Der Soldatenhandel deutscher Fürsten nach Amerika. Friedrich Kapp

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Der Soldatenhandel deutscher Fürsten nach Amerika - Friedrich  Kapp


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durchgegangen und verworfen worden waren, kam man endlich zu dem Entschluß, im Einklang mit der fast seit einem Jahrhundert befolgten und bewährten Praxis unverzüglich fremde Hülfstruppen anzuwerben. Am nächsten lag natürlich Deutschland. Die deutschen Fürsten waren zwar habsüchtige, aber pünktliche Truppen-Lieferanten, und ihre Soldaten galten seit Jahren als die willigsten und brauchbarsten; allein man wollte dies Mal, um ja keine Zeit zu verlieren, möglichst schnell statt einzelner Korps eine ganze Armee haben und sich nicht mit einem halben Dutzend Fürsten in lange dauernde Verhandlungen einlassen.

      Die englische Regierung glaubte, was sie brauchte, am leichtesten und ersten in Rußland zu finden. Sie stand mit der Kaiserin Katharina seit deren Thronbesteigung auf äußerlich sehr gutem Fuße, hatte sich ihren Plänen auf Polen nicht widersetzt, ja ihr sogar in dem eben beendeten Türkenkriege durch Parteilichkeit gegen die Türken wesentlich genützt und ihre Allianz als ein Gegengewicht gegen die Bourbonen gesucht. Das russische Heer war seit dem im Jahre 1774 abgeschlossenen Frieden von Kudschuk Kainardsche zu stark, und in den Finanzen des Kaiserreichs herrschte große Ebbe, während Katharinens Günstlinge für die stumme Beredtsamkeit des Goldes durchaus nicht unempfindlich waren. Zudem hatte sich die russische Kaiserin bei früheren Gelegenheiten einem Bündniß mit England durchaus nicht abgeneigt erklärt, wofern sie im Falle eines neuen Krieges mit der Pforte auf Englands Hülfe rechnen konnte, bei welcher Erklärung sie freilich mehr an die europäische Politik als an die amerikanischen Verwicklungen dachte. Alle diese Gründe ließen auf eine günstige Aufnahme der englischen Vorschläge schließen.

      Der englische Gesandte Gunning erhielt also bereits im Juli 1775 den Auftrag, die russische Regierung um Ueberlassung eines Hülfskorps von wo möglich 20,000 Mann zu ersuchen. Bei der ersten Unterredung, die er nach Empfang dieser Instruktionen zu Anfang August mit Panin, Katharinens erstem Minister hatte, fragte er, nachdem er sich über die Unfehlbarkeit der zur Niederwerfung des amerikanischen Aufstandes ergriffenen Mittel ausgelassen, Panin wie zufällig im Laufe des Gesprächs, ob der König von England, falls er fremde Hülfe zur Niederwerfung des amerikanischen Aufstandes brauchen sollte, auf ein Korps russischer Infanterie rechnen könne? Der Minister berichtete diese Frage seiner Kaiserin, deren Antwort Gunning am 8. August mitgetheilt wurde. Sie erwähnte kein Wort von Truppen oder russischen, an England zu überlassenden und über den Ozean zu versendenden Bataillonen, erklärte sich vielmehr nur in allgemeinen Redensarten bereit, dem König Georg III. aus Dankbarkeit für seine früheren, Rußland geleisteten Dienste in irgend einer ihm gut dünkenden Weise beizustehen und sprach von ihrer angeborenen Vorliebe für die englische Nation.

      Der leichtgläubige Gesandte nahm diese nichtssagenden Worte für ein feierliches Versprechen und berichtete unbegreiflicher Weise sofort nach Hause, daß die russische Regierung der englischen mit 20,000 Mann Infanterie in Amerika zu Hülfe kommen wolle. Seine Depesche traf am 1. September in London ein und ward hier mit Freude und Entzücken aufgenommen. Während der König einen eigenhändigen Danksagungsbrief an Katharina schrieb, wurde Gunning von Lord Suffolk, dem Minister des Auswärtigen, angewiesen, bei der Kaiserin in feierlicher Audienz um 20,000 Mann Infanterie zu bitten, die im Frühjahr bei Eröffnung der Schifffahrt nach einem Ostseehafen und über England nach Kanada eingeschifft werden sollten. König und Minister waren im Voraus ihres Erfolges so sicher, daß sie, obgleich die schnellste Reise von London nach Moskau damals drei und zwanzig Tage dauerte, doch auf ein definitives Versprechen bis zum 26. Oktober, dem Beginn der Parlamentssitzungen, rechneten. Lord Dartmouth schrieb zu gleicher Zeit an die beiden in Amerika kommandirenden Generäle Howe und Carleton, daß die russische Kaiserin England die weitgehendsten Versicherungen für eine beliebige Anzahl Infanterie zur Bekämpfung des Aufstandes gegeben habe. Am 8. September 1775 überschickte Suffolk seinem Gesandten durch einen zweiten Feldjäger den Entwurf eines Vertrages, welcher die Annahme eines Korps russischer Truppen in den englischen Dienst bezweckte. Dieser Vertrag sollte zwei Jahre dauern, da man innerhalb dieser Zeit des Aufstandes Herr geworden zu sein hoffte. Das Werbegeld ward auf sieben Pfund Sterling per Mann festgesetzt, wovon die eine Hälfte baar, die andere bei der Einschiffung bezahlt werden mußte, und endlich wurde eine Subsidie nicht ausgeschlossen.

      Diese Instruktionen waren übrigens kaum abgegangen, als Gunning am 10. September von der Kaiserin, während eines Hoffestes bei einer gelegentlichen Besprechung der amerikanischen Wirren, auf die Nothwendigkeit hingewiesen wurde, dem Kampfe mit den Kolonieen unter allen Umständen und am besten durch Milde ein Ende zu machen. Am 24. September traf der erste englische Kourier mit dem Briefe Georg's in Moskau ein; Gunning sollte die zufällig abwesende Kaiserin aber erst am 30. nach ihrer Rückkehr sehen. Der Brief des Königs sprach ganz positiv von einem ihm seitens der Kaiserin gemachten Anerbieten von Truppen; Panin stellte in Abrede, daß es je gemacht worden, und Gunning räumte endlich ein, daß von einer Ueberlassung von Soldaten nicht ausdrücklich die Rede gewesen sei. Panin weigerte sich unter diesen Umständen, den englischen Gesandten zur Audienz bei Katharina einzuführen, und diese ließ ihr Bedauern darüber ausdrücken, daß sie ihre Truppen nicht an England vermiethen könne.

      Gunning bat dann um 15,000 Mann, allein auch diese wurden in den ersten Tagen des Oktober, ohne daß er die Kaiserin sehen konnte, von ihr als unverträglich mit der Würde Rußlands und seinem Verhältniß zu den übrigen europäischen Mächten verweigert. Der zweite Kourier kam am 4. Oktober mit dem Vertrags-Entwurf in Moskau an. Gunning las ihn Panin vor und wollte sich mit 10,000 Mann begnügen; allein der Kanzler übergab ihm statt aller Gegenäußerung Katharinens Antwort an den König von England und brach die Unterhaltung ab.

      Natürlich waren diese Verhandlungen den fremden Diplomaten und Höfen kein Geheimniß geblieben. Als am 31. Oktober 1775 der französische Gesandte den russischen Premierminister nach der Wahrheit der in dieser Angelegenheit umlaufenden Gerüchte fragte, antwortete dieser, die Annahme des englischen Antrages sei physisch unmöglich, und ebenso unvereinbar sei es mit der Würde Englands, fremde Miethstruppen gegen seine eigenen Unterthanen zu gebrauchen. Die Kaiserin selbst war nach wie vor äußerlich sehr zuvorkommend und verbindlich gegen den englischen Gesandten und gegen den König Georg, welcher ihr die abschlägige Antwort zwar nicht nachtrug, indessen nie vergessen konnte, daß sie seinen eigenhändigen Brief nicht selbst, sondern nur durch einen Privatsekretär hatte beantworten lassen.

      Noch während die Unterhandlungen mit Rußland schwebten, hatte die englische Regierung anderweitige Schritte gethan, um sich Hülfstruppen zu sichern; indessen war sie in Holland, wo sie zuerst anfragte, ebenso wenig erfolgreich in ihren Bemühungen als in Rußland.

      In den Diensten der Generalstaaten stand schon seit länger als einem Jahrhundert die sogenannte schottische Brigade, deren Ursprung auf die Zeiten der Königin Elisabeth zurückging. Die Niederlande hatten ihr im Jahre 1599 als Sicherheit für ein Darlehen drei wichtige Festungen verpfändet, welche sie mit ihren eigenen Truppen besetzte. Im Jahre 1616 bezahlten die Holländer die Schuld, und sämmtliche englische Truppen wurden aus den besetzten Festungen zurückgezogen, mit Ausnahme einer englischen und schottischen Brigade, welche in den Dienst der Generalstaaten übertraten. Als Jakob II. sie zur Verstärkung seiner Armee verlangte, wurde sie von den Generalstaaten verweigert. Man habe — so lautete die Antwort — die schottische Brigade allerdings geschickt, als es sich darum gehandelt, die Rebellion des Herzogs von Monmouth zu unterdrücken; allein sie solle nie gebraucht werden, um die Freiheiten Englands zu vernichten. Wilhelm III. rief die englische Brigade zurück; so blieb denn nur die schottische Brigade, welcher im Jahre 1749 auch das Recht genommen wurde, in Schottland zu rekrutiren. Obgleich die Mannschaft des aus 2100 Mann bestehenden Regiments fortan von Angehörigen aller Nationen, namentlich Wallonen und Deserteuren gebildet wurde, so waren die Offiziere doch immer noch Schotten oder deren Nachkommen. Diesen Umstand machte der König von England bei seinem Gesuch um Ueberlassung der schottischen Brigade geltend. Die Offiziere schuldeten ihm, so hieß es, in Folge ihrer Geburt schon Treue und Gehorsam, zudem herrschten zwischen beiden Ländern schon lange intime Beziehungen und gemeinschaftliche Interessen, und endlich biete diese Gelegenheit dem Prinzen von Oranien den ganz besonderen Vortheil und die hohe Ehre, die Bande enger Freundschaft, welche durch die Neutralität der vereinigten Provinzen während des letzten französischen Krieges mehr oder weniger geschwächt worden, wieder zu stärken.

      Als Georg dieses Verlangen zum ersten Mal stellte, wurde er vom jungen Statthalter kurzer Hand


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