Nur ein Tropfen Leben. Christina M. Kerpen

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Nur ein Tropfen Leben - Christina M. Kerpen


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murmelt Perkins betroffen, „dieser Mann scheint das Glück für sich gepachtet zu haben.“ Er verabschiedet sich höflich und schaut dabei tief in Carols grüne Augen, dann dreht er sich um und geht seines Wegs.

      Die beiden Mädchen schauen belustigt hinter ihm her, bis Carol mit einem „Eh“, der Freundin ihren Ellbogen in die Rippen rammt, „sag mal, was sollte das denn? Wieso vermasselst Du mir meine sämtlichen Chancen?“

      Übermütig lachen die beiden herzhaft, dann fragt die Blondine unvermittelt: „Du wolltest mir doch noch ein bisschen was über die Hochzeitsnacht erzählen.“

      „Uups, schade, dass Du das nicht vergessen hast. Na gut, ich hab’s nun mal versprochen. Aber Du willst ja wohl nicht hier, mitten auf der Straße von mir aufgeklärt werden, oder?“

      „Natürlich nicht“, schüttelt Susan den Kopf. „Darf ich heute Abend zu Dir kommen?“

      Carol wird knallrot und murmelt: „Nun, wenn es denn unbedingt sein muss. Hätte ich dummes Luder doch bloß nie was gesagt.“

      Sie macht eine Pause, schaut zu Boden, schluckt und knurrt heiser: „Aber Du musst mir versprechen, nicht in Panik zu geraten, ich weiß nämlich noch nicht, ob ich das überhaupt zu erklären vermag. Ich habe schon ein paar Mal gegrübelt, aber es kommt mir so schwer vor, diese schöne Sache mit Worten zu erklären, dann klingt es nämlich ziemlich schmutzig.“

      „Versprochen, Carol. Ich will es versuchen. Außerdem, so schlimm wird es schon nicht werden. Wie Du das mit den Tieren gesagt hast, wolltest Du mich doch nur erschrecken. Dir scheinen Deine vorgezogenen Hochzeitsnächte doch viel Freude zu machen, sonst würdest Du sicher nicht freiwillig zu David ins Bett steigen.“

      Der Schalk tritt in Carols Augen, als sie antwortet: „Das kannst Du wohl annehmen, wegen mir dürfte es ständig Nacht sein.“

      Mit erschrockenen Augen blickt Susan die Freundin an und Carol lacht erneut auf. „Ach Du liebes bisschen, Du siehst aus, als hätte es gedonnert. Ganz so schlimm ist es natürlich nicht. Man kann es auch am Tage machen, denn weißt Du, wenn Du richtig doll verliebt bist, dann willst Du immerzu die Wärme des Geliebten spüren, seinen Geruch einatmen und von ihm gestreichelt werden.“

      Carol hat bei diesen Worten die Augen geschlossen, holt tief Luft und kehrt mit einem Ruck in die Wirklichkeit zurück.

      „Mensch, Carol, Du bist aber echt verschossen in den Indian. Wie habt Ihr Eure Liebe nur so lange geheim halten können?“

      Nachdenklich ruhen Carols grüne Augen auf dem Gesicht der Freundin. „Das weiß ich eigentlich auch nicht mehr so genau und ehrlich gesagt, es kommt mir heute auch so dumm und unnötig vor. Ich weiß noch, dass es manchmal verdammt schwierig war, sich nichts anmerken zu lassen. David hat mich manchmal ziemlich ungerecht wegen kleiner Fehler angemacht und damit hat er die Situation wohl überspielen wollen und ich war dafür zum Dank dann ganz besonders frech. – Es war manchmal schon merkwürdig, aber ich hatte ganz einfach Angst vor den Reaktionen unserer Umwelt.“

      Die Girls sind zwischenzeitlich bei der Kutsche angekommen und klettern hinein. Carol greift nach den Zügeln und fragt prophylaktisch: „Alles klar? Können wir heim oder haben wir etwas Wichtiges vergessen?“

      Susan reagiert nicht auf die Frage, denn sie hat sie gar nicht gehört, so sehr ist sie mit ihren Gedanken beschäftigt. Fragend murmelt sie statt einer Antwort: „Wie lange geht das eigentlich mit Euch beiden schon so?“

      Grinsend gegenfragt der rote Irrwisch: „Meinst Du, seit wann wir uns lieb haben oder seit wann wir, hm, na, Du weißt schon.“

      „Beides würde mich interessieren, Carol. Wann habt ihr Eure Zuneigung zueinander entdeckt?“

      „David behauptet, er hätte sich schon bei unserer ersten Begegnung auf der Nordweide hoffnungslos in mich verliebt. Könnte sein, dass es bei mir so ähnlich gewesen ist, auch wenn ich ihn damals am liebsten umgebracht hätte.“

      Langsam lenkt Carol den Wagen aus der Stadt und erzählt dabei leise weiter: „Nachdem ich einige Wochen bei Euch war, bin ich mal nachts heimlich in den Stall geschlichen, weil ich so eine Sehnsucht nach Silky hatte. Plötzlich stand der Boss in der Tür. Er war mächtig sauer auf mich, denn Kinder gehören nachts ins Bett und müssen schlafen. Damit ich einer Strafe entgehen konnte, habe ich mich mit einem Kuss freigekauft.“

      „Ehrlich? Und der Kerl ist darauf eingegangen?“

      „Klar, er ist doch ein ganz normaler Mann. Ich dachte, er spielt ein für ihn angenehmes Spiel mit mir, aber ich hatte ganz schönes Herzklopfen und nicht etwa vor Angst wegen einer möglichen Strafe. Da ich damals aber noch unerfahren in zwischenmenschlichen Gefühlen gewesen bin, wusste ich nicht, dass ich mich gerade eben rettungslos verliebt hatte, obwohl wir uns da noch gar nicht richtig geküsst haben.“

      Carols Gedanken sind in diesem Moment im Stall und sie hat die Szene ganz klar vor Augen. Lächelnd fährt sie nach einer Weile mit ihrer Erzählung fort. „Ich habe erst eine ganze Weile später bemerkt, dass ich mich in den Vormann verliebt habe, das war an einem Abend, als ich ziemlich spät, im Dunkeln, noch mal weggeritten bin.“

      „Wieso reitest Du nachts durch die Gegend?“

      „Das brauche ich manchmal. Jetzt nur noch ganz selten, aber wie ich zu Anfang hier war, musste ich das Gefühl der Einsamkeit hin und wieder spüren. Das musste einfach sein, denn so viel Familie war ich echt nicht gewöhnt. – Tja, und unserem Vormann entgeht nun mal so leicht nichts. Er ist an einem Abend einfach mal mitgekommen und an diesem Abend haben wir uns endlich unsere Liebe zueinander eingestanden. Damals hat er mich das Küssen gelehrt. Ich war anfangs auch etwas erschrocken, wie ich seine Zunge in meinem Mund spürte, aber dann fand ich es herrlich, so eng mit dem Mann meiner Träume, mit meinem großen Schwarm, zusammen zu sein.“ Sie holt tief Luft. „Ich will jetzt nicht näher darauf eingehen, aber glaube mir, wenn Du Deinen Bruno wirklich liebst, wirst Du gar nicht mehr anders von ihm geküsst werden wollen. Da ist nichts von wegen igitt oder so, es ist einfach ein wundervolles Gefühl des Zusammengehörens.“

      Die Mädchen schweigen sehr lange, in jedem der hübschen Köpfchen werden Gedanken gewälzt. Die Willow-Tree-Ranch ist schon in der Ferne zu sehen, da fragt Susan vorsichtig: „Und an dem Abend habt ihr auch gleich so richtig, war es an dem Abend Euer erstes Mal?“

      „Nö, dann wäre wahrscheinlich sofort alles im Eimer gewesen. Das mit dem Küssen war herrlich, aber für den Anfang hat es mir gereicht. Das erste Mal richtig geliebt haben wir uns erst viel später. Ich glaube zwar, David wollte es schon lange, wahrscheinlich sogar schon an dem bewussten Abend, aber er hat mich nie bedrängt. Wahrscheinlich war ihm meine Jugend dann doch etwas unheimlich. Und dann kam mal ein wunderschönes Wochenende, da waren wir vollkommen alleine auf der Ranch. Es war kurz nach meiner Augenoperation. Kannst Du Dich erinnern, wie ihr, Du und Dein Großvater, über Nacht mal auf der Miller-Ranch geblieben seid? Du wolltest unbedingt, dass ich mitkomme.“

      „Na klar kann ich mich daran erinnern, es war ätzend langweilig.“ „Siehst Du, und auf Willow-Tree war es das nicht. David und ich, wir waren ganz alleine, ein Mann und eine Frau, ineinander verliebt und voller Sehnsucht. Na ja, lange Rede, kurzer Sinn, an dem Abend ist es halt passiert.“

      „Ja, ja, Gelegenheit macht Diebe!“, brummelt Susan.

      „Nee“, Carol schüttelt den Kopf und sagt ernst: „Falsch zitiert, meine Liebe, in unserem Fall muss es heißen: ‚Gelegenheit macht Liebe!’ und nach dem ersten Erschrecken war es wunderschön.“

      Das verliebte Girl atmet mehrmals tief ein und aus bei dem Gedanken an das erste Mal. „Es war wunder-, wunderschön. Nur am nächsten Tag kam dann der große Katzenjammer. Ich habe mich mächtig geschämt, dass ich so liederlich gewesen bin. Und der Kummer wäre noch schlimmer gewesen, wenn ich da schon gewusst hätte, dass direkt unsere erste Nacht sichtbare Folgen hatte.“

      „Wieso bist Du Dir da so sicher, dass Du schon in der ersten Nacht“, Susan druckst, „schwanger geworden bist?“

      Carol dreht den Kopf in Richtung ihrer Freundin und lächelt sanft, fast


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