Römische Geschichte. Livius Titus
Читать онлайн книгу.rel="nofollow" href="#uc975b117-a19f-528c-81b5-4accdb178c94">Fünfundzwanzigstes Buch
Vorwort
Bei der Neuherausgabe der vorliegenden Livius-Übersetzung von Heusinger habe ich dieselben Grundsätze wie bei der Herausgabe des Heilmann’schen Thukydides (Univ.-Bibl. Nr. 1807 ‒ 1815) befolgt. Es genügt daher, auf das dort im Vorwort Gesagte zu verweisen.
Bei der Revision der Übersetzung habe ich die erklärende Ausgabe von Weißenborn-Müller (Berlin, Weidmannsche Buchhandlung) zugrunde gelegt. Dass ich außerdem alle mir nur irgend zugängliche Literatur benutzt habe, brauche ich wohl nicht erst zu erwähnen.
Mein jetzt in Gott ruhender Bruder, Karl Güthling, hat mich, selbst während seiner langwierigen Krankheit, nicht nur tätlich bei meiner schwierigen Arbeit unterstützt, sondern mir auch seine Übersetzung zu mehreren Büchern des Livius zur Verfügung gestellt. Ich halte es für meine Pflicht, dies hier zu erwähnen, wenn auch bereits der Rasen sein Sterbliches deckt; multis ille bonis flebilis occidit. –
Weiter habe ich nichts zu sagen. Ich wünsche nur, dass diese meine Arbeit denselben Beifall der Fachkundigen finden möge, den meine Ausgabe des Thukydides zu meiner großen Freude gefunden hat.
Liegnitz, 23. Oktober 1884 Otto Güthling
Durchgreifende Änderungen habe ich bei der zweiten Auflage nicht vorgenommen; die Änderungen betreffen nur Einzelheiten. Zugrunde liegt auch diesmal die oben erwähnte erklärende Ausgabe von Weißenborn-Müller. In dem literarischen Nachlass meines verstorbenen Vaters, Dr. Karl Eduard Güthling, fand ich eine Übersetzung der ersten fünf Bücher des Livius vor, die ich selbstverständlich benutzt habe.
Goldschmieden bei Breslau, Ostern 1926 Otto Güthling
Einleitung
Titus Livius (sein Zuname ist unbekannt), wohl der größte römische Historiker, stammte aus Patavium (dem heutigen Padua), wo er im Jahre 59 v. Chr. geboren ist. Er beschäftigte sich eifrig mit Philosophie und Rhetorik, zugleich auch mit geschichtlichen Studien, teils über seine Vaterstadt (s. Buch X Kap. 2), teils über das ganze Gebiet der römischen Geschichte, welche er während eines langen Aufenthaltes in Rom eifrig trieb und zu schreiben anfing, vielleicht schon nach dem Jahre 27 v. Chr. (Buch I Kap. 19, als der Janustempel zum zweiten Mal geschlossen wurde, was er selbst sah), da er den Octavian nur Augustus nennt, wie er seit 27 v. Chr. genannt wurde. Trotz seiner republikanischen Ansicht, deretwegen Augustus ihn einen Pompejaner nannte (s. Tacitus, Annalen Buch IV Kap. 34), und obwohl er seine Selbstständigkeit mit Festigkeit wahrte, stand er doch zu Augustus in einem sehr freundschaftlichen Verhältnis. Von seinen Zeitgenossen hoch geehrt (vgl. Plinius, Briefe II, 3, 8 und Seneca, controv. 10,praef. 2) starb er im Jahre 17 n. Chr., gleichzeitig mit dem Dichter P. Ovidius Naso, und ist demnach 76 Jahre alt geworden.
Sein großes Geschichtswerk, von dem älteren Plinius historias, von ihm selbst bisweilen annales genannt, gewöhnlich aber rerum Romanarum ab urbe condita libri, bestand aus 142 Büchern, von welchen wir nur noch 35 Bücher haben, nämlich Buch 1‒10 und 21‒45, obgleich im Mittelalter noch das ganze Werk vorhanden war. Schon sehr früh teilte man das Werk in Bücher ein; er selbst hatte, wie es scheint, anfangs sein Werk nach Dekaden bzw. Halbdekaden gegliedert und veröffentlicht, ließ diese Einteilung jedoch allmählich fallen, die aber im Mittelalter beim Abschreiben des ganzen Werkes zugrunde gelegt wurde. Die fünf Bücher der fünften Dekade existieren nur in einer Handschrift. Neuerdings hat man, namentlich aus dem 91. Buche, Fragmente aufgefunden.
Von seinen philosophischen Schriften hat sich nichts erhalten (Seneca, Briefe 100, 9; Quintilian X, 1, 39). Einen sehr ungenügenden Ersatz für die verlorenen Bücher des Geschichtswerkes bilden die (mit Ausnahme von Buch 136 und 137) vollständig erhaltenen kurzen Inhaltsangaben, periochae, wahrscheinlich in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. Chr., jedenfalls vor Florus, gefertigt.
Livius’ großes Geschichtswerk stellt sich die Aufgabe, in pragmatischer Weise nicht allein die Tatsachen zu berichten, sondern auch das Lehrreiche an ihnen hervorzuheben. Daher wählte er die so reiche Geschichte des römischen Volkes, die er oft mit dichterischem Schwung, welcher ihn die Sagen seines Volkes und das Sittliche in den einzelnen Handlungen beachten ließ, behandelt, sowie er auch die hervorragenden Persönlichkeiten (z. B. Hannibal) mit voller Seele fasst und darstellt. Dies erkannten auch die Alten selbst schon an ihm an (s. Quintilian, X, 1, 101). Seine eigene religiöse Anschauung, welche freilich den Römern des Mittelalters oft anstößig war, soweit sie sich in der gewissenhaften Aufzählung aller Wunderzeichen kundgibt, ist ein Zeugnis seines frommen, in dem Glauben der Väter großgezogenen Gemütes. Er verschmäht zur Ausschmückung seiner Darstellung geeignete Mittel nicht und sucht die Lebhaftigkeit derselben zu heben, indem er teils treffende Schilderungen einfügt, teils den handelnden Personen Reden in den Mund legt, welche dem Charakter derselben im Ganzen angemessen sind (wie Scipio und Hannibal), teils endlich durch kurz gehaltene Charakterschilderungen (z. B. des älteren Cato). Auch dies anerkannte schon Quintilian hinsichtlich der Reden.
Daneben trifft ihn freilich der Tadel der Ungenauigkeit in einzelnen Partien nicht mit Unrecht, z. B. in den Schlachtenbeschreibungen