Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre ….. Band 3. Jörn Kolder

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Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre ….. Band 3 - Jörn Kolder


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die Nachbildung eines Supertankers, das andere das Modell eines Kriegsschiffes mit gewaltigen Geschütztürmen. Auf den ersten Blick schienen die Schiffe so gar nicht zueinander zu passen, schließlich wollte Bergmann den Schiffsverkehr auf einem Binnenfluss simulieren, aber wenn man genauer hinsah konnte man feststellen, dass die beiden Fahrzeuge annähernd gleich lang, breit und hoch waren. Frieder Bergmann hatte in Ermangelung geeigneter Binnenschiffe eben diese Modelle ausgewählt, da sie ähnliche Größenverhältnisse aufwiesen. Das Schlachtschiff war auch deswegen in seinem Einkaufwagen gelandet weil es nettes Feature mitbrachte: man konnte die Oberseite der Geschütztürme aufklappen und kleine Plastikgeschosse in ein Magazin drücken. Auf der drahtlosen Fernsteuerung des Kriegsschiffes befanden sich ein Steuerkreuz und mehrere Knöpfe, deren Funktionen sich Bergmann aus dem Studium der Bedienungsanleitung erschlossen hatten. Mit dem Steuerkreuz gab man den Kurs vor, also geradeaus, rückwärts, nach links oder rechts (er hatte schon wieder vergessen, welche Seite Backbord und welche Steuerbord war). Ein kleines und zur Hälfte senkrecht aus der Steuerung herausragendes Rad legte die Geschwindigkeit fest. Vier in einer Linie angeordnete blaue Knöpfe dienten dazu die Geschütztürme zu aktivieren. Wenn Bergmann also den ersten drückte war der am Bug befindliche in Betrieb, der vierte erweckte den hinteren am Heck zum Leben. Er konnte auch alle gleichzeitig aktivieren, dann war er in der Lage, die Türme synchron zu bewegen. Diese Bewegung stellte für ihn eine ernste Herausforderung dar, denn neben den blauen Knöpfen waren jeweils kleine Joysticks angeordnet. Mit deren Hilfe konnte man den einzelnen Turm in jede Richtung drehen und auch die Erhöhung der Geschützrohre festlegen. Neben den Joysticks gab es nochmals rote Knöpfe, die zur Abfeuerung der Geschosse dienten. Bergmann hatte sich beim Kauf des Schlachtschiffes nicht lumpen lassen und war der Empfehlung des Verkäufers gefolgt, Spezialmunition zu erwerben.

      „Wenn Sie ein realistisches Verhalten haben wollen nehmen Sie natürlich die „Combat Shells“, diese Spezialgeschosse explodieren beim Aufprall auf ein anderes Schiff oder einen beliebigen Gegenstand. Die sind nicht billig aber Sie werden begeistert sein wenn Sie die Wirkung dieser Munition beobachten können. In den kleinen mit Schwarzpulver gefüllten Kartuschen – das ist aber ungefährlich - befinden sich Wuchtgeschosse mit einem zusätzlichen Brandsatz. Man schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe: beim Schuss entstehen Rauchgase, die die Sache total realistisch wirken lassen, und wenn die Granaten ein gegnerisches Schiff treffen bohrt sich der kleine Stahlpfeil, der das Wuchtgeschoss nachbildet, in die Bordwand oder das Deck hinein. Der Clou ist allerdings die Wirkung des Brandsatzes. Wenn sich dieser entzündet gerät der Gegner auch noch in Brand. Natürlich benötigen Sie dafür zusätzlich einen Brandbeschleuniger, denn das Plastik der Modellschiffe ist eigentlich kaum entflammbar. Ich empfehle Ihnen ein Zielschiff zu kaufen, das nicht so teuer ist. Dieses wird dann mit diesem Spezialmittel hier über der Wasserlinie eingestrichen, es bildet sich ein Gasfilm der zirka 30 Minuten anhält, in dieser Zeit dürften Sie ein paar Treffer angebracht haben. Aber bitte unbedingt nur im Freien verwenden. Das ist eine Mordsgaudi, ich selbst habe so schon einige Zielschiffe auf den Grund geschickt. Wir haben hier auch ein Demonstrations-Video von der „New Jersey“, kommen Sie mal mit.“

      Frieder Bergmann stand gefesselt vor dem Fernseher. Das Schlachtschiff fuhr auf einem größeren Teich, die Kamera schwenkte auf einen Mann der das Modell steuerte. Das Zielschiff, ein Tanker, versuchte seinem Verfolger mit einem wirren Zick-Zack-Kurs abzuschütteln und das schien auch auf den ersten Blick zu gelingen. Dann zoomte die Kamera nah an die vorderen Türme des Schlachtschiffs heran, während der Fahrt drehten sich diese in Richtung des Tankers, die Rohre hoben sich und dann war eine Rauchwolke zu erkennen. In Zeitlupe verfolgte die Kamera die Bahn der Geschosse und richtete sich dann auf den Tanker, jetzt verringerte sich die Bilderfolge nochmals, so dass über den extremen Zoom ganz klar zu erkennen war, wie die drei Geschosse des vorderen Drillingsturmes in die Bordwand des Zielschiffes einschlugen. Die Einzelbilder ruckten langsam vorwärts und plötzlich flammte Feuer auf, das sich dann über eine große Fläche der Bordwand ausbreitete. In den folgenden Einstellungen war zu sehen dass das Plastik des Modells schmolz und sich somit ein großes Loch in der Bordwand bildete.

      „Gleich wird es spektakulär“ raunte der Verkäufer Frieder Bergmann zu „achten Sie mal auf die Kommandobrücke des Tankers und dann auf die rechte Bordwand des Tankers.“

      Die Kamera fing das Schiff jetzt von oben ein und ein weiterer Einschlag erfolgte kurz vor der Kommandobrücke, schlagartig stand ein großer Bereich dort in Flammen. Dann gab es einen Schwenk auf die Bordwand und diese wurde jetzt wohl unterhalb der Wasserlinie von Granaten getroffen, denn Wasser spritzte an dieser Stelle auf.

      „Jetzt kommt der Fangschuss“ flüsterte der Verkäufer und krallte sich in Bergmanns Arm.

      Schwenk zum Schlachtschiff, Rauchwolke, Schwenk zum Tanker, Einschlag am Bug. Langsam sackte das Zielschiff tiefer, in einer dramatischen Kameraeinstellung war das brennende Deck zu erkennen und durch die in die Bordwand gerissenen Löcher geriet immer mehr Wasser in den Schiffskörper, bis der Tanker schließlich kenterte und sank. Einige Zeit brannte es noch an etlichen Stellen auf dem Wasser, dann verloschen die Flammen.

      Frieder Bergmann war von dem Gesehenen so beeindruckt, dass er wie erstarrt vor dem Fernseher stand. Erst als der Verkäufer leise hüstelte wandte er sich diesem zu und sah ein Strahlen in den Augen des Mannes.

      „Eine Wucht, nicht wahr“ sagte dieser, Bergmann nickte nur.

      „Ich nehme das Schlachtschiff und die Spezialmunition sowie die Spezialpaste für die Brandbeschleunigung“ erklärte Frieder Bergmann „dann brauche ich noch ein Zielschiff.“

      „Kein Problem“ meinte der Verkäufer „der Tanker hier für 18 Euro macht es locker. Das Schlachtschiff kostet allerdings mit dem Zubehör 235 Euro.“

      „Kein Problem“ sagte Frieder Bergmann seinerseits und verließ den Laden wenig später mit zwei Paketen unter den Armen.

      Nachdem Petra kopfschüttelnd das Bad verlassen hatte versuchte sich Frieder Bergmann weiter in die Steuerung des Schlachtschiffes einzuarbeiten, was sich als recht komplexe Aufgabe herausstellte. Anfangs verhedderte er sich mit dem Steuerkreuz und dem Geschwindigkeitsregler und das Schiff donnerte mehrere Male gegen die Wand der Badewanne, durch hektisches Rückwärtsmanövrieren konnte Bergmann Schlimmeres verhindern aber ihm schwante, dass er wohl noch geraume Zeit üben müsste. Den Tanker brachte er noch nicht ins Spiel, erst musste er das Schlachtschiff sicher beherrschen. Nachdem er über anderthalb Stunden so verbracht hatte wollte er sich zum Abschluss des Trainings noch eine kleine Freude bereiten und die Wirkung so eines Spezialgeschosses ausprobieren. Er ließ das Schlachtschiff antriebslos dahindümpeln und wählte den vorderen Turm an. Mit dem Joystick drehte er den Turm in Richtung des Kopfteiles der Wanne, die Rohre richtete er in einem Winkel von ungefähr 45 Grad auf. Frieder Bergmann zögerte noch einen Moment, dann drückte er den roten Knopf für den Turm 1 entschlossen herunter. Unverzüglich spuckten die drei Rohre die kleinen Geschosse aus und durch den dadurch entstehenden Pulverqualm konnte der Schütze nicht sofort erkennen, welche Wirkung die Granaten erzeugt hatten. Als sich der Rauch etwas verzogen hatte beugte sich Bergmann über die Wanne und stellte fest, dass sich drei winzige Spuren in der Emaile zeigten. Ein verheißungsvoller Anfang sagte er sich und freute sich bereits diebisch darauf, den Tanker auf den Grund zu schicken und vorher in Flammen ausgehen zu lassen. Immer ruhig mit den jungen Pferden dachte er, erst muss ich noch sicherer werden. Die Badewanne betrachtete er als Übungsgelände, zum Seegefecht sollte es dann später auf einen kleinen See im Stadtpark kommen.

      In seinem Büro im Amt verfolgte Frieder Bergmann auf „YouTube“ ein Video nach dem anderen, welche Freunde des Schiffsmodellbaus dort massenhaft eingestellt hatten. Frau Ludwig hatte er eingeschärft, jegliche Belästigung von ihm fernzuhalten, er müsste die Mails zur Zufriedenheit mit der Essensversorgung sichten. Zielgerichtet hatte er nach der „New Jersey“ gesucht und stellte fest, dass dieses Modell offensichtlich sehr gefragt war. Es gab eine Community, die sich sehr rege über dieses Schiff austauschte, und die Freaks äußerten sich begeistert über die Spezialmunition, die auch Bergmann gekauft hatte. Nachdem sich Frieder Bergmann fast zwei Stunden an den Manövern der Schiffe erfreut hatte erlahmte sein Interesse etwas aber dann stieß er auf ein Video, welches ein Gefecht zwischen einer „New Jersey“ und einem russischen Kriegsschiff zeigte (dies


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