lieben und nicht etwa als Monster empfinden.“
Susans Augen sind schreckensgeweitet und Carol lächelt sanft. „Du brauchst jetzt nicht in Panik zu verfallen. Die Liebe ist etwas ganz wundervolles und wenn Du Deinen Bruno wirklich liebst, ergibt sich der Rest von ganz alleine. Das ist ganz natürlich, sonst gäbe es uns Menschen nicht, wenn jeder Panik davor hätte Liebe zu machen. Dann wäre die Menschheit nämlich längst ausgestorben. Es hat allerdings schon ein wenig was Animalisches an sich, das muss ich zugeben. Mit dem Verstand kannst Du die Sache nicht steuern, das habe ich bei David gesehen, sonst hätte gerade der Mann sich bestimmt nicht dazu hinreißen lassen, mich dummes kleines Luder zu schwängern.“
Susan schluckt. „Inwiefern animalisch? Ich verstehe überhaupt nichts mehr.“
„Hm, tja, Du hast Doch bestimmt schon mal die Pferde oder Kühe bei der, äh, Begattung beobachtet