Der Eroberer. Paul Weidmann

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Der Eroberer - Paul Weidmann


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mit Kriegsheeren gedrohet hätte. In seinem edlen Charakter bemerkte man keinen Flecken, als etwa eine übertriebene Freygebigkeit, und Nachsicht gegen fremde Fehler.

      Emilie, seine Gattinn war die berühmteste Schönheit ihrer Zeit. So reizend ihr Körper war, so sehr verunstaltete sie ihre Seele durch Ausschweifungen, die kein Ziel kannten. Sie verbitterte die sanftesten Tage des Besten der Könige. Ihre zügellosen Begierden überschritten alle Schranken. Pracht, Verschwendung, Stolz umschwebten sie. Sie liebte Wechsel in ihren Lüsten, und ließ sich zu den schwärzesten Handlungen herab. Unter der unzählbaren Menge ihrer Buhler spielte die erste Rolle Feranson.

      Feranson war der schlaueste Hofmann seiner Zeit. Er schickte sich in alle Sättel; er spähte alle Launen, und Schwachheiten der Menschen, und wuste sich darnach zu bilden. Jeder hielt ihn für seines Gleichen. Laster und Tugenden wurden von ihm meisterhaft geäfft. Er fühlte nie das, was man Gewissensbisse heißt, und war unempfindlich für den Ruf der Ehre. Kein Günstling hat so wie er den glücklichen und reifen Zeitpunkt einer Handlung gekannt. Niemand am Hofe durchdrang wie er mit einem Blick alle Menschen, indeß er selbst unergründlich war. Er handhabte die Höflinge nach seinem despotischen Willen wie Maschinen. Seine Günstlinge waren Verschwender, Schwelger, und Leute, die sich ganz seinem Interesse aufopferten.

      Scene. Ein Speisesaal

Dornwald, Isidor, Hengist, Nordgau, Edmund, Rasian, und andere Höflinge, Beliam der Hofnarr

      Hengist. (leise) Brüder, giebt uns heut der König vielleicht das Henkermahl?

      Nordg. Vermuthlich! Ich erwarte meinen feyerlichen Abschied.

      Isid. Wir werden die Ehre haben, unsere Würden niederzulegen. Der König wird ohne Zweifel grosse Wirthschaftsplane entwerfen —

      Dornw. O das ist der erste und gewöhnliche Schritt aller Staaten-Verbesserer, die alten Diener zu verabschieden, und den Hof mit neuen Kreaturen von ihrer Schöpfung zu bevölkern.

      Ras. Ich habe nichts zu verlieren. Ich war kein Freund des Feranson, und folglich eine Hofnulle –

      Edm. Wir waren immer von den Speichelleckern der Königinn verdrängt.

      Heng. Vielleicht gewinnen wir beym Wechsel. Ha, da kommt der Hofnarr!

      Beliam. (singt)

      Der König spielt Triktrak;

      Der Hof ist ein Schnikschnak:

      Wir Frösche schreyn Quikquak!

      Heysa, meine Herren Kollegen, lasset uns freuen, trinken, und essen auf Rechnung des neuen Königs! – Den guten Jakob hat sein Weib und ihr Liebling gefressen. Wir als treue Vasallen wollen seinen Sohn verzehren. Eduard ist ein Frischling. Von meinem Hunger schliesse ich, daß er wenigstens in drey Tagen rein verschlungen ist. Meine Herren, Sie lächeln? Glauben Sie etwa, daß er uns frißt? – Warum soll er sich mit Pickelheringen kasteyen? – Du armer Beliam, welches Narrenspital wird dich in deinen grauen Tagen versorgen? – Ihr dauert mich alle; bald werdet ihr hinter dem Ohre kratzen, und rufen – Wie meynt ihr wohl? – Hört, ich will es euch im Räthsel erzählen. –

      Logogryph

      Mich kennt zwar jedes Kind;

      Doch will ich izt die Greisen fragen,

      Sie sollen meinen Namen sagen,

      Weil sie so weise Männer sind.

      Bald werden alle staunend schweigen.

      Hört meinen Lebenslauf, der recht nach Wundern riecht!

      Mich hat der Sohn, der Vater kennt mich nicht.

      Jedoch bin ich der Gottheit eigen.

      Der König stümmelt mich; sein Volk bleibt mir getreu.

      Ich fliehe Zank und Meuterey.

      Ich hasse Weisheit, Laster, Tugend,

      Den frohen Witz, die Munterkeit, und Jugend.

      Der Sommer ist mein theurer Gast.

      Der Winter wird mir eine Last.

      Vergebens suchet mich der Held, und der Gelehrte.

      Den Künstlern war ich niemals hold.

      Ich meide Hauben, Hüte, Bärte.

      Von den Metallen schätz’ ich Gold.

      Man misset mich in allen Elementen.

      Mir ekelt vor Verdienst und vor Talenten.

      Nie kannt’ ich Neid, Verläumdung, Fluch,

      Mein Nam’ ist freylich schwer zu finden.

      Doch wollet ihr das Räthsel leicht ergründen:

      So leset euer Namenbuch!

      Wisset ihr, was es ist? – Der kleine Buchstab O! – Wir werden bald alle rufen: O! O! O! Der König kömmt!

      Scene

Der König, Lusian, Marsis, Gefolge, Vorige

      (Die Gegenwärtigen stehen in ängstlicher Erwartung. Beliam versteckt sich komisch hinter ihnen. Alle neigen sich.)

      Eduard. Meine Freunde, da führ ich Euch meinen werthen Lusian auf. Ihr kennet seine Verdienste. Ich liebe Harmonie in meinem Hause. Ihr stehet betroffen? Was beunruhiget Euch? Ich bin der Sohn eures Königs. Alle Verdienste, die Ihr bey meinem Vater gesammelt habt, leben heut wieder auf! – Alle Fehler, die etwa nach seinem Tode sich eingeschlichen haben, werden von diesem Augenblick an vergessen! – Erfüllet eure Pflichten als rechtschaffene Männer, und aus den künftigen Handlungen will ich jeden von Euch beurtheilen, und belohnen. Mich rufen izt dringende Geschäfte zu Alsin. Gehet zur Tafel, geniesset in Freude den Segen des Himmels! –

      (Er grüsst alle, und tritt zum Gemach.)

      (Die Höflinge staunen. Beliam schleicht demüthig hervor, und nähert sich furchtsam dem König.)

      Beliam (mit Rührung) Ich war der Narr deines Vaters —

      Eduard (beschaut ihn, lächelt, und schlägt ihn auf die Achsel) So bist du auch der Meinige! –

      (Er geht ab.)

      (Beliam macht einen Rundsprung, und küßt alle Höflinge.)

      Beliam. O du Herzkönig! Du sollst leben, und alle Chartenkönige stechen! – O du Sohn meines lieben Jakobs, Segen auf Dich! Noch die Urenkel der unsterblichen Narren sollen Dich segnen, weil du mich ihren Großvater begnadigst. Heut will ich deine Gesundheit trinken, Du grosser Eduard! – Ich fodere jeden zum Kampf auf! – Ich setze meine Nase zum Pfande – Nicht jeder Edelmann ist so reich wie ich! –

      Hengist. Ich nehme die Ausfoderung an. Ich bin heut in der Freude meines Herzens! – Her die vollen Becher, wenn ich überwunden werde, so soll mein Sohn mich rächen! – Es lebe der König!

      Alle (trinken) Es lebe Eduard!

      Beliam. Schenkt ein!

      Hengist. Zum Henker, macht die grosse Freude mich verlegen? Der Bube haut mich zu Schanden –

      Parodie.4

      O welche Schande fällt auf meine grauen Haare!

      Erlebt’ ich nur mit Ruhm des Alters höchste Jahre,

      Damit ein schwarzer Tag mir edle Lorbeern bricht;

      Damit mein graues Haupt beschämt zur Erde kriecht;

      Die Kehle, die so oft den lauten Beyfall hörte,

      Die der Trompetenschall als Siegerinn beehrte,

      Die Kehle wird besiegt, verliert die Wunderkraft,

      Verschmäht den Göttertrank, den süssen Rebensaft.

      Gedächtniß schlummre doch, zeig mir nicht grosse Scenen!

      Ich


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<p>4</p>

Sieh von Korneille das Trauerspiel Cid. Der sechste und siebente Auftritt enthält den Stoff der Parodie. Diego wird von seinem Gegner durch eine Maulschelle entehrt, zieht den Degen, wird entwafnet, und beseufzet seine Schande. Sein Sohn Roderich übernimmt die Rache.