Handbuch IT-Outsourcing. Joachim Schrey
Читать онлайн книгу.Punkt klären sie den Empfänger (Dritten) darüber auf, in welcher Form sie (nicht) haften wollen. Ferner verpflichten sie den Dritten mit der Bestätigung des HHL, dass der Dritte vertraulich mit den genannten Informationen umgehen wird. Des Weiteren wird gern in einem nächsten Punkt ergänzend auf die allgemeinen Auftragsbedingungen hingewiesen und als letzten Punkt werden die üblichen juristischen Regelungen eines Vertrages aufgeführt.
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Zunächst wird der Hintergrund der Verwendung des HHL erläutert. Dabei klärt der Berufsträger den Dritten zunächst darüber auf, dass zwischen dem Mandanten bzgl. eines bestimmten Sachverhalts ein Mandatsverhältnis mit dem Berufsträger besteht. Des Weiteren klärt der Verwender (Berufsträger) den Dritten darüber auf, dass sein Mandant den Berufsträger betreffend bestimmter Informationen für den Dritten von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden hat. Ferner weist der Berufsträger den Dritten darauf hin, dass er diese Informationen über den Mandanten zwar kostenlos für den Dritten zur Verfügung stellen wird, aber hierzu die Gegenzeichnung des HHL notwendig ist.
Abb. 9:
Dreiecksbeziehung
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Im nächsten Punkt „Informationen“ oder englisch „Information to be provided by (…)“ klärt der Berufsträger darüber auf, welche Informationen er bereit ist, dem Dritten zu übermitteln. Dabei wird es sich in der Regel um Informationen handeln, die über die der Veröffentlichungspflicht hinausgehen und somit nicht allgemein verfügbar sind. Denkbar wären:
– | Auskunft zu steuerlichen Risiken und zur steuerlichen Situation |
– | Zurverfügungstellung von Arbeitsergebnissen (Berichte, Gutachten, fachliche Stellungnahmen) |
– | Auskunft zu bestehenden Einspruchsverfahren |
– | Auskunft über Betriebsprüfungsergebnisse |
– | Sachstand in einem streitigen Verfahren |
– | Einblick in Arbeitspapiere |
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Der wichtigste Punkt des HHL ist sicherlich das Thema Haftung oder englisch liability. Hierbei klärt der Verwender (Berufsträger) den Dritten darüber auf, dass er nicht vorhat, für die Richtigkeit der übermittelten Inhalte zu haften (Statement of clarification) und der Dritte die Inhalte für seine Zwecke mit eigenen Untersuchungen zu verifizieren und ggf. durch eigene Feststellungen zu ergänzen hat.
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Eine Abgrenzung auf bestimmte Verschuldensformen wie Vorsatz, grobe oder leichte Fahrlässigkeit wird dabei nicht vorgenommen. Auch bei der Haftung für die Schadensarten, Personen-, Sach- oder die einzig relevante Schadensart der Vermögensschäden wird hierauf i.d.R. nicht eingegangen. Vielmehr wird in einer Klausel eine umfassende Haftungsfreizeichnung des Verwenders erläutert.
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Ggf. wird eine Begründung für die Haftungsfreizeichnung vom Verwender erläutert. Dabei weist der Verwender darauf hin, dass er in keiner direkten Geschäftsbeziehung mit dem Dritten steht, keine Vergütung für Leistungen vom Dritten erhält und ggf. auch eine Konfliktsituation mit anderen Mandanten entstehen könnte. Aus diesem Grund wäre es für den Verwender des HHL auch nicht zumutbar, dass er für die Inhalte der übermittelten Informationen haftet.
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Des Weiteren wird im HHL auf die Vertraulichkeit (engl. Confidentiality) der übersandten Information hingewiesen. Wie auch bei Non disclosure agreements (Geheimhaltungserklärungen) ist der Ursprung des HHL im US-Recht zu suchen. Da die Vertraulichkeitsklausel in HHL sich häufig an den Regelungen von Non disclosure agreements (im Folgenden nur als NDA bezeichnet) orientiert, sind die Regelungen zur Vertraulichkeit in HHL auch entsprechend der angloamerikanischen NDAs formuliert. Die USA verfügen über kein einheitliches Datenschutzrecht. Vielmehr sind sporadisch sektorale Datenschutzgesetze erlassen worden. Insgesamt verfolgen die USA einen anderen Weg als Europa, es wird mehr auf den sog. Selbstregulierungsansatz vertraut, der sich auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen stützt. Vor diesem Hintergrund ist der Abschluss eines HHL auch äußerst sinnvoll. Ob Vertraulichkeitserklärungen in dieser ausdrücklichen Form nach deutschem Recht notwendig sind, erscheint vor den weitreichenden Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDGS) und der Regelung des § 17 UWG zweifelhaft.[111]
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In einem weiteren Punkt wird auf die Verwendung der Auftragsbedingungen Bezug genommen. Diese sollen i.d.R. dann nicht nur im Verhältnis Berufsträger – Mandant sondern auch im Verhältnis Berufsträger – Dritter gelten. Im Bereich der Wirtschaftsprüfung oder Steuerberatung wird hierbei gern auf die allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Steuerberatungsgesellschaften verwiesen.
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Nach dem deutschen Recht ist es üblich, am Ende von Verträgen eine salvatorische Klausel einzufügen, den Gerichtstand festzulegen und das zugrundeliegende Recht.
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Fraglich ist, welcher rechtliche Rahmen für die Gestaltung von HHL anzuwenden ist. Eine umfängliche Haftungsfreizeichnung in HHL ist nach US-amerikanischem Recht durchaus zulässig. Dies basiert darauf, dass das Grundprinzip des US-Rechts eine sog. consideration (Gegenleistung) voraussetzt und diese bei Schenkungen regelmäßig nicht gegeben ist.[112]
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Das US-Recht, das auf den Gedanken des common law basiert, sieht die Bindungswirkung eines Vertrages erst dann als gegeben, wenn eine Gegenleistung (engl. consideration) vorhanden ist.[113] Grundgedanke ist, dass Versprechen nur rechtlich durchsetzbar sein sollen, wenn sie ein Teil eines sog. bargain sind, sprich eines Geschäftes, vgl. Rest. 2d § 71 (1) und (2). Dies ist der Fall, wenn sie nicht umsonst, sondern wegen irgendeiner Gegenleistung abgegeben werden. Eine wichtige Auswirkung der bargain theory ist also die Verknüpfung einer Leistung mit einer Gegenleistung.[114] Dabei braucht die consideration nicht wirtschaftlich gleichwertig sein, vgl. Rest 2d § 79 (b). Dabei kann die consideration in allen erdenklichen Dingen, etwa in jedem Tun oder Unterlassen gesehen werden, vgl. Rest. 2d § 71 (3). Auch eine Erbringung durch Dritte ist möglich, vgl. Rest 2d § 71 (4). Es geht auch nicht darum, ein faires Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sicherzustellen. Dennoch darf die consideration nicht zum Schein abgeschlossen werden (Deals mit 1 US$), weil dies dafür spricht, dass die consideration gar nicht ernst gemeint ist.[115] Das heißt aber nicht, dass die consideration einen wirtschaftlichen Wert haben muss.[116]
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Im US-Recht ist allgemein anerkannt, dass einem Schenkungsversprechen stets die consideration fehlt,[117] sodass eine Schenkung auch nicht rechtlich verbindlich ist. Sie kann zwar tatsächlich vollzogen werden, doch ist dies ein rein sachenrechtlicher Vorgang, der mit dem Vertragsrecht nichts zu tun hat. So ist es auch möglich ein Geschenk zurückzufordern, da es im US-Recht keinen Anspruch auf Bereicherungsausgleich wegen fehlenden Rechtsgrunds (vgl. § 812 BGB) gibt. Die reine Annahme des Geschenkten stellt dabei nach US-Recht keine consideration dar.
115
Aus der Sicht Deutschlands und vieler anderer Länder besteht grundsätzlich die Möglichkeit, einen Gerichtsstand und das anwendbare Recht frei zu wählen, wenn die Vertragsparteien nicht im gleichen