Wie das Leben so spielt. Karl Zbigniew Grund
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bis sich alles wieder
fügte
Ein Tag im Mai
Vorhin schien mir die Sonne sehr warm ins Gesicht. Ich blieb kurz stehen und schloss für einen Moment die Augen. Und dann erinnerte ich mich.
Nicole war damals 17 Jahre jung und trug an dem Tag ein leichtes beigefarbenes Sommerkleid. Es passte sehr gut zu ihrer leicht getönten Haut und ihren dunklen Haaren. Sie hatte zudem sehr schöne Beine und eine schlanke Figur. Natürlich hatte ich da schon viel früher ein Auge auf sie geworfen, aber sie galt als sehr selbstbewusst und wählerisch in ihren Beziehungen. Sie war nicht leicht zu erobern.
Ich hatte damals erstmalig gutes und mexikanisches Psilocybin besorgen können und schaffte es, Nicole für einen Ausflug in den Wald zu begeistern. Wir fuhren in die Eifel an eine etwas weniger bekannte Stelle. Der Mischwald ist da besonders schön und es gibt dort einen kleinen Bach und viele Wiesen, wo man völlig ungestört die Natur und auch Sex genießen kann. Ich parkte meinen Käfer-Cabrio an einer Seitenstraße. Es war mein erstes Auto, das ich zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Ich war sehr stolz auf diesen Wagen. Dann teilten wir uns eine recht kleine Menge von den Pilzen, weil ich die Wirkung noch nicht so gut abschätzen konnte.
Die Sonne schien angenehm warm an diesem Tag im Mai. Nicole war bestens gelaunt und wir spazierten einen Weg entlang. Irgendwann setzte dann auch leicht die Wirkung von den Pilzen ein. Alles schien mir etwas bunter und wir lachten viel. Zwischendurch fiel und stolperte sie mir wie versehentlich in die Arme. Ich fühlte ihren schlanken Körper und ihre Rundungen. Sie roch zudem berauschend gut. Wir küssten uns und damit war auch alles andere so gut wie besiegelt. Vorsorglich schaute ich mich nach einer geeigneten Stelle um. Nicole aber spielte noch mit mir, lief mal weg, kam wieder und dann spielten wir ein wenig Verstecken. Es war traumhaft, durch den bunten Wald zu laufen. Vorsorglich hatte ich paar leckere Getränke dabei, während sie eine kleine Umhängetasche mit sich führte.
Die Zeit verging und ich wurde langsam etwas ungeduldig. Sie merkte es und lächelte einladend.
„Geh schon mal vor, ich muss noch etwas erledigen“, sagte sie dann leise. „Wir treffen uns da vorne an der Biegung“. „Warum so schüchtern“, entgegnete ich, aber mir war es auch recht, weil ich dringend in Ruhe pinkeln wollte. Das Psilocybin machte mich zunehmend euphorisch. „Ja, okay, aber mach bitte nicht zu lange, weiß gar nicht, wo wir hier gelandet sind“, rief ich ihr noch nach, als sie seitlich zwischen den Bäumen verschwand. „Aber klar doch“, hörte ich sie zurück rufen, „gehe dir schon nicht verloren“.
Ich ging dann weiter den Weg entlang und fühlte eine unbeschreibliche Vorfreude und ein Verlangen. Tatsächlich hatte ich da irgendwie die Orientierung verloren, aber es konnte nicht so weit entfernt von dem geparkten Auto sein. Jedenfalls war ich mir ganz sicher, dass wir den Weg zurück finden würden.
Ich wartete an der Biegung und hielt auch bereits Ausschau nach einer schönen Wiese. Weiter vorne erblickte ich dann auch eine geeignete Stelle.
Nach meinem Zeitgefühl hätte Nicole eigentlich langsam kommen müssen. Vielleicht braucht sie einfach mehr Zeit, ging mir durch den Kopf. So wartete ich noch eine gute Weile, aber dann rief ich doch laut nach ihr. Es kam keine Antwort. Sie will doch nicht schon wieder Verstecken spielen, versuchte ich mich zu trösten. Dann ging ich aber ein gutes Stück zurück und rief diesmal deutlich lauter nach ihr. Die Sonne brannte immer heißer, aber ich hörte nur das Zwitschern der Vögel. So versuchte ich mich, an die Stelle zu erinnern, wo wir uns getrennt hatten. Ich ging dann kurz hinein und wieder raus. Lief dann zu der Biegung zurück und rief immer wieder ihren Namen. Ich hörte nichts von ihr und langsam ergriff mich eine ernste Panik. Das kann doch nicht wahr sein, dachte ich, sie wird sich doch nicht verlaufen haben. Und sie muss mich doch irgendwie hören. Ich schrie, so laut ich konnte. Nichts. Plötzlich fühlte ich mich ganz nüchtern und gar nicht gut drauf. Ich lief den ganzen Weg hin und her laut schreiend, aber Nicole blieb verschwunden. Im Nachhinein weiß ich auch nicht mehr, wie oft und wie lange ich da noch herum irrte. Sie tauchte einfach nicht auf. Vielleicht und hoffentlich ist sie zum Auto zurück gegangen, ging mir noch durch den Kopf, aber mein ungutes Gefühl verstärkte sich erheblich. Es kam hinzu, dass ich selber überhaupt nicht mehr wusste, wo ich war.
Irgendwann war auch die Sonne verschwunden, als ich völlig entkräftet und verwirrt mein Auto wieder fand. Nicole war nicht da und auch kein Zeichen von ihr. Kein Zettel oder irgendwas.
Ich blieb noch lange da stehen. Als es endgültig dunkel wurde, fuhr ich zurück in die Stadt und fragte überall, ob sie gesehen wurde. Ohne Erfolg. Ich fragte nach der Adresse, wo sie bei ihren Eltern wohnte und fuhr dahin.
Die Eltern waren freundlich, wirkten aber nicht besonders beunruhigt. „Ach, die Nicole ist öfter mal weg. Sie meldet sich schon, meinte ihre Mutter“. Ihre kleine Schwester schien es auch nicht sonderlich zu interessieren. „Sie soll nicht so viel Hasch rauchen“, sagte noch ihr Vater. „Wir haben aber kein Hasch geraucht“, erwiderte ich wahrheitsgemäß, erwähnte aber nicht das Psilocybin. Nach einer Weile fuhr ich dann weg, nachdem sie mir versprachen, mich sofort anzurufen, wenn sie wieder auftauchen sollte. Vielleicht hatte sie sich wirklich komplett verlaufen und ist bald wieder da, hoffte ich noch, aber ich fühlte nur Verwirrung und hatte ein ganz ungutes Gefühl. In der Nacht fuhr ich noch zu der Stelle, wo ich mein Auto geparkt hatte, aber natürlich umsonst.
Als sie am nächsten Tag immer noch nicht da war, fuhr ich erneut zu den Eltern und bedrängte sie, die Polizei zu verständigen. Sie wollten noch ein wenig warten, aber ich machte ihnen klar, dass dieses Verschwinden im Wald, wo weit und breit keine Menschenseele zu sehen war, sehr ungewöhnlich und besorgniserregend war. Bei dem Ausflug konnte ich die ganze Zeit überhaupt keine anderen Personen sehen. Normalerweise bin ich da auch ziemlich wachsam. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass uns jemand gefolgt sein könnte. Vielleicht waren wir zu unbesorgt und leichtsinnig. Schließlich ging ich auch in eine Polizeistation und erklärte den Beamten, dass wir auch die Pilze gegessen hätten, aber eine kleine und verträgliche Menge und ich die ganze Zeit keine besondere Veränderung bei Nicole und mir erkennen konnte. Im Gegenteil. Ich erklärte und zeigte ihnen auch ungefähr die Stelle, wo sie aus meinem Blickfeld verschwunden war. Da gab es keine Seitenwege. Ein heimlicher Verfolger hätte es zumindest nicht leicht gehabt.
Nicole wurde dann als vermisst geführt. Aber auch in den folgenden Wochen und Monaten gab es kein Lebenszeichen von ihr. Es stimmte mich sehr nachdenklich und traurig. So ein hübsches und nettes Mädel. Da muss etwas passiert sein, war ich mir ziemlich sicher. Man verschwindet nicht einfach so aus dem Leben. Eine andere Erklärungkonnte ich mir absolut nicht vorstellen. Vielleicht wurde sie überrascht und konnte auch nicht mehr um Hilfe schreien. Vieles war möglich. Leider erschien mir ein Verbrechen am wahrscheinlichsten.
Ich hörte nie wieder etwas von Nicole.
Die Festtagstorte
Heute ist ein besonderer Tag. Aus einem gewöhnlichen und langweiligen Freitag habe ich einfach einen Feiertag gemacht – ganz für mich allein.
Dabei habe ich mich leider auch in Unkosten gestürzt. Aber, was soll‘s. Es ist eben passiert und eigentlich musste es auch mal wieder sein.
Vorhin wurde mir die Torte persönlich gebracht und ausgehändigt. Wie im First-Class-Hotel. Mit zwei Mann sind sie gekommen. Der Kaufmann wurde von einem Beamten eskortiert, der ihm die schwere Tür aufschließen und entriegeln musste. Viel Aufwand – und das alles nur für mich. Da kann man echt Gefühle kriegen.
Ich habe mich für die Schwarzwälder-Kirsch entschieden. Die einzige Alternative, diese Nuß-Sahne – also, die ist was