Der Eroberer. Paul Weidmann

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Der Eroberer - Paul Weidmann


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damals focht ich noch als Sieger jugendlich.

      Der Ruhm der Jahre flieht, die Schlappe schändet mich.

      Doch laß uns nicht so lang von Niederlagen sprechen:

      Laß uns den Frevel kühn an unserm Feinde rächen!

      Ich trage nicht den Schimpf bis in das kalte Grab;

      Zuerst leg ich mein Amt als erster Mundschenk ab.

      Flieg in die Luft Krystall, in dessen klarer Hülle

      Der starke Weingott thront! Dies ist mein letzter Wille.

      Du bist nicht mehr mein Schmuck; ich bin für dich zu alt.

      Ich trinke nicht als Held; ich kämpfe träg und kalt.

      Ich will nicht mehr dem Ueberwinder lügen.

      Du goldner Kelch leb wohl! Du zeugst von meinen Siegen.

      Eil, such dir einen Freund, erneure das Gefecht,

      Such einen Ritter auf, der meine Schande rächt! –

      Sprich, hast du Herz mein Sohn?

      Der Sohn.

      Kein andrer sollte fragen,

      Er würde schon den Lohn von seinem Frevel tragen!

      Der Vater.

      Wie schön läßt dieser Zorn, wie labt mich deine Glut,

      Denn mein gerechter Schmerz erwartet edle Wuth!

      Du bist mein ächtes Blut; in diesen Feuerzügen

      Lebt meine Jugend auf; du sollst den Feind besiegen!

      Der Sohn.

      Sprich Vater, wer entehrt dein lorbeerreiches Haupt;

      Wer hat den Ruhm, der dich unsterblich macht, geraubt?

      Der Vater.

      Ich fiel, ich fiel, O Sohn, im schändlichsten Gefechte;

      Ich bin bereits zu schwach; beschütze meine Rechte!

      Nimm diesen theuren Kelch, beginn den ersten Krieg,

      Erobere mein Sohn für mich den ersten Sieg!

      Alle Höflinge. Bravo!

      Beliam. Noch nie hat ein Sohn für seinen Vater so willig, so tapfer gefochten! Ich gebe mich überwunden! Du saufst den König arm aus kindlicher Liebe.

      Isidor. Lasset izt euren Witz aufsprudeln! – Ihr wackern Brüder, hört mein Trinklied –

      Leberreime

      Wenn mir die vollen Gläser blinken,

      Soll ich denn nicht wacker trinken?

      Holder Weingott, meinen Gruß!

      Izt will ich auf Rosen sinken,

      Und dem frohen Amor winken;

      Süsses Mädchen, einen Kuß!

      Alle. Es lebe der König!

      (Eduard erscheint, winkt allen zu bleiben, und setzt sich in ihre Mitte.)

      Eduard. Aus eurer Munterkeit, meine Freunde, erkenne ich euer Zutrauen. Mindert eure Freude nicht, ich will daran Theil nehmen.

      Lusian. Izt kann ein ehrlicher Kerl wieder am Hofe lachen. Die Weiber sind weg. Es lebe der König! Ich will meinen Lieblingsgesang singen.

      Rundlied

      Hütet euch vor Weiberhauben,

      Schließt den Mädchen euer Haus;

      Anfangs girren sie wie Tauben,

      Doch sie brüten Geyer aus.

      Späht den Lebenslauf der Schönen;

      Prüfet ihr verstelltes Herz!

      Lernt das Spiel von ihren Thränen,

      Ihre Launen, ihren Scherz.

      Hütet euch vor Weiberhauben,

      Schließt den Mädchen euer Haus;

      Anfangs girren sie wie Tauben,

      Doch sie brüten Geyer aus.

      Hört die trotzigen Befehle!

      Welche Stürme kocht die Brust!

      Immer nähret ihre Seele

      Neue Wünsche, neue Lust.

      Hütet euch vor Weiberhauben,

      Schließt den Mädchen euer Haus;

      Anfangs girren sie wie Tauben,

      Doch sie brüten Geyer aus.

      Der König. Lusian, du bist weit gereiset, erzähle doch der Gesellschaft deine Ebentheuer.

      Lusian. Ein Theilchen liegt auf der Zunge.

      Reisebeschreibung

      Ich durchwanderte viele Königreiche, und fand oft wunderbare Geschöpfe. Ein Ungefähr führte mich in eine seltsame Insel, die von Mücken und Grillen wimmelte. Der Handel lag hier meistens danieder, man handelte nur mit Fliegenwedeln, weil die Bewohner so sehr von den Mücken geplagt wurden. Ueberall fand man wunderliche Grillen. Die Universitäten, die Schaubühnen, die Schulen, die Tanzsäle, die Rathhäuser hatten ihre besondere Gattung von Grillen. Der König nährte seine Grillen, und die Unterthanen folgten seinem erhabenen Beyspiele. Der oberste Staatsgrillenküzler versah seine Majestät täglich mit neuen politischen Grillen. Eines Tags träumte der König von einer Originalgrille, die noch in keiner Grillensammlung zu finden war, und die wenigstens tausend Tonnen Goldes und eine halbe Million Menschen kostete. Was schiert das den Monarchen, seine Lieblingsgrille ward ausgeführt. Es war der Grillenfängerey kein Ende. Die Unterthanen murrten heimlich über manche durchlauchtige Grille, und beschwerten sich, daß nicht nur innländische, sondern auch fremde Modegrillen ihnen zur Last fielen. Allein der König liebte nichts, als Grillen. Mit einer neuen Grille konnte man bey Hofe sein Glück machen. Die Grillenprojektanten theilten unter sich die schönsten Würden, und erschöpften die königlichen Kassen. Da man wohl einsah, daß man nur mit Grillen sein Glück beförderte; so blühte lang der Hang zur Grillenfängerey. Die weiblichen Grillen waren die Veränderlichsten und Artigsten. Die Gelehrten wetteiferten mit den Schönen, und heckten so ungeheure Grillen aus, daß sie nur den häßlichen theologischen Grillen an komischer Gestalt wichen. Ich verließ mit Unwillen diese grillensieche Insel. Ich eilte fort, und kam in die Stadt der Klopffechter. Hier war das berühmte und ritterliche Faustrecht noch in der ersten Mode. Alles geschah mit despotischer Gewaltthätigkeit. Der König des Landes bewies seine gerechten Ansprüche auf die Güter seiner Unterthanen und Nachbarn sonnenklar, indem er seine Patente durch viermalhunderttausend wohlbewafnete Blutzeugen unterstützte. Mit der Pistole in der Faust lehrte man auf dem Katheder die Rechte des Landesfürsten. Weh dem, der nur einen unterthänigen Zweifel nährte. Die Gottesgelehrten predigten mit dem blossen Schwerte, und bewiesen die dunkelsten Sätze so gründlich, daß sie täglich Proseliten machten. Auf allen Thüren der Rathssäle stand die Inschrift: Stat pro ratione Voluntas! – Ich zog hastig weiter. Hin und wieder sah ich allerhand Seltenheiten. Die Menschen sind sehr erfindsam. Eine besondere Lustbarkeit ist an grossen Höfen —

      Der Maskenball

      Der Maskenball ward am hellen Tage bey Hofe gegeben. Die Masken waren sinnreich gewählt. Die Furchtsamen bedeckten sich trotzig mit Löwenhäuten. Die Gleißner trugen den ehrwürdigen Priesterrock. Die schlauen Hoffüchse versteckten sich unter Lammfellen. Die berufensten Metzen borgten das weisse Brautkleid, und spielten ihre künstlichen Rollen im jungfräulichen Grazienschmucke. Die Dummköpfe hüllten sich in Staatsperücken, und Magistratmäntel. Die Müßiggänger machten sich mit Ordenszeichen wichtig. Das Alter bedeckte seinen grauen Bart mit einer jugendlichen Larve. Die Zwergen


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