Ingenieure - Status und Perspektiven. Armin Odoleg

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Ingenieure - Status und Perspektiven - Armin Odoleg


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und Maschinenteile (wieder einmal) „modern“. Gegenstände, die daraus gefertigt sind, lassen sich gut verkaufen. Sie werden eingesetzt, um zu zeigen, was man Tolles kann oder wie innovativ man dasteht (mehr dazu später). Nun haben aber Kohlefasern auch Nachteile, wie jeder Werkstoff. Beispielsweise sind Kohlefasern ein sensibles Material. Gemäß dem Motto: je hochwertiger, desto sensibler; dies gilt für Werkstoffe (und in meinen Augen kann man die Aussage beliebig erweitern). Jedenfalls stellt die Verarbeitung von Kohlefasern eine Herausforderung dar. Diese beginnt bei der Planung und der Wahl der Verarbeitungstechnologien, setzt sich bei der Ausbildung derjenigen fort, die dieses Material verarbeiten und endet beim Zusammenfügen der Teile. Man benötigt viel Übung, bis man dazu fähig ist, denn es bedeutet großenteils Handarbeit. Beispielsweise wurde der Rahmen eines Stadtfahrrades und Ellenbogenschützer fürs Inline-Skating damit gebaut. Reine Kohlefasern haben aber den Nachteil, dass sie spröde und wenig schlagfest sind (Ellenbogenschützer...), was man in jedem Buch über Faserverbundwerkstoffe nachlesen kann. Weiterhin werden häufig kohlefaserverstärkten Bauteile direkt mit dem Aluminium verklebt. Mit einem Elektrolyt wie Regenwasser korrodiert das Aluminium und die Verbindung löst sich von selbst. Bei Segelflugzeugbauern weiß dies jeder. Dieser Fehler wurde von fast jedem gemacht, der anfing, Leichtbauteile mit diesen Fasern zu fertigen. Er wird aber immer wieder wiederholt8 .

      Eine Überprüfung würde das geistige Konstrukt dieses in den Augen der Hersteller perfekten Teiles zerstören. Als Argument hört man beispielsweise: „Wenn das so wäre, hätte mein Tutor mir das gesagt“9 . Kritik wird nicht einmal in Betracht gezogen, wenn jahrelange Arbeit vorausging. Somit wird ersichtlich, dass es sich umso schwieriger gestaltet, vom einmal betretenen Pfad abzuweichen, je komplexer das Teil ist bzw. je mehr Vorarbeiten notwendig waren.

      Ein anderes Beispiel stammt aus der Automobilindustrie. Mir wurde zugetragen, dass bei einem politisch gewollten Spar-Auto mit viel Aufwand eine Heckklappe aus einem teuren Leichtmetall entwickelt wurde. Niemand kam auf die Idee, vor der Entwicklung dieser das KFZ ohne Heckklappe zu testen, auch nicht im Simulator. Die einfachste Methode wäre gewesen, die Heckklappe abzuschrauben und das KFZ einmal ohne sie zu fahren. Dann war sie entwickelt und die Werkzeuge, in denen diese gefertigt werden sollte, standen bereit. Es stellte sich heraus, dass die Heckklappe so leicht war, dass das KFZ unfahrbar war, wenn nichts im Kofferraum lag. Die Lösung war, Bleigewichte an die Hinterachse zu hängen. Der Kunde hatte somit die Leichtmetallheckklappe zu bezahlen, die aber faktisch zu nichts nutze war.

      Die vernünftigste Lösung wäre wohl gewesen10 , die Stahlheckklappe, die bei der normalen Serie verwendet wurde, beizubehalten und zu optimieren. Aber dann wäre das Gedankenkonstrukt der Ingenieure, vor allem der Vermarkter und Vertriebsingenieure, zusammengebrochen. Somit blieb man bei Leichtmetall in Verbindung mit Blei. Solch eine Lösung wird dann als „Politische Entscheidung“ bezeichnet. Und da die Leichtmetallheckklappe mit ihrem großen Entwicklungsaufwand bei Verwendung einer Stahlheckklappe überflüssig geworden wäre und jemand für diese Kosten hätte gerade stehen müssen, wälzte man diese auf die Kunden ab, zudem das Auto politische Unterstützung fand. Die Personen, die das Auto aus Umweltschutzgründen kauften, hätten sowieso quasi jeden Preis gezahlt, um ihren Beitrag zum Umweltschutz zu demonstrieren. Autokauf verläuft emotions-gesteuert und mitnichten rational. Nicht nur bei Sportwagen-Fahrern (Was immer ein „Sport“-wagen auch sein mag).

      Dieser Widerspruch, den es nicht nur dort gibt, sondern überall dort, wo Fakten existieren und aus diesen heraus Entscheidungen gefällt werden, führt zur „Kognitiven Dissonanz“, die im folgenden Kapitel beschrieben wird.

      „Kognitive Dissonanz“ kann man damit beschreiben, dass man die eigenen Vorurteile selber bestätigt oder versucht, diese von anderen Personen bestätigen zu lassen. Meistens läuft das im positiven Sinne darauf hinaus, alles schönzureden (Die „Rosa Brille“). Dies ist im Allgemeinen günstig für die Psyche, denn dann bleibt diese gesund. (Über Details der kognitiven Dissonanz kann man sich beispielsweise bei Wikipedia informieren – Hier gibt es wenig Interpretationsspielraum).

      Die Dissonanz besteht hiermit in der Diskrepanz zwischen Realität und eigener Wirklichkeit. Ein perfektes Beispiel der kognitiven Dissonanz, bei der diese allerdings auf das Bestätigen von negativen Vorurteilen hinausläuft, konnte man im Jahr 2011 im Magazin Spiegel oder im Focus lesen: Hier wurde über eine neu errichtete Sendestation für Mobiltelefone berichtet. Das Vorurteil ist, dass diese Sendemasten krank machen. Also wurde eine Bürgerinitiative dagegen gegründet. Diese organisierte eine Unterschriftenaktion und übergab sie dem verantwortlichen Telekom-Mitarbeiter. In dieser wurde auch dargelegt, dass die Leute über Beschwerden wie beispielsweise Kopfschmerzen klagten, seitdem die Sendestation errichtet worden war. Wie das Magazin berichtete, muss der Telekom-Verantwortliche nach der Übergabe der Unterschriftenliste und den physischen Auswirkungen auf die Anwohner mit folgender Bemerkung bestürzt geantwortet haben: "Um Gottes willen; was wird erst passieren, wenn wir die Sendestation in Betrieb nehmen?".

      Wenn jemand also denkt, krank zu werden, trifft die Annahme ein. Im englischen Sprachraum wird das als „self-fulfilling prophecy“ bezeichnet; ein Placebo-Effekt. Diesen kann man auch banal auslösen: Paul Watzlawick berichtete, dass in einem Radiointerview in den USA die Knappheit von Toilettenpapier vorhergesagt wurde. Am darauffolgenden Tage kauften die Hörer des Interviews alle Toilettenpapier und die Knappheit hatte sich bestätigt.

      Das Beispiel des Mobiltelefon-Umsetzers zeigt, dass Menschen im Allgemeinen ihre Vorurteile bestätigen lassen. Im Magazin "Telepolis" (Heise-Verlag, 2005) kann man zudem lesen, dass Personen Korrekturen von falschen Darstellungen häufig ignorieren (Hier ging es um den Fund von Massenvernichtungswaffen im Irak-Krieg). Dies bedeutet, dass das, was man zuerst erfahren oder gelesen hat, auch als „wahr“ interpretiert wird. Diese Interpretation erzeugt quasi ein Vorurteil; ein fataler Tatbestand. Wenn jemand beispielsweise jemanden anderen beschuldigt, was nicht der Wahrheit entspricht: Der Volksmund sagt dazu: „es bleibt immer etwas hängen“. Dies ist auch in Korrelation mit dem Konstruktivismus, da auf der ersten Aussage, die als „wahr“ interpretiert wird, ein Gedanken„gebäude“ errichtet wird. Man müsste dieses komplett einreißen, wenn man einen der unteren Bausteine austauscht. Dies wäre unbequem und würde Arbeit bedeuten. Also belässt das Gehirn alles bequemer Weise beim Alten. Dieser Mechanismus wird zudem als „selbstverstärkend“ angesehen.

      Ganz unangenehm wird dieser Umstand, wenn man bedenkt, dass auch Juristen Menschen sind, deren Gehirn in der gleichen Weise funktioniert wie das von Nichtjuristen. Dies möchte ich hier nicht näher ausführen.

      Um die Kognitive Dissonanz zu unterstützen, hat das Gehirn diverse Strategien entwickelt: Beispielsweise existiert die „selektive Wahrnehmung“. Bei dieser fokussieren sich die Sinne nur auf die Tatsachen, die das Gehirn zu beweisen versucht. Es handelt sich quasi um „Scheuklappen“, wie sie beispielsweise die Physik über Jahrzehnte trug, als sie nach dem „Äther“, dem Übertragungsmedium von Licht, suchte. Bis dann Einstein den Gordischen Knoten zerschlug und nachwies, dass für die Übertragung des Lichtes kein Medium notwendig sei.

      Wichtig wäre dabei, dass man ein Problem möglichst unvoreingenommen betrachtet. Was wiederum schwierig ist, da man in jedem Falle auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen muss. Hier muss man überprüfen, welche Erfahrung man benutzt und welche man über Bord wirft.

      Als Ingenieur geht man häufig mit Leuten um, die über technische Gerätschaften mit Argumenten dieser Art wie beim Mobiltelefonumsetzer diskutieren, die nicht-technischen Ursprungs sind. Häufig sind es emotionale Argumente, die mit der Sache „an sich“ nichts zu tun haben. Meist sind diese Diskussionen wenig zielführend, da man „aneinander vorbeiredet“.

      Die Kognitive Dissonanz wird zudem vom Gehirn „benutzt“, um in Gruppen konform zu sein. Um dieses Verhalten des „Gruppendruckes“ zu untersuchen, gibt es ein klassisches Experiment des Sozialpsychologen Solomon Asch: Einer Testgruppe wurden Karten mit unterschiedlich langen Linien vorgelegt. Die Probanden wurden gefragt, welches die längste Linie sei. Eine banale Frage, da die Unterschiede deutlich waren. Was die Probanden


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