Der leuchtende Schlüssel. Edgar Wallace

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Der leuchtende Schlüssel - Edgar Wallace


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beleidigende Mitteilung von meinem Onkel und fügte von sich aus noch ein paar unverschämte Bemerkungen hinzu.«

      Smith erhob sich von der Bank und klopfte sich sorgfältig ab.

      »Das hätten Sie mir alles gestern Abend sagen sollen«, entgegnete er vorwurfsvoll. »Sie hätten mir damit viel Arbeit erspart.«

      Er betrachtete die merkwürdig aussehende Luftpistole, nahm sie in die Hand und legte sie wieder hin.

      »Mit so einer Waffe hätte man die Schüsse abfeuern können, die Tickler getötet haben.«

      »Wollen Sie damit sagen, daß ich den Mann umgebracht habe?« fragte Allenby ärgerlich.

      Der Chefinspektor lächelte.

      »Lassen Sie sich die Laune nicht verderben. Ich habe ja gar nichts gegen Sie. Mein Groll richtet sich nur gegen die wissenschaftlichen Methoden, mit denen die Verbrecher heutzutage arbeiten.«

      »Gewiß ist das eine gute Waffe«, erwiderte Dick, der sich wieder faßte, »aber ich verfolge damit ganz andere Ziele – ich weiß nicht, ob ich das in Ihren Schädel trommeln kann ...«

      »Danke schön«, murmelte Smith.

      »Sie soll vor allem für die Industrie nutzbar gemacht werden. Wenn ich hier in dieser Stahlkammer eine gewöhnliche Patrone abschieße, erziele ich einen unheimlich hohen Luftdruck, den ich dazu verwenden kann, eine Maschine in Gang zu setzen. Genauso kann ich mit dem Ding einem Galgenvogel das Lebenslicht ausblasen.«

      Smith sollte um vier Uhr nachmittags an einer Konferenz in Scotland Yard teilnehmen. Er haßte derartige Besprechungen, bei denen die Leute an einem runden Tisch zusammensaßen, rauchten und hochtrabende Reden über Dinge hielten, von denen sie nichts verstanden. Aber dieses Mal kam er pünktlich und fand, daß seine vier Kollegen dieses Verbrechen ebensowenig erklären konnten wie er selbst.

      Eine neue Nachricht war inzwischen eingetroffen. Ein Polizist, der am Portland Place patrouillierte, hatte in dem Toten einen Mann wiedererkannt, den er kurz vor zwei Uhr in einer Nebenstraße gesprochen hatte. Das stimmte mit den Beobachtungen des Chefinspektors überein, der um zwei Uhr Tickler vom Portland Place her die Regent Street hatte entlanggehen sehen.

      Merkwürdigerweise hatte der Polizist nichts von dem betrunkenen Mann erzählt, für den sich Tickler so sehr interessiert hatte.

      »Das bringt mich auch nicht weiter«, sagte Surefoot und legte den Bericht beiseite. »Ich möchte nur wissen, warum dieser kleine Dieb ums Leben kam. Er war ziemlich am Ende. Bevor ich ihn anrief, habe ich mit eigenen Augen gesehen, wie er sich nach Zigarettenstummeln bückte.«

      Smith fand in seinem kleinen Büro eine Anzahl von Briefen. Einer davon war in Westminster aufgegeben und am Nachmittag zugestellt worden. Das Kuvert war schmutzig, und eine wenig geübte Hand hatte die Adresse geschrieben. Der Chefinspektor riß den Umschlag auf und nahm ein Blatt Papier heraus, das von einem billigen Notizblock abgerissen war. Mit Bleistift stand darauf gekritzelt:

      Wenn Sie wissen wollen, wer den armen Mr. Tickler ermordet hat, so erkundigen Sie sich am besten bei Mr. L. Moran.

      Smith sah lange auf die Nachricht.

      »Warum auch nicht?« fragte er dann laut. Er hielt Mr. Moran schon immer für eine dunkle Persönlichkeit.

      5

      Mary Lane war davon überzeugt, daß sie eines Tages im West End als große Schauspielerin gefeiert werden würde, wenn sie sich auch den Wunschtraum, über Nacht berühmt zu werden, aus dem Kopf geschlagen hatte.

      Am zweiten Morgen nach der Gesellschaft bei Washington Wirth hatte sie eine kurze Unterredung mit Mr. Hervey Lyne über die Rente, die er ihr zahlte. Es war keine angenehme Unterhaltung.

      »Wenn du zur Bühne gehst, mußt du eben damit rechnen, daß du nur ein Hungerleben führen kannst. Dein Vater hat mich zum Vollstrecker seines Testaments gemacht, und ich besitze unbeschränkte Vollmacht. Und ich sage dir nochmals, bis zu deinem fünfundzwanzigsten Geburtstag bekommst du nicht mehr als hundertfünfzig Pfund jährlichen Zuschuss. Es hat keinen Zweck, noch weiter darüber zu reden.«

      Mary Lane beherrschte sich in bewunderungswürdiger Weise.

      »Ein Vermögen von zwanzigtausend Pfund bringt mehr als hundertfünfzig jährlich ein«, sagte sie.

      »Du bekommst nicht mehr Geld in die Hand, ehe du fünfundzwanzig bist. Und dann werde ich glücklich sein, wenn ich nicht mehr dein Vormund sein muß. Übrigens noch eins: Du bist mit meinem Neffen Richard Allenby befreundet?«

      Sie warf den Kopf in den Nacken.

      »Ja.«

      Er drohte ihr mit dem Finger.

      »Ich möchte dich warnen. Von mir bekommt er nichts, ganz gleich, ob ich lebe oder tot bin.«

      Der Butler Binny begleitete sie bis zur Tür und war sehr liebenswürdig zu ihr.

      »Nehmen Sie sich das nicht zu Herzen«, sagte er beruhigend. »Heute hat er seinen bösen Tag.«

      Sie erwiderte nichts darauf. Binny seufzte schwer und schüttelte traurig den Kopf, als er die Haustür schloß.

      Der alte Hervey Lyne war ein exzentrischer Mensch, mit dem nicht leicht auszukommen war.

      Die vornehmen Herren, die während der Regierungszeit der Königin Viktoria Tausende auf ihre Rennpferde setzten und Einladungen und Sektgelage gaben, waren manchmal in Schwierigkeiten, bares Geld aufzutreiben. Dann kamen sie immer zu Hervey, weil sie sofort wußten, ob er ihnen Geld leihen würde oder nicht.

      Das war das Angenehme an ihm, daß er sofort ja oder nein sagte. Und was er sagte, meinte er auch, ohne lange zu handeln oder zu feilschen. Er gab das Geldgeschäft auf, als die Testamentsvollstrecker des Herzogs von Crewdon einen großen Prozeß gegen ihn anstrengten und verloren. Hervey hatte bestimmt damit gerechnet, daß die Gegner gewinnen würden.

      Er betrachtete alle Leute, die zu ihm kamen, als Narren und hatte nicht die geringste Achtung vor ihnen. Seiner Meinung nach war es töricht, Geld zu borgen, hohe Zinsen zu zahlen und das Geld zurückzugeben.

      Auch Dick Allenby hielt er für einen Narren, einen unverschämten Burschen, der sich für einen Erfinder hielt und nicht klug genug war, beizeiten Geld zu verdienen. Ebenso war Mary Lane in seinen Augen eine dumme Person, eine alberne Schauspielerin, die sich in Pose setzte, ihr Gesicht schminkte und für eine viel zu kleine Gage auf der Bühne arbeitete. Allenby war sein Neffe, der bei etwas vernünftigem Benehmen leicht von ihm eine Million hätte erben können. Mary Lane war die Tochter seines früheren Partners und hätte, wenn sie einen anderen Beruf gehabt hätte, dieselbe Summe bekommen können.

      Seine Dienstboten hielt er natürlich auch für besondere Dummköpfe.

      Binny kümmerte sich aber nicht um das, was sein Herr von ihm dachte. Er war freundlich, hatte große treue Augen und einen vollständig kahlen Kopf. Er war ein wenig faul, und seine Frau hatte morgens immer viel Mühe, ihn aus dem Bett zu bringen.

      Er versah alle möglichen Dienste bei Mr. Lyne: er war Kammerdiener, Privatsekretär, Bote, Butler und Krankenpfleger. Von Rechts wegen hätte er ein hohes Gehalt haben müssen.

      Der alte Hervey saß in seinem Rollstuhl zwischen den Kissen und sah düster auf die Setzeier und die Toastschnitten, die vor ihm auf einem Tablett standen.

      »Hat dieser verrückte Detektiv wieder nach mir gefragt?«

      »Nein«, entgegnete Binny. »Sie meinen doch Mr. Smith?«

      »Ich meine den blöden Kerl, der sich nach diesem Verbrecher Tickler erkundigte«, rief der Alte heftig und schlug mit der Faust so hart auf den Tisch, daß die Tassen tanzten.

      »Der im Auto gefunden wurde?«

      »Fragen Sie nicht so dumm, Sie wissen es doch ganz genau. Natürlich hat ihn irgendeiner von dem Diebsgesindel getötet, mit dem er befreundet war. Die Leute nehmen ja gewöhnlich


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