Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt

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Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen - Heinrich Smidt


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dazu, so spendabel zu sein?« fragte der Prinzipal, indem er das leere Glas niedersetzte, welches neu gefüllt wurde, und erhielt zur Antwort:

      »Weil ich etwas von Euch haben will und weil ich weiß, daß Ihr um den Finger zu wickeln seid, wenn Ihr ein Glas über den Durst getan habt.«

      »Ihr könntet Euch verrechnet haben!« entgegnete Pandsen und machte Miene, das Glas zurückzuschieben. »Ich spiele die Tyrannen, wie Ihr wißt.«

      »Aber die zärtlichen Väter gelingen Euch weit besser,« schmeichelte Dunkelschön. »Ganz Hamburg weint, wenn es Euch als Valér im bekümmerten Vater sieht. Zudem gebietet es die Notwendigkeit, mir meinen Wunsch zu erfüllen und Ihr kommt nicht davon los. Gehorchen müßt Ihr und Ihr sollt gehorchen!«

      Die letzten Worte sprach er mit dem strengen Tone eines Gebieters. Pandsen fuhr zurück:

      »Schreit mich nur nicht so an! Woher habt Ihr denn das martialische Wesen?«

      »Das macht das Soldatenblut, das in meinen Adern rollt!« lachte Dunkelschön. »Mein Vater war ein brandenburgischer Küraßreiter und meine Mutter eine lustige Marketenderin. Als ich in einer einsamen Köhlerhütte geboren wurde, raste eine halbe Stunde entfernt davon die Schlacht. Hatte selbst Lust, das Handwerk meines Vaters fortzusetzen und habe eine Zeitlang die Muskete getragen. Allein die schönen Augen einer Luftspringerin hatten es mir angetan. Die Muskete flog in den Winkel und ich stand neben meiner Schönen auf dem Seil, ich wußte nicht wie. Nachher ging sie mit einem nichtsnutzigen Taschenspieler davon und nahm meine sämtlichen Habseligkeiten mit sich.«

      Dunkelschön schwatzte noch manches durcheinander von seinen Abenteuern, die er bestanden, bevor er sich hier im holländischen Oxhoft häuslich niederließ. Pandsen hatte unterdessen den Rest der Flasche geleert und sagte leutselig:

      »Schließt mir Euer Herz auf und vertraut Euch mir an. Was ein Vater für seine Kinder tun kann, das tue ich für meine Leute, ohne mir zu nahe zu treten. Was kann ich Euch zu Gefallen tun, mein schöner Bursch?«

      »Etwas, das Euch am meisten frommt! Ich bringe Euch ein junges Mädchen voll Feuer und Leben, die vor Begierde brennt, auf das Theater zu kommen und die für die schlauen Zofen wie geschaffen ist.«

      »Herein mit ihr!« rief der Direktor in Extase. »Ich will sie mit offenen Armen empfangen. Jetzt ist das Lustspiel des Pastors gesichert. Wo habt Ihr sie, Dunkelschön, und wie heißt sie?«

      »Ihren rechten Namen sage ich Euch nicht! Ihr müßt Euch schon mit dem zärtlichen Beinamen begnügen, den ich ihr gegeben habe. Maienblüte rufe ich sie und sie ist in der Tat frisch und lieblich wie eine solche.«

      »Dunkelschön und Maienblüte!« sprach der Direktor. »Es klingt gut zusammen. Wo ist sie aber?«

      »Nur Geduld! Meine Schöne ist die Muhme eines ehrsamen Bürgers allhier. Wir kennen uns schon längere Zeit und ich dachte, mich in das Haus des Oheims einzuschleichen und in die wackere Kundschaft zu setzen, was unstreitig eine dankbarere Rolle wäre, als die beste, die Ihr mir jemals zuteilen könnt.«

      »Eine Bürgerstochter!« rief Pandsen zurückfahrend. »Komödiante! Komödiante! Nehmt Euch in acht. Ueber solche Steine ist schon mancher gestolpert und hat sich ein Loch in den Kopf geschlagen.«

      »Darum muß ein entscheidender Schritt geschehen, den man nicht zurücktun kann!« entschied Dunkelschön. »Ich werde die Dirne entführen und hier bei Euch halten wir sie verborgen, bis wir einen gutmütigen Priester finden, der uns zusammengibt.«

      Pandsen wehrte den jungen Mann mit beiden Händen von sich ab und sagte:

      »Das glaubt Ihr durchzusetzen? Ihr vermeint, einen Priester dieser Stadt ...?«

      »Wenn auch nicht aus der Stadt, so doch von irgend einem Dorfe. Vater Pandsen, der Wein umnebelt Eure Sinne, sonst müßtet Ihr klar sehen. Dort steht ein Pastor, der Komödien schreibt und sie spielen lassen will, ohne daß das Volk den Verfasser errät. Und hier stehen Schauspieler, die das Geheimnis verraten können, wenn nicht der Pastor willfährig genug ist, an das Sprichwort zu denken: Eine Liebe ist der andern wert. Nun, wie ist Euch, zärtlichster aller Väter und galantester aller Direktoren?«

      »Butterweich!« rief dieser. »Sohn Dunkelschön, komme an mein Herz! Du sollst deine Geliebte haben und mein Beistand wird dir nicht entgehen. Sie komme und halte ihren Einzug in das holländische Oxhoft. Unsere Wirtin soll Mutterstelle bei ihr vertreten und das lose Gesindel auf dem Theater, welches der Stranitzki immer verrückter macht, soll ihr nicht zu nahe kommen! – Hört, wie sie kreischen! Dunkelschön! Geht hin und sagt ihnen, ich triebe sie mit der Karbatsche auseinander, wenn sie nicht gutwillig gingen! – Wo ist die Maienblüte? –«

      Prinzipal Pandsen, der den strengen Direktor und den zärtlichen Vater auf eine bewundernswerte Weise in sich vereinigte, erhob sich langsam und nicht ohne Schwierigkeit. Der starke Wein hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Dunkelschön eilte fort, seine Maienblüte auszusuchen. Die Probe kam nicht zustande und das nach drei Stunden sich versammelnde Publikum mußte sich entschließen, mit einer extemporierten Komödie vorlieb zu nehmen, worin alles vorkam, nur nicht die auf dem Anschlagzettel prangende, »um den Jungfernkranz selbst streitende Prinzessin.«

      In dem Hause des Groß-Böttchermeisters Lorenz Ramke auf dem Rödingsmarkte ging es lebhaft zu. Ein Mann dieses Handwerks hat stets vollauf zu tun, zumal in Hamburg und zu einer Zeit, wo das Brauwesen eine solche Ausdehnung erhalten hatte. In der Werkstatt selbst saß ein Gesell neben dem anderen. Tonne auf Tonne wurde zusammengestellt und das fertige Gut auf der großen Hausdiele übereinander geschichtet, bis es an den Ort seiner Bestimmung abging. Ein tüchtiger Altgeselle führte die Aufsicht, denn Meister Lorenz Ramke war kränklich und konnte nur selten in das Treiben des Tages tätig eingreifen. Ein Gichtanfall hielt ihn im Lehnstuhl fest und er schalt weidlich mit seiner Nichte Christine, die dem verwitweten kinderlosen Herrn die Wirtschaft führte. Geduldig, ohne ein Wort zu entgegnen, hörte sie das Poltern des Kranken an, wich behende der Mütze aus, welche er im Zorn nach ihr warf und entfernte sich, um, wie sie dem Oheim zurief, in der Küche nachzusehen, damit die Mägde nicht in ihrer Abwesenheit das Unterste zu oberst kehrten.

      Christine war das Kind eines jüngeren Vetters, dem es in der Vaterstadt nicht glücken wollte und der deshalb in die weite Welt ging, wo er verstorben und verdorben sein mochte, denn man hörte niemals etwas von ihm. Christinens Mutter starb darüber aus Gram und die verlassene Waise blieb bei dem Oheim, der sie hielt, wie sein Eigen, außer wenn die Gicht über ihn kam, und er seinen Grimm an der Aermsten ausließ, um den Schmerz zu betäuben, der wie Feuer brannte.

      »Das kleine Ding ist gut,« stöhnte der alte Mann vor sich hin, »und sie kann nicht für das einstehen, was ihr Vater verschuldete. Es soll ihr auch nicht abgehen bei mir. Allein merken darf sie es nicht, und strenge muß sie gehalten werden, damit sie nicht über die Stränge schlägt ... Au! Au! Heute ist es ärger als jemals und zwickt mich mit glühenden Zangen! Ich muß etwas haben, woran ich meinen Schmerz und meine Wut auslasse. Christine! Christine!«

      Statt der Gerufenen erschien die Witwe Straußin. Sie besaß auf dem Brauerknechts-Graben ein großes Brauerbe als Eigentum und war die resolute Schwester des verzagten Böttchermeisters. Im Hereinrauschen warf sie ein paar Stühle um, daß es dem Kranken durch Mark und Bein fuhr, stellte sich vor ihn mit eingestemmten Armen hin und sagte:

      »Nun, was habe ich gesagt?«

      »Ich habe nichts gehört!« stöhnte Meister Lorenz Ramke.

      »Schimpf und Schande erleben wir an der Christine, habe ich gesagt!« fuhr die Straußin fort. »Schimpf und Schande erleben wir, wiederholte ich Tag für Tag, ohne daß auf mich gehört wurde, und nun haben wir die Bescherung!«

      »Schwester Janna, was sagst du!« fuhr der Meister auf; sank aber alsbald in den Stuhl zurück.

      »Verdacht hatte ich lange,« sagte die Straußin, den kranken Beinen des Bruders immer näher rückend. »Nun habe ich leider auch die Gewißheit. Da ist meine Nähfrau, die alte Petersen; eine kluge, umsichtige Person. Sie beobachtete die Christine, ohne daß diese es merkte, und hat es haarklein herausbekommen. Hat sie nicht oft zu dir gesagt, sie müsse zu


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